*elf*

330 25 2
                                    



*Trevor*

Dienstage kann ich mittlerweile genauso wenig leiden wie Montage. Da muss ich immer in die Bibliothek. Diese blöde Recherche. Diese blöde Masterarbeit. Ich mag das langsam wirklich nicht mehr. Zum Glück ist es nur ein halber Tag, der versaut ist. Heute Vormittag war ich bei Dad im Büro und habe dort etwas gearbeitet. Einfach mal ablenken von dieser Arbeit, die sich immer noch nicht von selbst schreiben will.

Trotzdem kann man mir meine Begeisterung wahrscheinlich schon wieder ansehen. Schlurfend gehe ich durch die Regale bis ich bei der passenden Lektüre angekommen bin. Missmutig schaue ich die Bücherrücken an.

„Trevor? Oder bist du ... Ne. Trevor." Als ich das erste Mal meinen Namen höre, drehe ich mich um, woraufhin sie kurz überlegt und dann doch merkt, dass sie richtig liegt.
„Charly. Was machst du hier?" frage ich leicht verwirrt die junge, braunhaarige Frau, die ich aus der Schule kenne. Als hätten sich unsere Wege nicht für ein paar Jahre getrennt, umarmen wir uns.
„Besuche die Woche meinen alten Herrn. Und trotzdem komme ich um meine blöde Masterarbeit nicht drum rum." lacht sie auf und verzieht anschließend das Gesicht.
„Und ich dachte, ich wäre damit allein. Ich verstehe es gar nicht, die schreibt sich einfach nicht von allein." grinse ich, während ich ein passendes Buch aus dem Regal ziehe.
„Ich muss leider wieder los. Bist du die Woche öfter hier?" fragt sie lächelnd.
„Hier ist mein zweites zu Hause, so lange wie die Arbeit nicht fertig ist." erkläre ich ihr. Da lacht sie laut auf, hält sich jedoch schnell die Hand vor den Mund um die Bibliothekarin nicht zu verärgern.
„Dann sehen wir uns bestimmt nochmal." meint Charly und umarmt mich zum Abschied. Wie kleine die Welt manchmal ist.

Das Buch war wenig hilfreich. Das hatte ich schon einmal in der Hand. Naja. Dann das nächste. Ich trotte wieder zurück zu dem Platz, an dem ich mich eingerichtet habe, als mir plötzlich Matty in den Rücken springt. Lachend drückt er mir einen Kuss auf die Wange, während ich einen Schritt vorwärts stolpere.
„Mich auch." höre ich Kelsey. Schon springt sie ab und ich muss sie mit den Armen auffangen, wodurch ich Matty's Schenkel loslasse. Er rutscht dabei ein Stück runter und schnürt mir mit seinen Armen die Luft ab. Keuchend sacke ich langsam zusammen. So weit, bis Matty mir nicht mehr die Luft abdrückt. Bis er wieder auf eigenen Füßen steht.

Kurz bilde ich mir ein, Jackson zu sehen. Ich weiß, dass er auch hier zu Uni geht und man sich öfter über den Weg läuft, aber hier in der Bibliothek noch nie. Wahrscheinlich bilde ich es mir nur ein und es liegt an der mangelnden Durchblutung meines Gehirns.

„Was stimmt mit euch nicht?" meckere ich leise. Meine Lungen müssen sich erst wieder mit Sauerstoff füllen, weswegen ich heiser klinge.
„Kelsey ist endlich mit Jack zusammen." grinst Matty mich an. Na endlich. Das hat jetzt aber auch lange genug gedauert.
„Wurde ja auch Zeit." seufze ich und lasse mich auf den Stuhl fallen. Ich habe etwas das Gefühl, als würde ich heute wieder nicht dazu kommen, an meiner Arbeit zu schreiben. Wenn doch dann wird das nicht effektiv.

„Wie kam es jetzt endlich dazu?" frage ich Kelsey, welche strahlt wie ein Honigkuchenpferd.
„Das weiß ich nicht. Er kam Samstag vorbei. Und irgendwie hat er mich dann gefragt." verträumt dreht sie beim Sprechen eine ihrer Strähnen um den Finger. Wenn ich nicht wüsste, dass sie 25 ist, könnte ich gerade glauben, dass sie ein Teenager ist.
„Dann bedank dich bei Leo." grinse ich nur. Leo hatte also einen erfolgreichen Samstag. Sie schaut mich jedoch mit geweiteten Augen an.
„Er war Samstag bei ihm und bevor er mich vom Eishockey abgeholt hat, hat er Jack bei dir abgeliefert." erkläre ich ihr. Matty legt mir den Arm um die Schultern und sabbert meine Wange an.
„Das habt ihr gut gemacht." lacht er danach auf. Manchmal ist er echt scheußlich.

Irgendwie schaffe ich es trotz allem, drei Seiten meiner Arbeit zu schreiben. Fast schon zufrieden schaue ich auf. Dabei sehe ich wie Matty ein breites Lächeln bekommt und über mich hinweg schaut. Also drehe ich mich um. Leo? Was will er hier? Um die Zeit? Er sollte doch im Büro sitzen.
„Schön, wie du dich freust mich zu sehen." lacht er leise und haucht mir einen Kuss auf die Stirn und setzt sich neben mich.
„Mama hatte keine Lust mehr und bei dem schönen Wetter hat sie uns alle raus geschmissen." erklärt er schließlich. Ich will auch. Das ist unfair.

Noch schlimmer wird es, als Matty von seiner Freundin und Kelsey von Jack angeschrieben werden. Fast zeitgleich. Und fast zeitgleich verschwinden sie. Nur ich soll hier noch meine Arbeit schreiben. Wenigstens hat Leo einen Einfall es etwas angenehmer zu machen. Auf einem der Sofas machen wir es uns etwas bequem. Obwohl er den Kopf auf meinem Oberschenkel abgelegt hat, schaffe ich es trotzdem am Laptop weiter zu arbeiten. Er liegt auf dem Rücken und spielt in der Zeit mit seinem Handy.

Er hat einen sonderbaren Einfluss auf mich. Ich war noch nie produktiver, wenn es um diese Arbeit ging. Munter tippen meine Finger auf der Tastatur. Und es fällt mir nicht einmal schwer. Ich denke nicht weiter darüber nach, was am Ende geschrieben steht. Es ist einfach passiert.

Mir fehlt nicht mehr viel, doch mein Schreiben wird leider unterbrochen.
„Trevor." Uns gegenüber lässt sich Jackson auf das Sofa plumpsen. Auch Leo schaut von seinem Handy auf. Er kann das Gesicht jedoch nicht zuordnen.
„Jackson." gebe ich von mir und wende mich danach an Leo.
„Vom Eishockey." Er nickt nur leicht und widmet sich wieder seinem Handy.

Dann habe ich ihn vorhin doch gesehen. Ich weiß nicht, aber irgendwie werde ich skeptisch. Beobachtet er mich etwa? Ist er jetzt ein Stalker? Der Punkt ist nämlich, ich weiß nicht ob ich ihn in die Kategorie Freund packen würde. Er ist mehr so was wie ein Bekannter. Klar, als er angefangen hat mit uns Eishockey zu spielen und wir mehr Zeit mit einander verbracht haben, wusste ich etwas mehr über ihn, aber seit er mehr mit Taylor abhängt nicht mehr. Ich konnte Taylor noch nie wirklich leiden.

„Alles gut?" fragt er. Ich schaue wieder von Laptop auf, dem ich mich bereits wieder zugewandt habe.
„Alles gut." antworte ich und tippe weiter.

Während ich abwesend in die Luft starre und denke, was ich jetzt noch schreiben muss, streiche ich Leo über den Kopf. Als würde es beim Denken helfen. Doch ich fühle mich zu beobachtet, um vernünftig zu denken. Denn Jackson beobachtet uns oder mich oder wie auch immer. Fakt ist er beobachtet und das macht mich fast schon nervös.

„Hey. Tagträumen gibt's hier nicht." Leo's schnippende Finger und sein Lachen bringen mich wieder zurück in die Gegenwart. Mit einer hochgezogenen Augenbraue schaue ich ihn an.
„Denk dran, wenn du damit fertig bist, gibt's Urlaub." motiviert er mich weiter zu schreiben. Sehnsüchtig seufze ich kurz.
„Und wenn du heute fertig wirst, dann mache ich aus der einen Woche zwei." dabei hält er mir die Finger unter die Nase. Zwei Wochen nur mit ihm. Irgendwo, wo uns niemand stört. Wieder seufze ich.
„Und du meinst Tess erlaubt dir die Woche mehr?" ärgere ich ihn. Doch er kichert nur. Das Kichern, das ich so liebe.
„Mama erlaubt alles. Aber jetzt schreib. Sonst mach ich die zweite Woche ohne dich Urlaub, während du bei dem Wetter auf Arbeit versauerst." Es wäre ja ganz witzig, wenn ich es ihm nicht zutrauen würde. Doch genau das tue ich. Ich weiß, das er dreist genug ist, so etwas durch zu ziehen. Also seufze ich das dritte Mal und beginne wieder zu schreiben. Jackson blende ich dabei voll aus.

Erleichtert atme ich auf. Das war der letze Punkt. Das letze Wort ist geschrieben. Ich klappe den Laptop zu und packe ihn in meine Rucksack. Verschlafen streckt sich Leo in meinen Schoß. Schön wie er geschlafen hat.
„Fertig?" fragt er mit rauer Stimme. Die hat er immer, wenn er aufwacht. Ich finde das sehr heiß. Das klingt so männlich und lässt ihn etwas verrucht wirken.
„Fix und fertig." antworte ich ihm erleichtert. Derek hat sogar noch genügend Zeit um das Teil zu lesen. Und ich kann dann noch die Korrekturen vornehmen.
„Ich bin stolz auf." murmelt Leo mit einem Lächeln, setzt sich auf und küsst mich zärtlich. Ich grinse nur zufrieden. Zum einen weil ich endlich fertig bin und zum anderen da ich dank ihm fertig bin. Und wir sogar zwei Wochen weg fahren. Als ich zur Uhr an der Wand schaue, bemerke ich wie spät es ist und dass Jackson verschwunden ist, doch das ist mir eigentlich egal. Ich möchte jetzt nur noch nach Hause. Mich mit Leo ins Bett kuscheln und daran denken, dass ich morgen nicht diese Arbeit schreiben muss.

Always YoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt