7. Kapitel

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,,Wieso wollen sie denn die Erde zerstören? Das macht keinen Sinn. Es bringt ihnen doch nichts", fragte ich Aiden verzweifelt. Er schüttelte ratlos den Kopf. ,,Ich weiß es nicht, Lys. Ich bin genauso ratlos wie du. Ich weiß nur, dass wir es verhindern müssen." Seit einer geschlagenen Stunde saßen wir in Aidens Zelt und rätselten, was die Skull's vorhaben könnten. ,,Lys, wollen wir trainieren? Ich muss den Kopf frei bekommen", wechselte Jay das Thema. ,,Macht das. Aber versucht euch nicht zu verletzen. Ich brauch euch heile.", stimmte Aiden zu. Jay und ich verließen das Zelt. Ich wollte zum Übungsplatz gehen, aber Jay schlug die Richtung zum Wald ein. ,,Wo willst du hin?", fragte ich ihn verwirrt. ,,Ich wollte nicht trainieren. Ich muss dir was zeigen", war seine einzige Antwort. Ich folgte ihm durch die unsichtbare Barriere, die das Lager von unerwünschten Blicken abgeschirmte. ,,Was musst du mir denn zeigen?" ,,Warte es einfach ab." Wir gingen ein gutes Stück in den Wald hinein und plötzlich blieb Jay stehen. Fast wäre ich in ihn hinein gelaufen. Er drehte sich zu mir um und legte den Finger an seine Lippen. Dann bedeutete er mir, ihm langsam und leise zu folgen. Vor uns war eine Reihe Büsche und Jay drückte vorsichtig ein paar Äste weg. ,,Guck hier durch. Aber sei um Himmels Willen leise", flüsterte er. Ich lugte durch die Lücke im Busch und konnte dahinter ein Lagerfeuer erkennen. Zuerst dachte ich, dass es ein Lagerfeuer ist, aber dann sah ich, dass dort etwas verbrannt wurde. Ich konnte aber nicht erkennen, was dort verbrannt wurde. Dann sah ich etwas anderes und ich zuckte zurück. ,,Das kann doch nicht sein. Was macht Toen denn hier?", flüsterte ich erschrocken. ,,Guck weiter", flüsterte Jay zurück. Ich lugte erneut durch die Lücke und sah, dass Toen und seine Freunde nicht allein waren. Um sie herum schwebten Wesen mit zerfetzten, schwarzen Tüchern, die wohl als Kleidung dienten. Sie erinnerten mich an die Dementoren aus Harry Potter. Nur, dass diese Wesen aus Knochen bestanden. Ich hatte nur ein Wort vor Augen: Skull's. ,,Scheiße, was machen wir jetzt?" Ich fühlte mich völlig aus der Bahn geworfen. Wie es aussah war Toen ein Verräter und wir in Gefahr. ,,Das wollte ich eigentlich dich fragen. Ich hab sie vor drei bis vier Stunden entdeckt. Wenn ich es meinem Vater gesagt hätte, dann würde er sofort das Lager evakuieren, was den Skull's auffallen würde. Außerdem weiß Toen, dieser Verräter, über uns Bescheid. Er weiß, wo wir uns zurückziehen würden. Von daher habe ich es erst einmal für mich behalten. Und jetzt frage ich dich um Rat." ,,Wenn bloß Riley hier wäre. Er hätte auf jeden Fall eine gute Idee. Er ist derjenige mit Verstand. Aber da er Mom und Dad helfen muss, muss ich jetzt nachdenken", beklagte ich mich. Ich überlegte eine Weile, aber ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. ,,Können wir vielleicht woanders hingehen? Dieser Ort macht mich nervös." Jay nickte und wir gingen leise zurück zum Lager. Ich hatte einfach keine bessere Idee, als Aiden davon zu erzählen. Er war der Anführer der Shadrior und wir könnten ihm auch davon abraten, dass Lager nicht zu evakuieren. Also gingen Jay und ich, zum dritten Mal an diesem Tag, zu Aiden und berichteten ihm, was wir beobachtet hatten. Er