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Jungkook Pov

Langsam öffne ich die Augen und zwinkere als die hellen Strahlen der Sonne mich blenden. Es fühlt sich an als hätte ich nur wenige Minuten geschlafen, aber es war dunkel als ich eingeschlafen bin, was man jetzt sicher nicht mehr behaupten kann. Mein Rücken schmerzt, aber das ist kein Wunder wenn man bedenkt das ich meine Nacht auf der Bank im Innenhof verbracht habe, weil Jin sich mein Auto ausgeliehen hat. Natürlich weiß dieser nicht das ich es als Ersatzwohnung missbrauche und ich möchte auch gar nicht das er es weiß, er würde sich viel zu viele Sorgen machen.

Gerade als ich die Hand über meine Augen legen und sie vor dem Licht schützen möchte, legt sich ein Schatten über mein Gesicht und sorgt dafür das ich mich für eine kurze Weile entspanne bis mir klar wird, was das zu bedeuten hat. Wenn man mehrere Tage im freien schläft verliert man irgendwann das Zeitgefühl vollkommen. Man merkt zwar selbst durch die geschlossenen Lider das die Sonne aufgegangen ist, aber man weiß dennoch nicht wie spät es ist. Was ich allerdings weiß ist, dass sich nirgends in der Nähe ein Gegenstand befindet der mir Schatten spenden könnte und das die Bank unter meinem Kopf viel zu weich ist.

Ich reiße die Augen auf und setze mich aufrecht hin, als ich tatsächlich das Gesicht von jemand anderem über mir sehe. Kurz wird mir durch das plötzliche und viel zu schnelle aufsetzen nach dem kurzen Schlaf schwindelig und ich muss die Augen schließen um nicht sofort zu kotzen, weil mir so übel ist, aber nachdem ich mich gefasst habe, drehe ich mich langsam um und wünsche mir sofort, dass mich doch jemand in dieser Nacht umgebracht hätte.

Ein freundliches Lächeln umspielt seine Lippen, keines der falschen Sorte, das irgendwie erzwungen wirkt wie das, das er häufig seinen Kunden schenkt, sondern eines der tröstenden und mitfühlenden Art. Er scheint zu wissen, weswegen ich hier schlafe, kein Wunder, er hat mich auch letztens bereits im Auto erwischt, aber während er Verständnis für das ganze zu haben scheint, ist mir das mehr als nur Peinlich.

Ich wische mir schnell mit dem Ärmel über das Gesicht und streiche mir mit den Fingern die Haare glatt bevor ich mir die wenigen Sachen schnappe, die ich hierher mitgenommen habe und aufstehe. Ich muss kurz stehen bleiben, damit meine Beine sich daran gewöhnen können wieder Boden unter den Füßen zu haben und gerade als ich einfach ohne ein Wort weggehen möchte, spüre ich fünf schlanke Finger um mein Handgelenk.

"Dieses mal lasse ich dich nicht so einfach verschwinden." Er versucht mich sanft nach hinten zu ziehen, aber ich stemme mich mit meinem Gewicht dagegen und drehe das Gesicht weg, als er sich neben mich stellt um mir in die Augen sehen zu können.

Ich weiß wie kindisch das ganze wirkt, aber für mich ist das mehr als nur unangenehm, ich spüre sogar bereits wie sich die Tränen in meinen Augen sammeln. Es war mir egal, was die anderen Menschen von einem Typen im Anzug halten, der auf der Bank eines Innenhofes schläft, aber es gibt zwei Menschen, von denen ich unter keinen Umständen gesehen werden wollte.

Einer von ihnen ist Jin, der sich auch so schon genug Sorgen macht und der das hier als Grund genommen hätte, Mutter von meiner schwierigen Lage zu erzählen damit sie mich wieder bei sich aufnimmt und das ist das letzte was ich will, meiner Mutter noch mehr Sorgen aufzubinden. Der andere ist Taehyung, der erste Freund seit einer Ewigkeit, wenn ich ihn denn überhaupt so nennen kann. Er hat mir so sehr geholfen, ich wollte nicht das er denkt, dass das alles umsonst war. Ich wollte nicht das er mich so sieht, aus Angst was er möglicherweise denken könnte.

"Du musst mich nicht ansehen, Jungkook", sagt er und jagt mir mit seiner tiefen, ruhigen Stimme einen Schauder über den ganzen Körper. Sie beruhigt mich, beruhigt mein schnelles und laut schlagendes Herz und meine schnellen Atemzüge. Ich weiß nicht, warum ein mir kaum bekannter Mensch solch eine Wirkung auf mich hat, es ist beinahe magisch, so dämlich das auch klingen mag.

Er lässt seine Hand ein wenig weiter nach unten wandern und umschließt damit meine. "Du hast Angst, nicht wahr? Du hast Angst, weil bei dir eingebrochen wurde, du fühlst dich nicht mehr sicher."

Ich schüttle den Kopf und drehe mich zu ihm um. "Ich habe keine Angst", sage ich mit zitternder Stimme und obwohl das ganz klar eine Lüge ist, nickt Taehyung nur. Er hebt seine andere Hand nach oben und legt sich langsam auf meine Wange.

"Angst ist normal, sie ist menschlich." Er streicht mir mit dem Daumen tröstend über die Wange und als ich den Blick hebe um ihm in die Augen zu sehen, erkenne ich darin noch etwas anderes als Trost, etwas was mich mehr als nur überrascht.

Ich weiß nicht, woher das Gefühl in seinen Augen kommt und was oder wer es verursacht hat, aber irgendwie gibt es mir das Gefühl mit allem was ich bin und was ich habe nicht alleine zu sein. Ich liebe den lachenden, den glücklichen Taehyung, der mir mit seiner offenen Art so vieles leichter gemacht hat, aber das hier ist das erste mal, dass ich eine zerbrechliche Seite in ihm sehe und irgendwie tröstet sie mich viel mehr als es gerade ein mitfühlendes Lächeln könnte.

"Trauer auch", sage ich und erwidere den Druck seiner Hand in meiner.

Afterlife |Vkook|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt