*eins*

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*Tess*

Diese Jungs scheinen auch nicht erwachsen zu werden. Gefühlt rufe ich gerade zum zehnten Mal an und niemand geht ran. Sie haben unsere Verabredung wohl vergessen, weswegen ich jetzt zu ihnen fahre. Unmöglich.

Das ungute Gefühl verstärkt sich irgendwie. Meine Jungs waren nicht zu Hause. Sie sind doch sonst immer so zuverlässig. Nicht, dass etwas passiert ist. Das muss wohl so ein Gespür einer Mutter sein.

Moment, da läuft doch Trevor, denke ich gerade als ich langsam durch die Gegend fahre und schaue ob ich sie irgendwo finde. Ich fahre an den Straßenrand, steige aus und rufe Trevor. Dieser reagiert jedoch nicht sofort. Erst als ich ihn erreiche. Da fällt mir auf, dass es nicht Trevor ist. Es muss sein Bruder sein. Die sehen sich ja wirklich verdammt ähnlich. Ich kann ihn nur durch sein Percing von Trevor unterscheiden.
„Ach, du bist nicht Trevor." entschuldige ich mich und will wieder gehen.
„Ne. Suchst du ihn etwa?" fragt er und lächelt nett. Charmant wie Trevor, oder wie Megan ihn getauft hat, Prinz Charming.
„Genau wie Leo. Und ich dachte ich habe ihn so gut erzogen, dass er absagt, wenn die Verabredung nicht klappt." Ein bisschen angefressen bin ich deswegen schon, allerdings wesentlich mehr besorgt. Es wundert mich doch sehr, dass keiner ans Telefon geht.
„Das ist Trevor's schlechter Einfluss." grinst mich der Zwilling nur an. Von was für schlechten Einfluss redet er? Trevor ist ein wahrer Schatz. Ich mache mir nicht die Mühe das jetzt zu kommentieren, aber mir fällt ein, dass er wissen könnte, ob der Hund diese Woche bei den Jungs ist.
„Aber weißt du vielleicht ob sie diese Woche den Hund haben?" Dann könnten sie auch spazieren sein oder beim Tierarzt oder so.
„Ich sehe da nicht durch, aber Mom ist gerade bei mir und die weiß das garantiert." Das könnte wirklich helfen. Elisha weiß vielleicht wo ich die Beiden finde.

Für einen Moment könnte ich fast sprachlos werden. Ich weiß schließlich, dass Trevor vor Leo noch zu Hause gewohnt hat. Sein Bruder hingegen hat eine Wohnung, die einem die Schuhe aussieht. Doch ich erinnere mich schnell, dass Trevor meinte sein Bruder würde in einer Band spielen und die wäre sehr erfolgreich. Da kann ich dann schon nachvollziehen, dass er sich so eine Wohnung leisten kann. Da wundert es mich auch nicht, dass er eine sehr hübsche Freundin hat.

„Tess. Ist ja schon wieder eine Weile her." begrüßt mich Elisha als sie aus der Küche auftaucht. Sie ist eine sehr herzliche Frau, die ich sehr schätze.
„Das stimmt wohl. Aber eine ganz andere Sache. Ist der Hund -ich vergesse immer den Namen- bei den Jungs?"
„Ja. Sie bringen sie nicht mehr zurück." lacht sie mit dem selben Ausdruck mit dem Trevor auch immer belustigt drein schaut.
„Wo könnten sie dann sein? Wir waren verabredet und sie haben mich versetzt, aber sie sind auch nicht zu Hause und ich erreiche keinen." Ich mache mir wirklich langsam Sorgen. Auch wenn ich weiß, dass Leo die Augen verdrehen würde, weil ich nach seinem Geschmack etwas überreagiere. Aber er ist halt mein Kleiner. Elisha scheint zu überlegen, ob sie etwas weiß, doch Trevor's Bruder meldet sich zu Wort.
„Hat Chucky nicht noch den Sender im Halsband?"
„Von mir hat sie jedenfalls kein neues bekommen." erklärt sie. Daraufhin holt er seinen Laptop und tippt etwas.
„Dann rück mal die Daten raus. Dann wissen wir immerhin schon wo Chucky ist. Und wo Chucky ist, ist eigentlich auch Trevor." grinst der Bruder. Elisha erzählt ihm die Informationen, die er wissen muss.

Einige Minuten später hat er einen blinkenden Punkt auf einer Karte.
„Das ist ja mitten am Arsch der Welt." stellt Elisha fest. Ich bin auch etwas erstaunt. Auf der abgebildeten Karte kann ich keine größere Straße oder auch nur ein Dorf erkennen. Wo zum Teufel sind die und was treiben die da? Auch Elisha scheint sich das zu fragen.
„Komm wir fahren dahin." Sie ist voller Tatendrang und auch Neugier.
„Ich schicke es dir auf dein Handy." berichtet ihr zweites Kind und wir sind schon auf dem Weg.

Mit Elisha kann man gut reden. Und vor allem sind es keine belanglosen Themen. Ich hasse ja sowas. Ihr scheint es ähnlich zu gehen. Deswegen scheinen wir uns wohl auch zu verstehen.

Es stellt sich als sehr praktisch heraus, dass Elisha einen Geländewagen hat. Der Weg zu dem blinkenden Punkt ist auf dem letzten Stück sehr uneben. Es ist nur noch ein staubiger Sandweg mit riesigen Löchern drin. Jedoch bin ich neugierig, weswegen der Hund einen Sender trägt und frage nach.
„Chucky liebt Trevor abgöttisch und hat ihn am Anfang auf Schritt und Tritt verfolgt. Wenn er zur Schule ist, dann wollte sie hinter her und ist auch mehrmals abgehauen. So war es das schnellste sie wieder zu finden." erklärt sie mir. Das kommt mir bekannt vor. Nur nicht bei einem Hund. Unweigerlich denke ich an Nate und mir jagt ein kalter Schauer über den Rücken. Ich bin so froh, dass dieser Junge nicht mehr zu Leo's Leben gehört.

„Okay, ganz ehrlich, wir laufen das letzte Stück. Der Weg wird ja immer schlimmer." meinten Elisha und fährt an den Rand des Weges. Laut dem Handy, das in der Halterung hängt, ist es auch nicht mehr weit. Ich bin echt gespannt was uns erwartet. Gleichzeitig hoffe ich auch, dass Leo nicht mit dem Auto durch diese Schlaglöcher gefahren ist. Dafür war das Auto dann doch zu teuer. Vielleicht gibt es ja auch einen anderen Weg.

Gespannt schauen wir auf das Telefon und halten Ausschau nach dem Hund, der hier in der Nähe sein soll. Durch das dichte Gestrüpp auf der einen Seite und dem strak bewachsenen Feld auf der anderen kann man leider nicht viel sehen, jedoch kann man einen Bach plätschern hören.

„Kommt hier noch irgendetwas?" seufze ich leicht genervt. Doch da höre ich Leo lachen.
„Ahh. Du bist so ein Ekel." folgt es von Trevor. Elisha und ich schauen uns an. Hier müssen sie also sein. Sehen können wir jedoch noch nichts. Das Gestrüpp an dem Bachlauf ist einfach zu dicht. Doch bereits zwei Meter weiter lichtet es sich. Und wenig später gibt es eine kleine Lichtung frei. Wie auch immer, aber Leo ist wirklich mit dem Auto bis in diese Pampa gefahren ohne sich die Ölwanne aufzureißen. Im offenen Kofferraum liegt der Hund und schläft, während die Jungs ein Picknick machen.

Ich muss schon sagen, dass ich noch kein anderes Pärchen gesehen habe, das so süß ist. Romeo und Julia ist ein Witz dagegen. Das sieht so romantisch aus, wie sie es sich bequem gemacht haben. Schön mit einer großen Decke und einigen Kissen, gegen die sich Leo lehnt. Trevor liegt mit den Kopf auf seinem Bauch und strahlt ihn an. Leo's Ausdruck kann ich nicht sehen, doch so wie er Trevor immer wieder eine Strähne aus dem Gesicht streicht, muss er genauso strahlen. Ich sag es doch, nichts ist niedlicher.

Eigentlich will ich weiter auf die Zwei zu laufen, doch Elisha hält mich zurück. Sie zieht mich etwas mehr hinter sie Büsche.
„Vielleicht gibt es mal was spannendes zu hören, dass sie uns nicht sagen." kichert sie leise. Eigentlich will ich die Stirn kraus ziehen und sie fragen ob sie ernsthaft lauschen will, doch irgendwie steckt mich ihre Neugier an. Ich hatte schon in letzter Zeit das Gefühl, als würde da zwischen den beiden etwas sein. Nichts dramatisches, aber etwas das sie nicht teilen.

„Ach, ich weiß nicht. Mir fallen spontan mehr als zwei Leute ein, die uns töten, wenn wir still und heimlich heiraten." Das Seufzen von Trevor ist deutlich zu hören, doch seine Worte sind viel interessanter. Mit großen Augen schaue ich zu Elisha rüber ob sie davon etwas wusste. Für mich ist es vollkommen neu, dass die Jungs darüber auch nur nachdenken. Für sie auch, so wie sie mich ansieht.

„Es war doch deine Idee." kichert Leo darauf nur und nascht etwas von dem Obst, dass mit auf der Decke steht. Trevor schaut ihn jedoch nur böse an.
„Jaja, unsere. Sie entstammt aber diesem hübschen Köpfchen." Meint mein Sohn und tippt seinem Freund leicht gegen die Stirn, was er ausnutzt und ihm zärtlich über die Wange streicht.
„Und du hast es ausgesprochen." entgegnet Trevor nur, fängt jedoch an zu lächeln.

Elisha schaut mich total perplex an. Für sie klingt es wohl auch total seltsam. Ich hätte bei den beiden vermutet, dass sowas nie zur Sprache kommt und nie wirklich passieren wird. Und jetzt wird gerade über die Ausführung geredet. Ich fasse es nicht.
„Reden die nur darüber oder haben wir wirklich einen Antrag verpasst?" wispert es von rechts leise. Tja, wenn ich das wüsste. Allein dafür könnte ich sie töten, wenn das der Fall wäre.

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