*acht*

366 26 5
                                    



*Trevor*

Jedes Mal sieht man Leo an, wie er sich zusammenreißt, ein guter Beifahrer zu sein. Das kann man ihm ansehen. Er würde lieber selbst fahren. Doch er versucht nichts zu sagen. Man sieht allerdings, dass er etwas froh ist, als er aussteigen muss. Jedoch will ich vorher einen Kuss. Er legt eine Hand auf meine Wange und küsst mich. So liebe ich es. Intensiv, mit wunderbaren Gefühlen, aber viel zu kurz. Dafür lächelt er als er aussteigt. Ich hoffe seine gute Laune hält noch etwas an.

Als ich wieder los fahre will, wird meine Aufmerksamkeit auf drei Mädels auf der anderen Straßenseite gelenkt. Ganz aufgeregt wird getuschelt und gekichert. Und deren Interesse gilt mir. Besser gesagt, dem vorangegangen. Kann Mann nicht mal seinen Freund küssen ohne dass jemand kichert?

Ähm. Schande über mich.

Kann Mann nicht mal seinen Mann küssen ohne dass jemand kichert? Besser. Viel besser.
Doch die Mädels ignoriere ich und fahre weiter zu meinen Freunden. Ich bin nur nicht sonderlich motiviert. Das heißt ja, dass ich mich wieder mit meiner Masterarbeit befassen muss. Ich weiß nicht weswegen, aber ich tue mich echt schwer das Ding zu schreiben. Als würde sich mein Gehirn weigern. Vielleicht kommt die Erleuchtung noch irgendwann. Hoffentlich bald. Die Abgabefrist rückt immer näher und ich habe so gut wie gar nichts.

Kelsey's verzogenes Gesicht verrät alles. Man muss mir ansehen, dass ich keine Lust habe.
„Da braucht jemand Urlaub. Am besten etwas romantisch. Zu zweit." kichert sie nur. Was zur Folge hat, dass auch Bryan aufsieht.
„Ne, da will einer seine Arbeit nicht schreiben. Ob er nun Urlaub gehabt hätte oder nicht." lacht er auf. Immerhin wissen sie das. Und sie haben schon das passende Mittel parat. Ich lasse mich auf einen freien Stuhl fallen und bekomme prompt ein Buch rüber geschoben. Passend zu meinen Thema.
„Muss das sein?" seufze ich nur und lasse den Kopf auf das Buch sinken. Vielleicht überträgt sich das Wissen auf diese Weise in meinen Kopf. Schön wäre es.

Geräuschvoll wird neben mir ein Stuhl zurecht geschoben. Ich drehe den Kopf in diese Richtung und sehe Matty.
„Was denn, ist das Leben mit einen Ehemann so schwer?" grinst er nur, legt jedoch auch seinen Kopf auf der Tischplatte ab. Leichte Augenringe zeichnen sich in seinem Gesicht ab. Seine Freundin hat ihn wohl etwas wach gehalten, kichert es leise in meinem Kopf.
„Eins sag ich dir. Das wäre nichts für dich. Da werden die Ansprüche noch eine Latte höher gehängt." stichle ich leicht.

Er hält mich schon etwas für irre, dass ich da Hals über Kopf hinein bin. Sein größtes Argument war, nicht die geringe Dauer unserer Beziehung, sondern meine Unfähigkeit eine Beziehung am Laufen zu halten. Das wundert mich aber auch. Ich glaube meine längste Beziehung hat es auf drei Monate gebracht. Aber das war halt nicht mit Leo. Er passt halt zu mir. Er ist meiner. Und so kitschig wie es klingen mag, er ist die Liebe meines Lebens. Da werde ich mich doch wohl etwas anstrengen können, damit es klappt.

„Oha. Ob du dem gerecht wirst?" flachst er weiter.
„Mehr als du. Wollen wir mal Robin fragen, wann sie das letze Mal ein vernünftiges Date mit dir hatte?" stänkere ich zurück. Seine Augen bekommen eine leichten Glanz. Ha! Das weiß er nicht mehr. Ich kenne doch meinen unromantischen Klotz. In dem Punkt habe ich mich zum Glück geändert. Ich finde so etwas mittlerweile sehr wichtig und auch sehr schön.
„Pizza essen ist kein vernünftiges Date." meint er nur. Das es geraten war, sehe ich ihm an. So gut kenne ich ihn.
„Aber mit Freiluftkino hinterher schon." grinse ich und strecke ihm die Zunge raus.

