Meet me there

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[Vor zehn Jahren]

"Da geht sie unter", sagte einer der beiden blonden Jungen zu dem anderen. Er deutete auf den Horizont zu ihrer linken und sah sich daraufhin nach einem guten Platz um. Er wurde schnell fündig und seine Augen strahlten. "Da ist es perfekt", sagte er schnell, ehe er los rannte. Der kleinere Junge folgte ihm mit langsameren Schritten - er humpelte etwas.

Der größere blonde Junge schaffte es mit Leichtigkeit auf den alten Schulbus. Er saß schon oben, als der kleinere ungeschickt versuchte, nach oben zu kommen. Seine Arme zitterten bedenklich, als er versuchte, sich mit eigener Kraft hochzuziehen. 

"Lass mich dir helfen!" sagte der größere Junge entschlossen und griff nach den Armen seines Freundes, wurde aber schnell abgeschüttelt.

"Ich kann das alleine", zischte er trotzig.

Nachdem er für fünf weitere Minuten versuchte, sich selbst den Bus hochzuhiefen, beschloss der größere blonde Junge, den Kleineren zu seinem Glück zu zwingen und zog ihn kurz darauf mit Leichtigkeit den Bus hoch.

"Sonst verpassen wir es Beide!" sagte er erklärend. Sein kleinerer Freund rollte genervt mit den Augen, schwieg aber.

"Hast du deine Brille?" fragte der Größere. Der Kleinere nickte. Beide zogen ihre Brillen auf und beobachteten den Himmel.

Die Lehrerin in der Schule hatte ihnen von dieser Sonnenfinsternis erzählt und ihnen ebenfalls geholfen, ihre Schutzbrillen zu basteln. Der Größere der Beiden hatte sich schon länger auf diesen Tag gefreut, den kleineren schien es kaum zu interessieren. Trotzdem lagen sie jetzt gemeinsam auf dem Dach des alten Busses und schauten gen Himmel.

Alles passierte schneller, als erwartet. Sie beobachteten das Spektakel schweigend, nur von dem Größeren Jungen konnte man ab und zu ein erstauntes: "Ah!" oder "Ohhh!" hören, so, als würde er ein Feuerwerk und keine Sonnenfinsternis beobachten.

Es war leider schneller vorbei als es angefangen hatte. Als es vorbei war, nahm der größere Junge lachend seine Brille ab. "Das war so cool!"

Der Kleinere sagte nichts. Er hatte seine Brille abgenommen und sich aufgesetzt. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet, und es war unklar, ob er irgendetwas spezifisches anschaute. Unsicher schüttelte der andere Junge ihn an der Schulter, was den Kleineren dazu brachte, zusammen zu zucken. Er entwich der Berührung eilig.

"Alles okay?", fragte der Größere besorgt.

Der andere Junge wollte antworten. Er öffnete den Mund, schien sich sogar schon einen Satz geformt zu haben, aber es kam nichts heraus. Stattdessen tropften Tränen aus seinen Augen, die auf dem Metal des Busdaches zerschellten. Der Wasserfall aus den Augen des jüngeren Jungen schien eine Wut in ihm auszulösen, die er mit einem lauten "Scheiße" zum Ausdruck brachte.

Der andere Junge beobachtete ihn für einen Moment erschrocken, ehe er vorsichtig fragte: "Was ist los?"

Sein Freund schien nicht in der Lage zu sein zu sprechen. Seine Hände zitterten wütend, als würde er nach Worten rangen. Als er für einige Minuten keine Worte herausbrachte, zog er den Ärmel seines T-Shirts hoch. Sein Arm war mit roten Flecken versehen. Er schien versucht zu haben, einige mit Pflastern abzudecken, hatte es aber nach der Hälfte aufgegeben. Der Größere Junge erkannte die Pflaster - er hatte sie dem anderen geschenkt.

"John" sagte er leise. Es war keine Frage - es war eine Feststellung. Der kleinere Junge musste nicht mal nicken. Er biss sich wütend auf die Unterlippe, bis sie blutete.

Der Größere wusste, dass die Arme nicht die einzigen Stellen waren, die so aussahen, wie die Arme seines Freundes. Eine leise Wut türmte sich in seiner Brust auf, er versuchte aber, sie wieder herunterzuschlucken. Was würde es helfen, wenn sie Beide wütend waren?

Mein Badgirl (Die Lochis FF) #Wattys2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt