Den restlichen Tag über war nicht sonderlich viel los, was mich aber in keinster Weise störte. Die Weihnachtssaison war wie jedes Jahr sehr intensiv gewesen und daher mit unglaublichem Stress und wenig Freizeit verbunden gewesen. Zum aktuellen Zeitpunkt war unser Hotel auch nicht wirklich stark besucht, was zu dieser Zeit, unmittelbar nach Weihnachten, aber gänzlich normal war – zu unser aller Erleichterung. Die meiste Zeit half ich Sophia dabei, eingehende Reservierungen zu bearbeiten oder mich mit den bürokratischen Notwendigkeiten auseinanderzusetzen. Heute war in der Tat ein gänzlich angenehmer Tag, was sich jedoch schnell ändern konnte und auch tat.
Es war später Nachmittag, als ein in vollständiger Businessmontur gekleideter Gast mittleren Alters aus dem Fahrstuhl trat und ohne jegliche Umschweife mit strammen Schritt auf uns zusteuerte. Ich erkannte ihn als wütend dreinblickenden Mr. Blake, der unser Haus erst vor wenigen Minuten wieder betreten hatte. In diesem Job war es definitiv wichtig, ein gutes Namensgedächtnis zu haben. Ich hatte ihn während seiner bereits zahlreichen Aufenthalte in unserem Hotel als sehr strengen Mann kennengelernt, dem man besser keinen Anlass dazu gab, einen nicht zu mögen. So wie sich seine Nasenflügel blähten und wie wildes Feuer aus seinen Augen sprühte, gab es dazu allerdings bedauerlicherweise einen Anlass. Ich schluckte schwer und richtete mich umgehend zu meiner vollen Größe auf, um ihn sofort beschwichtigend anzulächeln.
„Guten Abend, Mr. Blake", begrüßte ich ihn aufmerksam und rechnete bereits mit dem Schlimmsten, als er bei mir und Sophia angekommen war, energisch seine Unterarme auf dem Tresen abstützte und sich so weit in unsere Richtung lehnte, dass ich am liebsten ein Stück nach hinten ausgewichen wäre.
„Das hier ist doch ein The Ritz-Carlton oder etwa nicht?", begann er, während sich sein starrer Blick in den meinen bohrte und ich mein bestes gab, um diesem standzuhalten. Ich wusste, dass nun wieder einer der Dinge folgen würde, die meine jahrelange Erfahrung als Managerin in einem renommierten Hotel fordern würde.
„Selbstverständlich, Sir. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?", entgegnete ich in meinem üblichen Business-Tonfall und wartete nur darauf, dass er sich erklärte.
„Gut und wie kommt es dann, dass in einem derart weltbekannten, fünf Sterne Hotel geklaut wird?", verlangte Mr. Blake aufgebracht zu wissen, wobei er schon deutlich seine Stimme erhob und seine Stirn bedeutungsvolle Falten vorwies.
Ich hatte befürchtet, dass es irgendetwas in dieser Richtung sein würde, dementsprechend überraschte mich das nicht sonderlich. Sophia neben mir zog allerdings für mich hörbar scharf die Luft ein, was Mr. Blake aber wohl nicht aufgefallen war, nachdem er sich permanent auf mich fokussierte, da ich natürlich auch die richtige Ansprechpartnerin für solche Angelegenheiten war.
„Dürfte ich erfahren, was Sie vermissen, Sir?", fragte ich den aufgebrachten Gast vor mir sachlich.
„Meine sündhaft teure Rolex mit Gravierung, die mir meine Frau vor einiger Zeit zum Hochzeitstag geschenkt hat", erklärte er und gestikulierte dabei nun wild mit den Händen. Ich kannte diese Art von Hotelgast nur allzu gut. Mit großer Wahrscheinlichkeit war er seiner Frau nicht einmal treu und tat so, als ob sie das Wichtigste auf der Welt für ihn war.
„Ich verstehe. Wann und wo haben Sie ihre Uhr denn das letzte Mal gesehen, Mr. Blake?", antwortete ich verständnisvoll nickend und blieb dabei vollends professionell.
„Ich hatte sie heute Morgen auf meinem Nachtisch liegen und jetzt ist sie weg", entgegnete unser Gast wie aus der Pistole geschossen und wurde dabei plötzlich so laut, dass ich aus den Augenwinkeln Josephs besorgte Blicke auf mir spürte. „Jemand aus der Putzkolonne hat sie wohl mitgehen lassen. Diese Uhr ist unersetzlich!", schimpfte Mr. Blake und wurde schlussendlich im Gesicht so rot wie ein Krebs.
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New York Exit // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen]
FanfictionNew York im tiefsten Winter. Der Schauspieler Benedict Cumberbatch und die Hotelmanagerin Hannah Adair lernen sich auf einer reinen geschäftlichen Ebene kennen. Kurz darauf sind sie gezwungen, viel Zeit miteinander zu verbringen. Ein Star, der seine...