wollte, wie wir es vermutet hatten, alle in Sicherheit bringen, aber nachdem wir ihm alle Nachteile genannt hatten, überlegte er es sich doch anders und meinte, dass wir es vorerst für uns behalten sollten. Er schickte seine Wachen los, damit sie die Skull's, Toen und seine Kumpels beobachteten. Ich erwartete noch eine Erklärung von Jay. So ganz hatte ich die Sache nämlich immer noch nicht verstanden. Wir setzen uns etwas abseits vom Lager auf den Boden. ,,Was haben sie denn da überhaupt verbrannt?", begann ich. ,,So sicher bin ich mir auch nicht, aber ich glaube, es waren ein paar Leute, von denen, die die Skull's umgebracht haben." Ich schüttelte mich angeekelt. ,,Und Toen? Was hat er mit der ganzen Sache zu tun?" ,,Ich glaube, dass war seine Rache, mit der er die ganze Zeit gedroht hat." Ich schüttelte frustriert meinen Kopf, sodass meine schwarzen Haare hin und her flogen. ,,Ich hätte ihn nicht reizen dürfen. Dann wäre das alles nicht passiert." ,,Hey." Jays Stimme klang sanft. ,,Mach dir keine Vorwürfe." Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Das überraschte mich ein wenig. Er zeigte gerade eine andere Seite von ihm, denn normalerweise war er nicht so gefühlvoll. Ich lächelte unwillkürlich. ,,Da seid ihr ja. Aiden bespricht gerade unsere Taktik für den Angriff. Ihr sollt dazu kommen." Roy stand ein paar Meter weiter von uns, mit verschränkten Armen. Jay zog ruckartig seine Hand zurück, mit der er eben noch mein Gesicht berührt hatte. ,,Angriff? Wieso Angriff? Aiden meinte doch, wir beobachten die Skull's erst einmal." Ich stand auf und schaute Roy verwirrt an. Er schüttelte den Kopf. ,,Erst einmal beobachten wir sie. Da hast du Recht, Lys. Aber wenn sie morgen immer noch nicht verschwunden sind, greifen wir an." Jay stand jetzt auch auf und meinte: ,,Dann gehen wir lieber schnell zu Aiden. Sonst können wir uns beim Angriff verabschieden."

,,Ein Viertel von uns lenkt sie von der linken Seite ab und der Rest greift dann an. Soweit alles verstanden?" Die drei Dutzend Krieger, welche im Zelt standen, nickten stumm. Aiden hatte kurz und knapp erklärt, wie wir morgen die Skull's angreifen wollen, falls sie dann noch da waren. Der Plan war eigentlich ganz einfach; solange er funktionierte. Nun verließen die Krieger nacheinander das Zelt. Ich betrat gerade den Waldboden, als mein Handy summte. Es war eine Nachricht von Riley: Komm schnell nach Hause, es gibt schlechte Nachrichten! Ich wollte  gerade nach Jay Ausschau halten, da stand er plötzlich neben mir. Mir fiel auf, dass er sich ziemlich schnell bewegen konnte. ,,Was machen wir jetzt?" ,,Ich muss nach Hause. Riley meint, er hat schlechte Neuigkeiten", meinte ich und warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. ,,Okay. Hoffentlich nicht allzu schlimme Nachrichten. Kommst du nachher noch mal wieder?", fragte er. Ich zuckte mit den Schultern. ,,Versprechen kann ich nichts, aber ich versuche es." Ich glaubte in seinen goldbraunen Augen Freude aufblitzen zu sehen, aber es verschwand, bevor ich mir sicher sein konnte. Ich holte den Stein aus meiner Tasche und meinte dann zu Jay: ,,Ich glaub ich komm nachher wirklich noch mal hierher. Ich muss heute nämlich beim Abwasch helfen." Er lachte und sagte grinsend: ,,Dann bis nachher." Ich lächelte ihm zum Abschied zu und teleportierte mich nach Hause.

,,Lys. Wo warst du?" Die Stimme meiner Mutter klang aufgebracht. ,,Ich hab hier eine halbe Stunde auf dich gewartet und dann erzählst du mir, dass du die ganze Zeit in deinem Zimmer warst? Ich hab dort doch nachgesehen. Du warst nicht da. Und Riley meinte, du wärst spazieren gegangen." Ich überlegte fieberhaft nach einer passenden Antwort. ,,Ich war auch spazieren, aber dann bin ich in mein Zimmer gegangen und hab geschlafen. Vielleicht hast du mich ja unter der Bettdecke nicht gesehen." Innerlich verfluchte ich mich. Diese Antworten von mir waren echt dumm. Sie klangen wie lahme Ausreden. ,,Ach ja? Und was ist das hier?" Meine Mutter hielt etwas hoch. Ich schnappte überrascht nach Luft. In ihrer Hand hielt sie ein Messer. ,,Wo hat du es gefunden?", fragte ich sie zögernd. ,,Es lag zwischen deinen Schulbüchern auf dem Boden. Was zum Teufel hat ein Messer in deinem Zimmer zu suchen, Alyssa?" Wenn sie mich bei meinem vollen Vornamen nannte, dann war sie immer kurz davor auszurasten. Meine Vermutung lag dabei, dass Jay es ausversehen verloren haben muss, als er in mein Zimmer teleportiert ist und sich an meinem Schreibtisch gestoßen hat. Das sagte ich ihr natürlich nicht. ,,Ach, weißt du, ich hab überall in meinem Zimmer Waffen versteckt, da ich Auftragskillerin bin. Also keinen Grund zur Sorge." Meine Mutter funkelte mich wütend an. ,,Deine Ironie kannst du dir sparen, Fräulein. Wenn du nicht mit der Wahrheit herausrückst, bekommst du Hausarrest." Ich rollte mit den Augen. ,,Mom, was denkst du denn, wer ich bin? Ich hab keine Ahnung, wie das Messer in mein Zimmer gekommen ist. Ich hab es jedenfalls noch nie gesehen." Das war zum Teil die Wahrheit. Die Gesichtszüge meiner Mom entspannten sich ein wenig, aber dann fing sie wieder mit dem anderen Thema an: ,,Na schön. Aber wo warst du? Du bist aus deinem Zimmer nach unten gekommen, also kann es nicht sein, dass du eben draußen warst. Trotzdem habe ich dich nicht in deinem Zimmer gesehen." Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, da mischte sich Riley ein, der nun die Treppe runter kam: ,,Tut mir leid Mom. Lys und ich wollten dich reinlegen. Sie war die ganze Zeit in meinem Zimmer." Sie schaute unglaubwürdig zwischen uns beiden hin und her. ,,Ist das euer Ernst? Wisst ihr eigentlich, wie alt ihr seid?" Riley zuckte nur mit den Schultern und meinte: ,,Uns war langweilig. Das war aber wirklich eine öde Idee." Meine Mutter konnte nur mit dem Kopf schütteln. ,,Na gut. Das mit dem Messer bleibt dann wohl ungeklärt. Ist ja auch egal. Dann kann ich es als Küchenmesser gebrauchen." Ich konnte nur zustimmend nicken. Das war mir gerade eigentlich so egal, was sie mit dem Messer machte. Ich war nur froh, dass Riley mich gerade noch so aus der Zwickmühle gerettet hatte. Riley bedeutete mir, dass ich ihm folgen sollte. Wir gingen in sein Zimmer, wo er dann die Tür abschloss. Ich wollte mich gerade bei ihm bedanken, da sagte er: ,,Das waren übrigens nicht die schlechten Nachrichten, die ich meinte."

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