Es klappt leider nicht sich das Wissen auf diese Weise einzutrichtern. Es geht nur auf den Rücken. Also richte ich mich wieder auf.
„Ihr wart also da?" fragt Kelsey interessiert.
„Wie hätten wir nicht. Du hast doch gesagt das ist gut. Hat sogar seine schlechte Laune wieder gehoben." strahle ich. Da bekommt sie auch ein Lächeln.
„Was denn für schlechte Laune? Warst du doch nicht der perfekte Ehemann?" Matty nutzt gleich seine Chance und ärgert mich schon wieder. Jedoch vergeht meine Laune, wenn ich nur daran denke. Unweigerlich verzieht sich mein Gesicht, was ich umgehend erklären muss. So wie ich angesehen werde, verstehen sie das nicht. Wie auch? Sie waren ja nicht dabei.
„Wenn du seinen Vater fragst dann eher nicht. Der hat eh ein Problem mit mir. Obwohl. Eher mit dem Punkt, dass ich nicht weiblich bin. Hat ihn dann wieder angebrüllt und mir klingt immer noch das Wort „Scheidung" in den Ohren." Mit einem Seufzen lasse ich wieder den Kopf auf das Buch fallen. Ich muss keinen meiner drei Freunde ansehen, um ihre Reaktion zu erfahren. Ein betroffenes Ausatmen ist zu hören. Solche Reaktionen verstehen sie genauso wenig wie ich. Wie kann man nur so intolerant sein? Es ist für mich einfach unbegreiflich.
„Da kommt ja richtig Freude auf. Und das gleich am zweiten Tag." kommentiert Bryan. Da hat er wohl Recht.
„Auf wen muss ich einprügeln?" will mein bester Kumpel wissen. Da hört für ihn der Spaß auf. Trotz dessen dass er mich immer wieder damit aufzieht und auch stichelt, ist er der Einzige, der das darf. Denn eigentlich ist er unser größter Fan.
Dankbar lächelnd für dieses Angebot lege ihm einen Arm um seine Schultern und drücke ihn etwas an mich.
„Aber zurück zum Ernst des Lebens. Deine Arbeit macht sich nicht von allein." fängt er recht schnell wieder an. Nicht das schon wieder. Kann mich nicht jemand erlösen?

Ich muss Fieber haben. Oder etwas anderes ernsthaftes. Ich war doch wirklich Blumen kaufen? Nein, keine bescheuerte Topfpflanze. Einen großen Strauß, der jetzt in der Küche auf dem Tisch steht. Mit dem Gedanken, dass es Leo's Laune heben kann. Die Verkäuferin hat gefragt, ob ich etwas gut zu machen hätte oder ob ich etwas verbrochen hätte. Sie meinte sie kenne es nicht, dass Männer Blumen kaufen, nur um eine Freude zu machen. Ein bisschen seltsam war das schon. Besonders da ich ja noch gar nicht weiß, ob er schlechte Laune hat. Aber das werde ich gleich sehen, wenn ich ihn bei Tess abhole.

Kaum bin ich zur Tür rein, stürmt Megan auf mich zu.
„Tinkerbell? Hilfst du mir bei den Hausaufgaben?" tönt sie lieblich und blinzelt mit ihren langen Wimpern.
„Welches Fach?" will ich nur wissen, während ich meine Schuhe ordentlich zu den anderen stelle. Ich komme doch eh nicht drum herum und egal was ich antworte am Ende muss ich es doch machen.
„Physik. Mathe versuche ich alleine." Ich traue meinen Ohren nicht. Hat sie das wirklich gesagt? Auch Leo steckt verwundert den Kopf in den Flur.
„Es geschehen noch Wunder." kichert er und kommt auf mich zu. Megan verzieht nur das Gesicht und trottet in ihr Zimmer. Den Moment zu zweit nutzt Leo und legt seine Lippen auf meine.
„Tinkerbell. Was ist jetzt?" jault es aus Megan's Zimmer nur Sekunden später. Mit ihrem Bruder werfe ich mir einen eindeutigen Blick zu. Diese kleine Hexe.

„Dann zeig her." fordere ich und lasse mich auf den Stuhl fallen, den sie eigens für mich organisiert hat.
Yeah. Aufgaben zum Thema Akustik. Da kann man mal was Praktisches machen. Und sie muss nichts rechnen. Das ist ja fast wie ein Jackpot. Ich lese die Aufgaben kurz durch und überlege mir, wie ich ihr das erklären kann. Ich muss es ja auch so erklären, dass sie es der Klasse präsentieren kann. So die Aufgabe.

Wie macht man etwas sichtbar, dass man nicht sehen kann. So wie Schallwellen. Richtig, mit Wasser. Von Tess lasse ich mir ihre größte Auflaufform geben und gehe mit Megan nach draußen. Neugierig folgt uns Leo und schaut uns zu.

Ich bemühe mich es so einfach wie möglich zu machen und mich nicht in Einzelheiten zu verrennen. Eigentlich ist es ein wunderbares Thema, wo man viel experimentieren kann und es eigentlich auch gut verstehen kann.
„So hätte ich Physik auch bestanden." Meint nur Leo.
„Du bist in Physik durchgefallen?" wundert sich Megan und schaut ihren Bruder irritiert an.
„Nein, weil ich es abgewählt habe, bevor es noch schlimmer wurde." Grinst er nur. Kann ich verstehen. Ich war froh als ich Kunst endlich abwählen durfte.

„Sag mal, wieso machst du kein Lehramt?" Verwundert drehe ich mich zu Derek um, der uns von der Terrassentür beobachtet. Wer? Ich? Verwirrt blinzle ich nur. Als ob ich so etwas könnte.
„Schon mal drüber nachgedacht?" fragt er weiter. Mein Ausdruck wird vermutlich noch schlimmer. Das ist etwas, wo ich nie drüber nachgedacht habe. Das war nie eine Überlegung wert. In meinem Kopf klang allein die Vorstellung schon abstrus. Ich und Lehrer. Ähm nein.
„Also erklären kannst du gut." Meint jetzt auch Megan. Haben hier alle was genommen?
„Ne. Die Vorstellung ist beängstigend. So viele pubertierende Kinder." Fast schon angewidert verziehe ich das Gesicht. Megan geht ja noch, aber so 30 Stück davon? Danke, verzichte. So eine masochistische Ader habe ich dann doch nicht.
„Überleg es trotzdem mal." Meint Derek nur und lässt uns wieder allein.

Nach dem doch etwas anstrengendem Tag fühlt es sich gut an, mit Leo auf dem Sofa zu kuscheln. Diese Zufriedenheit macht sich dabei in mir breit.
„Ach. Bevor ich es vergesse. Mama hat gefragt, ob du ihr mal deine Bewerbungsunterlagen geben kannst." Unterbricht Leo die angenehme Stille.
„Wozu will sie die?" frage ich stutzig. Wir haben ihr doch erst vor ein paar Tagen erklärt, dass wir dagegen sind.
„Ich weiß nicht. Aber sie hat bei so komisch geguckt. Irgendetwas hat sie vor." Oh. Oh. Was plant diese Frau schon wieder? Sicherlich wieder irgendetwas, wo wir da stehen und uns ernsthaft fragen, ob sie nicht doch eine Geisteskrankheit hat. Oder sie will Phil ärgern. Das könnte ich mir auch noch richtig gut vorstellen. Viel besser ist ja, dass sie Leo vorschickt und nicht selbst fragt, als wir bei ihr waren. Vorhin. Bestimmt weil sie sich die Antwort bereits denken konnte.

Doch ich möchte mir jetzt nicht mehr den Kopf zerbrechen. Nicht über meine Masterarbeit und auch nicht über diese Bewerbung. Ich möchte einfach nur mit Leo kuscheln und einen weiteren Tag mit meinem Mann entspannt ausklingen lassen.

Always YoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt