*vierzehn*

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*Trevor*

Wie ein Kleinkind freue ich mich mit Leo los zu fahren. Zwei Wochen. Nur mit ihm. Und Chucky natürlich. Aber nur wir drei. Keiner sonst. Niemand der spontan vorbei kommt und was will, niemand der mich zwingt eine Masterarbeit zu schreiben. Einfach niemand.

„Du fährst. Sonst fragst du alle fünf Minuten wann wir da sind." verkündet Leo, als er sich die Schuhe anzieht. Dabei wirft er mir den Autoschlüssel zu. Ich strahle ihn nur an und schnappe mir eine unserer Taschen und gehe mit Chucky schon zu Auto. Sie findet ihren Platz im Kofferraum. Dort haben wir ihr ein großes Kissen hingelegt damit es bequem ist und ein große Gitter angebracht, damit die Taschen und sonstiger Krempel in der ersten Kurve nicht auf sie fallen.  Leo schmeißt die restlichen Sachen auf die Rückbank und dann geht es endlich los. Unser zweiter Urlaub. Und ich bin so aufgeregt.

Leider hat das mit dem Ferienhaus von Doris nicht geklappt, aber sie hat sofort einen Bekannten gefragt. Ich habe keine Ahnung was uns erwartet. Sie meinte nur, es wäre super abgelegen, im Umkreis von mehreren hundert Metern gäbe es keine Nachbarn und es würde wohl am Meer liegen. Was allein ja schon der absolute Wahnsinn ist. Sie hatte uns auch gewarnt, dass es ein sehr kleines Haus ist, aber absolut gemütlich. Wahrscheinlich bin ich deswegen auch so aufgeregt, ihre Beschreibung klang einfach nur perfekt.

Zum Glück sind es nur knappe drei Stunden Fahrt bis wir da sind. Länger hätte ich es nicht ausgehalten. Meine Konzentration wird von meiner Aufregung regelrecht gefressen. Es fällt mir immer schwerer. Das letzte Stück ist besonders schlimm. Die Straße ist zwar noch asphaltiert, aber nur noch einspurig. Links und rechts reichen bis an den Straßenrand dicht und hoch bewachsene Felder. Bei jeder Kurve habe ich die Befürchtung, dass mir jemand entgegen kommt. Das könnte dann echt eng werden.

Und das Navi sagt, dass es hier irgendwo sein muss. Ich habe nur schon seit zehn Minuten keine Gemeinde, kleinere Stadt oder auch nur eine Ansammlung von mehr als drei Häusern gesehen. Das ist wirklich verdammt abgelegen. Da soll ich im nichts dann nochmal rechts abbiegen? Hoffentlich ist das richtig. Leo bekommt davon nichts mit. Er schläft. Seelenruhig. Irgendwie hängt er förmlich in seinem Sitz.

Zum Glück erreichen wir wenig später ein sehr kleines Haus, umgeben von einer Handvoll alter Bäume, die Schatten spenden. Mitten im Nichts. Es wirkt fast als wäre es eine Wanderhütte, aber Doris ist auch hier, also muss es richtig sein. Freudestrahlend umarmt sie mich, als ich auf sie zu komme. Leo ist einfach nicht aufgewacht und wecken wollte ich ihn nicht.
„Es ist so schön, dass ihr hier seid." lacht sie und zieht mich mit in das Häuschen. Sie erklärt mir, dass ihr Bekannter gerade im Ausland ist und sie deswegen hier ist.

Wow. Es ist klein. Aber total schön. Das kleine Wohnzimmer ist fast komplett verglast und ermöglicht es einem die Natur zu genießen ohne raus zu gehen. Die Küche ist vielleicht so groß wie unser Badezimmer, scheint aber höchst funktionell eingerichtet zu sein. Im Bad selbst kann man sich gerade um seine eigene Achse drehen. Aber das Highlight ist das Schlafzimmer. Das große Dachfenster lässt sich aufschieben und man kann unter den Stern schlafen, während man das Meer hören kann. Was man übrigens vom Wohn- und Schlafzimmer aus bewundern kann. Eigentlich kann man von jedem Raum aus irgendwie in die Natur schauen und staunen. Es ist einfach perfekt. Hier können wir ohne Probleme zwei Wochen abschalten, zur Ruhe kommen und einfach mal allem Stress hinter uns lassen.
Draußen zeigt sie mir noch den Grill und die Terrasse. Umwerfend. Eine Terrasse mit Meerblick.

„Falls was ist, die nächsten Nachbarn sind in die Richtung etwa 500m entfernt und dort lang etwa genauso. Und am Strand ist meistens niemand. Außer vielleicht ein paar verwirrte Spaziergänger." erklärt sie mir und ich fange an zu strahlen. Ich kann es nur wiederholen, es ist perfekt.
„Und wie sieht es aus mit Einkaufen oder so. Leo und ein leerer Kühlschrank geht gar nicht." lache ich leise. Da muss sie auch schmunzeln.
„Im Schubfach vom Couchtisch liegt eine kleine Mappe. Da steht alles drin. Und zur Not sind wir ja auch noch eine Weile hier." berichtet sie weiter. Dann können wir wohl auch mal einen Tag bei Doris und ihrer Familie verbringen. Wenn wir wollen.
„Ich lasse euch mal ankommen und auspacken. Wie gesagt, wenn was ist, ruf einfach an." Wieder umarmt mich Doris und verabschiedet sich.

Ich gehe zurück zum Auto und öffne die Beifahrertür. Leo schläft immer noch. Sanft streichle ich ihm über die Wange. Langsam öffnet er verschlafen die Augen.
„Sind wir schon da?" fragt er leise. Ich schmunzle leicht. Er ist schon süß.
„Ja. Wenn du möchtest, kannst du rein gehen und etwas weiter schlafen, dann packe ich aus." schlage ich ihm vor. Müde nickt er und steigt aus. Dabei wirft er den ersten Blick auf unsere Unterkunft. Ungläubig blinzelt er.
„Das ist ja Wahnsinn." meint er und geht darauf zu. Ihn gefällt es. Das finde ich gut. Während er sich das kleine Haus ansieht und jede Ecke erkundet, trage ich die Taschen rein. Chucky wuselt dabei zwischen uns hin und her und schnüffelt an allem was sie zu interessieren scheint.

Den Tag nutzen wir um das Haus zu erkunden, richtig auszupacken, gehen mit Chucky am Strand spazieren und entspannen. Am späten Nachmittag blättert Leo dann durch die Mappe mit den Informationen zu der Umgebung. Ein Supermarkt wäre nicht weit. Das ist gut.
„Wollen wir heute essen gehen?" fragt Leo und hält den Finger auf ein Restaurant in der Nähe.
„Wäre vielleicht besser. Wir haben gerade so Frühstück für morgen." lache ich leise und schaue mir an, was er da gefunden hat. Ein typisches Restaurant für die Ostsee. Eine gute Auswahl an Fischgerichten und nicht zu vergessen ein Außenbereich zum Meer hin. Das können wir doch ausprobieren.

Zufrieden strahlt mich Leo an, als wir noch ein Glas Wein genießen und auf der Terrasse des Restaurant sitzen. Er sieht richtig glücklich aus.
„So habe ich mir das vorgestellt." lacht er leise, während er mit dem Daumen über meine Hand streicht, die er fest hält.
„Hast du?" frage ich zurück.
„Absolut. So und nicht anders." er strahlt förmlich. Die untergehende Sonne hinter ihm, die den Himmel in kräftigen Farben erstrahlen lässt, ist nicht annähernd so schön anzusehen wie er. Ein leichtes, glückseliges Lächeln schleicht sich in mein Gesicht.

Als Chucky mit einem kleinen Seufzer unter dem Tisch zur Seite fällt und den Kopf auf meinem Schuh ablegt, müssen wir beide kichern. Dieser Hund. Sie kümmert es nicht was wir uns erzählen. Sie ist einfach zufrieden, dass wir beide in ihrer Nähe sind und sie ungestört unter dem Tisch liegen kann.

Doch nicht lange.

Ein Ball rollt unter unseren Tisch und bleibt wahrscheinlich zwischen Chucky's Beinen liegen. Eilig kommt ein Kind, etwa 5, angerannt und schaut unter den Tisch. Leo und ich lehnen uns beide seitlich runter und schauen zu dem Mädchen. Belustigt schauen wir zu, wie es versucht den Ball zu nehmen ohne Chucky zu stören. Als das Mädchen das bemerkt, schaut sie erschrocken auf, erschrickt sich und fällt nach hinten auf ihren Po. Während Leo dem kleinen Mädchen die Hand hinhält, damit es wieder aufstehen kann, nehme ich den Ball. Also sie wieder steht, fällt mir auf, dass sie gerade über die Tischkante schauen kann. Mit einem Lächeln halte ich ihr den Ball wieder hin. Sie quietscht leise, schnappt sich den Ball und rennt wieder weg. Zu ihren Eltern, die schauen sie nur verwirrt an und scheinen sich zu fragen, wo sie war. Das Mädchen setzt sich auf ihren Stuhl und winkt zu uns rüber. Wir winken nur grinsend zurück. Und Chucky hat von dem ganzen nichts mitbekommen oder wollte es nicht.
„Eigentlich sind sie schon süß." meint Leo und setzt sich wieder gemütlich in seinen Stuhl und schaut mich an.
„So lange wie sie so klein sind schon." bestätige ich ihn.
„Stimmt, aber sie werden so schnell groß und dann wird es ätzend." lacht er und grinst schon wieder. Und ich glaube insgeheim sind wir uns einig, dass wir höchstens mal Babysitter spielen und keine eigenen wollen. Wir werden wohl die komischen Onkel, die immer dämliche Geschenke dabei haben.
„An was denkst du, dass du so grinst?" fragt Leo neugierig.
„Wir werden so wunderbare Onkel, dass Megan und Cal uns dafür hassen werden." Noch während ich es erzähle, lacht er los und muss sich die Hand vor den Mund halten, damit es nicht noch lauter wird. Ich liebe dieses Lachen einfach so sehr.

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