Burn for me

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Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete mein Werk.

Meine beste Freundin Shayenne, die neben mir stand, setzte sich ihre herzförmige Sonnenbrille wieder auf und zog eine Zigarettenpackung aus der Tasche ihrer Lederjacke. In den Gläsern spiegelten sich die Flammen, die sich vor uns aufbauten, wieder- Genervt lehnte sie sich nach vorne, um die Zigarette in den Flammen zu entzünden und sich daraufhin das Ding zwischen die Zähne klemmte. Ich beobachtete, wie sie einen tiefen Zug nahm und sich dann zu mir umdrehte.

"Wir sollten verschwinden", sagte sie in ihrer monotonen Stimme und nahm einen weiteren Zug.

Ich beobachtete die Flammen für einen kurzen Moment. Wie einfach es gewesen war, dieses Feuer zu zünden. Wie lange wir bereits hier gestanden hatten, ohne dass jemand dem Rauch, den unsere Flammen verursacht hatten, gefolgt war. Ein Stich fuhr durch meine Brust und für einen Augenblick fragte ich mich, wieso ich die Dinge tat, die meine Eltern fast täglich in den Wahnsinn brachten. Am Ende war es doch alles genauso unwichtig wie die Asche, die sich langsam aus meinen Schulbüchern bildete. Auch ich würde irgendwann, genau wie sie, vergehen und im Wind verschwinden. Ich zog mein Handy aus der Tasche, um ein Foto zu machen. Das würde perfekt auf meinen Tumblr-Account passen.

Shayenne riss mich aus meinen Gedanken, indem sie mir einen Ellebogen in die Seite rammte. Ich keuchte auf und starrte sie wütend an.

"Du Spast, spinnst du?" kreischte ich sie an.

Shayenne hob kurz ihre Sonnenbrille hoch, um mir zu zeigen, dass sie mit den Augen rollte. Dann drehte sie sich um und ging voraus. Ich folgte ihr ungewollt, weil alleine vor einem Feuer zu stehen, was man mit der besten Freundin gelegt hatte, war schon ganz schön armseelig.

Shayenne lief einige Meter vor mir und ich hatte Mühe, sie einzuholen. Als ich es jedoch geschafft hatte, konnte ich nicht anders, als einen letzten Blick auf den Tatort zu werfen. Das Feuer brannte immer noch vor sich hin. Wahrscheinlich würde es noch einige Zeit dauern, bis es erloschen war. Genau wie die Leere, die ich plötzlich in mir fühlte. Schnell drehte ich mich wieder um. 

Wir verließen den Wald gemeinsam - zwei Mädchen, die auf ganz unterschiedliche Arten gebrochen und kaputt waren - und ich wünschte mir, dass das irgendeine symbolische Scheiße war, die andeuten sollte, dass wir unsere Tränen zurückließen und auf bessere Zeiten zuschreiteten.

**

Shayenne und ich blieben vor meinem Haus stehen. Sie streckte die Arme aus, als würde sie zum Abschied eine Urmarmung vorschlagen, aber ich zuckte einige Schritte zurück. Seit sie ihr Coming out vor mir hatte, hatte ich leichte Berührungsängste. Was, wenn sie mal auf mich steht oder so? Verstehen könnte ich es schon, aber die Peinlichkeit wollte ich ihr vermeiden - denn ich bin eindeutig hetero.

Also streckte sie mir ihren Mittelfinger hin und drehte sich um. Ich sah ihr nach, ehe sie in die Straße, die einen halben Kilometer von meinem Standpunkt weg war, einbog. Dann drehte ich mich um und betrat unseren Eingangsbereich.

Meine Mutter war eine Gartenfanatikerin. Sie bepflanzte jede Grünfläche, die unser Grundstück herbot. Deshalb verließ ich das Asphalt der grauen Straße und setzte einen ersten Schritt auf das grün unseres Rasens. Im Küchenfenster unseres Backsteinhauses, welches ich zu meiner linken sah, konnte ich meine Eltern erkennen, die miteinander diskutierten. Sie schienen meinen Blick zu spühren, denn beide drehten sich fast zeitgleich zu mir um und begannen freudig zu winken.

Widerwillig schleppte ich mich Richtung Haustür, die meine Eltern bereits für mich aufgerissen hatten.

"Da bist du ja, Schatz, komm rein!" flötete meine Mutter freudig, während sie mich leicht am Arm packte und mich Richtung Küche zog. Mein Vater folgte uns vergnügt. Gott, was für eine Horrorfamilie.

In der Küche angekommen roch es nach frischen Plätzchen, die mein Vater gebacken hatte. Ich wurde auf den nächsten Küchenstuhl gedrückt. Ich beobachtete, wie meine Eltern sich links und rechts neben mir ebenfalls hinsetzten. Etwas stimmte heute nicht.

"Schatz" begann meine Mutter, doch ich wusste es besser und korrigierte sie.

"Ich bin keine zwölf, Mum, ich bin erwachsen."

Sie nickte und kicherte. "Ich Dussel, tut mir Leid, Chaney." Sie brauchte einen kurzen Moment, um sich von ihrem Kichern zu erholen, ehe sie fortfuhr. "Wir haben heute einen Anruf von deinem Direktor bekommen."

Meine Haltung änderte sich merklich. Ich streckte den Rücken durch und biss mir auf die Unterlippe. Ich wusste genau, was jetzt kommen würde. Was der Direx denen erzählt hatte, wusste ich jetzt schon. Ich bereitete mich auf einen Anschiss vor.

"Er meinte, deine Leistungen lassen zu wünschen übrig" schmunzelte mein Vater. "Und er sagte auch, dass du die Schultoilette angefackelt hättest."

Ich rollte mit den Augen, so, wie Shayenne es mir beigebracht hatte. Wenn er sich nur über den Brand beschwert hatte, hieß das wenigstens, dass er noch nicht das Graffiti, welches ich an die Decke seines Büros gesprüht hatte, bemerkt hatte.

"Er meinte, das Maß sei nun endgüldig voll." Meine Mum zog eine Schnute. "Deshalb bist du hiermit offiziell suspendiert."

Obwohl ich dafür bekannt war, immer passiv aggressiv zu reagieren, konnte ich mich nicht beherrschen. Ein entsetztes "Was??!" entfuhr meinen Lippen. Ich wusste genau, was das bedeutet - weg von meiner allerbesten Freundin, weg von dem Ruf, den ich mir hart erkämpft hatte... War meine Karriere als größtes Badgirl im Umkreis von zwei Meilen jetzt schon beendet?

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Hallo meine Lieben! Vielen vielen Dank fürs Lesen! xoxo Ich hoffe es hat euch gefallen!

Hab euch lüüüb, eure Sneople <3

Mein Badgirl (Die Lochis FF) #Wattys2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt