Jungkook Pov
Nur all zu deutlich bemerke ich seinen Blick auf mir und obwohl es mich nervös macht so intensiv von ihm angesehen zu werden, stört es mich nicht. Es ist das erste mal, das mich jemand auf diese Weise an sieht, es ist generell das erste mal das ich einem Menschen wie Taehyung begegne.
Gerade jetzt ist der Gedanke an unser erstes Treffen so klar, wie es das selbst damals nicht der Fall war. Ich weiß noch, wie niedergeschlagen ich war, weil mein einziger Klient ein verrückter war, der mit seiner Ex um das Sorgerecht für die Katze kämpfen wollte. Man hört viel zu oft, dass Alkohol nicht die Lösung für Probleme ist, dass es einen nur in noch mehr wirft, aber die Wahrheit ist, dass wir häufig nur in solchen Dingen Trost finden.
An dem Abend allerdings war es anders, es war nicht der Alkohol, der mich von allem ablenkte, was mein miserables Leben mir bot, es war der Barkeeper mit den blondierten Haaren, dem schwarzen Ansatz und den Augen so dunkel, das man sich darin verirren könnte. Niemals hätte ich gedacht, dass genau das passieren könnte, das ich mich so sehr in ihnen verlieren würde das ich nicht mehr wüsste wie es ohne sie war.
Niemals hätte ich gedacht, das ich mit diesem viel zu gut aussehenden Barkeeper in einem Bett liegen würde und alleine der Gedanke daran bringt mich zum Lachen. Ich ziehe die Beine näher an meinen Körper und hebe den Blick als sie Taehyungs berühren.
Er sieht mich nach wie vor an, sein Blick nicht weniger forschend als vorhin in der Küche, nicht weniger intensiv und vor allem auch noch immer ein wenig verwirrt. Ich habe tatsächlich noch nie jemanden wie Taehyung getroffen, er ist anders als jeder Mensch, der mir jemals über den Weg gelaufen ist. Es ist fast so, als wäre ihm diese Welt, in der er lebt, vollkommen Fremd.
Bei seinem Job in der Bar begegnet er vielen Menschen, er muss den Umgang mit anderen gewöhnt sein und dennoch scheint ihm sogar seine eigene Gefühlswelt vollkommen Fremd zu sein.
Ich weiß nicht, wann ich angefangen habe in Taehyung mehr zu sehen als nur einen Freund, der für mich da war, als ich ihn am meisten brauchte, aber ich weiß wenigstens was der Grund für meine Nervosität in seiner Nähe und das Gefühl der Wärme in meinem ganzen Körper ist. Er allerdings scheint es nicht zu verstehen, fast so als hätte er noch nie etwas von der Liebe gehört, als wäre sie ihm vollkommen Fremd.
„Jungkook", sagt er meinen Namen und jagt mir mit seiner tiefen Stimme einen angenehmen Schauder durch den gesamten Körper. Kurz wandert sein Blick wo anders hin, als würde er nach den richtigen Worten suchen bevor er fragt: „Hast du einem Menschen gegenüber jemals genug Sympathie empfunden um dein eigenes wohlbefinden hinter das seine zu stellen?"
Es ist ein ernster Ton, mit dem er spricht, aber ich höre auch etwas anderes heraus, etwas was mich fast schon wieder zum Lachen bringt. Es ist fast so, als würde er bereits eine Antwort im Kopf haben, alles andere käme nicht in Frage und das macht sich in seinem Ton bemerkbar, man hört eine Spur von Eifersucht heraus.
Ich lege den Kopf in den Nacken und sehe ihm ins Gesicht. „Es gibt für mich drei Stadien der Sympathie, die über Freundschaft und Familie hinaus geht. Erstens, man steht auf jemanden. Zweitens, man ist verliebt in jemanden und drittens, man liebt jemanden."
Verwirrt runzelt er die Stirn und sieht nach oben als würde er sich vor seinem inneren Auge eine Skizze anfertigen um meine Worte besser verstehen zu können. „Ich kann mir den Unterschied zwischen auf jemanden stehen und in jemanden verliebt sein selber erklären. Aber wann hört man auf verliebt zu sein und beginnt zu lieben?"
Es ist tatsächlich faszinierend wie jemand so wenig von Gefühlen verstehen kann, aber es erleichtert mir das nachfragen meiner Seite. Ich muss zugeben, der Gedanke dass Taehyung jemand anderen im Arm gehalten haben, jemand anderen auf diese Weise angesehen und ihn seinen Herzschlag lauschen lassen haben könnte sorgt dafür das sich mein Herz ein Stück zusammen zieht. Menschen sind selbstsüchtig, wenn sie etwas finden was sie mögen, wollen sie es am liebsten für sich behalten und genau so ist es bei Taehyung.
„Verliebt sein fühlt sich an wie ein Traum, wie eine Illusion und es endet schnell. Man verwechselt es leicht mit der Liebe, aber sie ist nicht so stark, sie bleibt nicht in Erinnerung." Ich senke kurz den Blick und lege langsam meine Hand auf seine Brust wo ich erneut das Klopfen seines Herzens fühlen kann. „Die Liebe brennt sich hier ein und bei mir gab es noch niemanden, der dieses Stadium erreicht hat."
Als ich wieder zu ihm hoch sehe, sind seine Augen größer, es ist als hätte er jetzt erst angefangen zu verstehen was hinter dem Wort Liebe tatsächlich steckt.
„Jungkook", sagt er erneut meinen Namen. „Was hast du gehört, als du vorhin dein Ohr auf meine Brust gelegt hast?"
Ein wenig verwirrt über diese Frage runzle ich die Stirn und sehe ihn an als könnte er jeden Moment anfangen zu lachen und mir sagen, dass das nur ein Witz war. Das er nicht zu verstehen scheint was in seinem eigenen Körper vor sich geht habe ich mittlerweile gemerkt, aber auch er sollte wissen, dass sich auf dieser Seite des Körpers das Herz befindet und was für ein Geräusch es macht.
Aber obwohl es für mich wie ein Scherz klingt, wie eine Frage die man normalerweise niemals gestellt bekommen würde, merke ich wie wichtig es ihm ist. Ich schließe die Augen und überlege wie ich das Geräusch am besten nach mache bevor ich die Augen zögernd öffne.
„Boom", fange ich an und fahre fort als er mich bittend ansieht. „Boom, Boom, Boom."
„Und wie fühlt es sich an?" Seine Augen haben angefangen zu glänzen, ein glänzen, das nicht von bloßer Neugier herrührt, sondern in dem mehr steckt.
"Wie fühlt sich was an?"
„Die Liebe."
Erstaunt starre ich auf meine Hand, die nach wie vor auf seiner Brust liegt, denn kaum hat er das Wort Liebe ausgesprochen, fängt es an noch stärker und lauter zu schlagen als es das ohnehin bereits getan hat.
Männer sagen Frauen sind kompliziert, mindestens genau so häufig wie Frauen sagen Männer sind Arschlöcher, aber die Wahrheit ist, dass der Mensch an sich nicht zu verstehen ist. Es ist wie ein Labyrinth, je mehr man versucht es zu verstehen, je tiefer man rein gelangt, desto weiter entfernt man sich von der Antwort.
Es gibt keine Defintion im Internet oder in Büchern, die dieses Gefühl mit all seiner Stärke annähernd beschreiben könnte und genau so wenig kann ich es tun.
Aber ich kann es ihm zeigen.
Ohne meine Hand von seiner Brust fort zu bewegen rutsche ich nach vorne bis unser Atem sich vermischt und ich die winzig kleinen goldenen Punkte in seinen Augen erkennen kann. Er bewegt sich kein Stück, alles was er tut ist mir weiter in die Augen zu sehen bevor ich meine schließe und meine Lippen sanft auf seine lege.
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Afterlife |Vkook|
Fanfiction«Standest du jemals vor der Entscheidung, bei der die Frage war, was du mit dem Menschen anstellst, den du liebst? Musstest du dich entscheiden, ob er den Himmel oder die Hölle verdient hat? Und warst du auch in der Lage, in der du ihm beides erspar...