Kapitel 6

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Stundenlang lag ich jetzt schon wach.
Die Erlebnisse des heutigen Tages ließen mich einfach nicht zur Ruhe kommen. Ich konnte das alles noch immer nicht so richtig verarbeiten.

Um halb drei wurde es mir dann schließlich zu dumm und ich schlich auf Zehenspitzen hinunter in die Küche.

Wenig später saß ich dann mit einer dampfenden Tasse Tee in der Hand auf dem Sofa und überlegte, was ich denn jetzt tun sollte, als ich Schritte hinter mir vernahm und mich umdrehte.

"Na, kannst du auch nicht schlafen mein Schatz?"

"Hey Mum."

Sie schaute mich noch einen Moment lang an und setzte sich dann neben mich auf den Sofa.

"Ich weiß, das alles ist sicher sehr schwer für euch drei zu verstehen, aber wir wollten euch damit einfach nicht belasten, deshalb haben wir es euch nie gesagt. Aber jetzt ist es passiert und niemand kann es mehr rückgängig machen. Ihr müsst lernen es zu akzeptieren."

"Ich weiß."

Meine Mutter lächelte mich dankbar an und streckte dann ihre Arme aus.

Ich ließ mich bereitwillig in eine Umarmung ziehen und atmete ihren Duft tief ein.

Das beruhigte mich.

Nachdem wir eine Weile so dagesessen waren, wünschte ich ihr schließlich eine gute Nacht und verschwand wieder hinauf in mein Zimmer.

Nach dem kurzen Gespräch mit meiner Mutter fühlte ich mich viel besser als zuvor und ich konnte endlich einschlafen.

                             ***                

Am nächsten Tag stand ich erst um elf Uhr auf, aber da heute Sonntag war, war das ja kein Problem.

Als ich von dem kurzen Spaziergang mit unserem jungen Golden Retriever namens Simba zurückkam, roch es schon nach Mittagessen.

Als wir dann zu dritt am Esstisch saßen und alle schweigend ihre Hühnersuppe löffelten, räusperte sich meine Mutter und fing an zu sprechen.

"Wir sind heute zum Abendessen bei Tante Vera und Onkel Steven eingeladen. Mason wird auch da sein, vielleicht könnt ihr euch dann ein bisschen besser kennenlernen."

"Lorena fährt doch schon total auf ihn ab. Sie war doch schon auf seinem Konzert."

Mein Bruder hob spöttisch eine Augenbraue.

"Das stimmt überhaupt nicht! Ich bin da nur wegen Toni hingegangen. Außerdem kann ich ihn nicht ausstehen! Er ist arrogant, selbstverliebt und herablassend!"

"Aber sicher doch."

"Schluss jetzt, ihr beiden! Ihr solltet wenigstens versuchen nett zu Mason zu sein. Es ist auch eine schwierige Zeit für ihn. Macht es ihm nicht noch schwerer als es jetzt schon ist!"

Daraufhin schwiegen wir beide und während des ganzen Essens sagte keiner mehr ein Wort von uns.

Auch der ganze Nachmittag verlief sehr ruhig.

Ich verschanzte mich in meinem Zimmer und dachte nach. Ich dachte nach, wie ich diesem Abendessen heute wohl am besten entkommen könnte.

Ich mochte Mason nicht, das konnte ich nicht abstreiten. Auch wenn er mir ein ganz klein wenig doch leid tat.

Ich kam auf keine wirklich glaubwürdige Ausrede, also musste ich dann schlussendlich doch mitfahren.

Weil wir kein Auto besaßen mussten wir wohl oder übel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln Vorlieb nehmen.

Between Crown and Spotlights #WaveAward2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt