To Death

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Nach dem Essen folgte ich Asher aus dem Speisesaal und bekam zu erwartende merkwürdige Blicke von meinem großen Bruder und den anderen bei ihm am Tisch, jedoch lief Asher zu schnell, als dass ich hätte kurz stoppen und ihnen erklären können, dass er mich einfach mitgezerrt hatte.
Wir ließen den Speisesaal durch einen anderen Ausgang hinter uns und mir fiel auf, dass wir im Erdgeschoss waren, als wir durch den Empfang eilten, in dem sich jetzt nur noch wenige Menschen aufhielten.
Die meisten waren essen und die die fertig waren verzogen sich für den Abend bestimmt in ihre Zimmer zurück.

Vor einem Fahrstuhl kam Asher zum halten.
Er drückte auf die Taste, die ihn zu uns holen würde und musterte mich anschließend.
"Ich kann verstehen, was Wonho an dir hat." merkte er an und fuhr sich durch die dunklen und langen Haare.
Meine Reaktion war es ihn einfach zu ignorieren.
"Du wirkst schüchtern, Raiee, aber ich bin mir sicher das täuscht und genau das lässt zu, dass dich viele unterschätzen."
Ich war schüchtern, hatte mir diese Seite aber auf der Lichtung abgewöhnt, es gab keinen Grund mehr vor anderen Menschen angst zu haben, wenn sie daraus auswaren uns zu helfen.
"Bestimmt hast du in dir einen unglaublichen Kampfgeist, hast ihn aber nur noch nicht erwachen lassen. Du hast dich mit deinem Bruder, Wonho und Ailee von den Lichtungen bis hier hin durchgeschlagen und der weg war bestimmt nicht kurz und einfach."
Sprach er weiter, aber wurde von dem Fahrstuhl unterbrochen, der seine Türen öffnete.
Ich rauschte an Asher vorbei in den Aufzug und versuchte mich so weit von ihm weg zu stellen, wie nur möglich.

Als er das mitzubekommen schien, lachte er einfach nur und machte einen Schritt in meine Richtung, während der Fahrstuhl nach unten fuhr.
"Ich bin hier nicht dein Feind, Raiee." merkte er an und hob eine Augenbraue.
"Ich ganz sicherlich nicht." hing er beteuernd an und lachte kopfschüttelnd.

Der Fahrstuhl ging wieder auf und wir befanden uns in einem hell beleuchteten und unterirdischem Gang.
Zielstrebig verließ Asher den Aufzug und steuerte den Weg nach Rechts an.
Gezwungen folgte ich ihm und sah mich verdattert um.
Wir waren unterirdisch, das merkte ich daran dass es hier unten kühler war aber dennoch sah es hier aus, wie in dem Rest des Gebäudes.
Man sah kein Rohr, keine gemauerten oder kaputten Wände alles war ganz und modern tapiziert.

"Du hast gehört, dass meine Eltern von Wächtern wegen ihrer Nationalität erschossen wurden?" fragte Asher und ich nickte.
"Sie sind unnötig gestorben, haben nie etwas falsches gemacht und hatten hier in der Stadt einen guten Ruf.
Wir hatten sogar einen eigenen kleinen Laden.
Mir und meinen Eltern ging es nicht schlecht, sie konnten sich ohne Probleme ein Leben mit mir leisten, konnten sich ohne Probleme meine Bildung leisten.
Ich konnte in die Schule gehen, habe gelernt und sogar wenige gute Freunde gehabt, es gab nur einzelne Personen, die gewaltig etwas gegen mich hatten." erzählte er mir aus seinem Leben und blieb vor einer Tür stehen.
Er zog einen Schlüsselbund heraus und öffnete sie.

Der Raum vor uns zog sich in die Länge und bestand überwiegend aus meterhohen Regalen, in denen vollgepackte Kisten standen, die so aussahen als wären sie über und über mit Papier zugestopft.
Vereinzelt stand ein kleiner Computer auf einem Tisch oder ein Sessel mit einem Tisch, aber sonst war die Einrichtung eher kühl und unbehagen.
Asher setzte sich zielstrebig und elegant in Bewegung.
"Wonho war damals in meiner Klasse und er hat mich gehasst.
Vielleicht weil ich anders bin, aus einem anderen Land komme und dennoch eure Sprache kann. Vielleicht weil meine Vorfahren nach dem Krieg nicht das Geld und die Kraft hatten hier weg zu gehen, vielleicht weil ich trotz meiner Abstammung dennoch wenige gute Freunde hatte.
Ich wusste es nicht, aber er hatte mich gehasst, wirklich gehasst." sprach er weiter.
Ungläubig sah ich ihn an.
Wonho wirkte auf mich nicht wie jemanden, der einfach anfing Menschen zu hassen, weil sie anders waren, wenn es danach ging, müssten sich Hyungwon und er gar nicht verstehen, aber sie waren sowas wie Brüder geworden.
Jedoch war es der Wonho, der noch in der Hauptstadt gelebt hat und er hatte mir erzählt, dass er damals anders war, als heute.

"Er und seine verzogenen und steinreichen Freunde haben angefangen mich zu ärgern und das nicht grade harmlos.
Ich kam mit blauen Flecken und gebrochenen Rippen nach Hause und habe mich immer damit rausgeredet, dass ich nur gefallen bin.
Sollte ich etwas sagen, würde Wonho meinen Eltern etwas tun.
Ich war damals unglaublich ängstlich, schüchtern, nicht wirklich zutraulich.
Ich war das ganze gegenteil von dem der ich Heute bin und zurückblickend schäme ich mich dafür, aber das ist nebensächlich.
Jedenfalls, Wonho hatte es auf mich abgesehen und sich daran erfreut mich seelisch und körperlich fertig zu machen.
Ich ertrug es. Lieber ich als meine Eltern, hatte ich mir damals gesagt.
Und außerdem wäre es nicht für immer, ich wäre ihn irgendwann los, dachte ich zumindest."
Asher zog eine der Kisten hervor, während ich mir den Wonho in seinen Worten nicht vorstellen konnte.
Der Wonho, den ich kannte war nett zu jedem, klar war er frech und ärgerte Leute, aber nur aus Spaß, den auch andere verstanden, er tat keinem seelisch und körperlich weh.
"Irgendwann hat er herausgefunden, dass meine Elten einen laden betrieben haben und ist da eingereitet, hat alles verwüstet und meine Eltern beschimpft, ihnen angedroht abschaum wie uns umzubringen."
Kopfschüttelnd kramte Asher in der Kiste.
Seine blauen Augen leuchteten vor der Verachtung und dem Schmerz seiner Vergangenheit.
"Das hat er dann in die Tat umgesetzt.
Eines Tages ritten Wächter bei uns in den Laden ein und zerrten meine Eltern aus dem Haus.
Auf dem Marktplatz an dem wir den Laden hatten und an dem wir gewohnt hatten, wurden sie vor den Passanten und meinen Augen erschossen.
Seit dem Tag habe ich mir geschworen, dass ich nie wieder einfach nur wei ein Geist daneben stehe, egal wie sehr mich etwas verstört und ich angst habe.
Ich habe angefangen mich zu ändern, keine Angst mehr vor anderen zu zeigen, nicht mehr mit mir spielen zu lassen." endete er.

Ich riss die Augen auf.
Wonho würde so etwas nie tun!
Er würde nichtmal mit dem Gedanken spielen Menschen sinnlos umzubringen, dass konnnte er nicht sein, das musste ein anderer Wonho sein und nicht der, der meinen Bruder und mich gerettet hatte, als drei Wächter es auf uns abgesehen hatten.
Das konnte nicht der Wonho sein, der sich in mich verliebt hatte und der mir über die letzte Zeit unglaublich wichtig geworden war.

"Was macht dich so sicher, dass es er war?" fragte ich nach und schlang meine Arme um mich.
Asher zeigte auf den Raum.
"Hier im Archiv sind alle den Wächtern jemals erteile Befehle aufgehoben, die mit Leuten der Prophets etwas zu tun haben, unter anderem auch der Befehlt, der aufgegeben hat meine Eltern umbringen zu lassen." erklärte er mir und hielt mir die Papiere in seinen Händen hin.
"Du glaubst mir nicht?
Sieh selber.
Es ist alles dabei. Kamerabilder von dem Moment, als der befehl erteilt wurde, so wie Berichte und der Bescheid, dass er Auftrag ausgeführt wurde."
Wies er mir an und zog den Sessel bei sich in meine Richtung.

Mit zitternden Knien setzte ich mich und öffnete die Mappe in meinen Händen.
Das erste was vor meinen Augen auftauchte, waren Bilder von Überwachungskameras in einem Gang.
Klar war Wonho mit drei Wächtern zu sehen.
Doch auf diesen Bildern sah er noch ganz anders aus.
Er war jünger, hatte dunkle Haare und nicht die blonden, die ihm nun langsam rauswuchsen.
Dennoch war sein Körperbau unverkennbar, so wie seine eindeutigen Gesichtszüge.
Auf den Bildern hatte er ein überheblich amüsiertes Lächeln, was dennoch erschlagend kalt wirkte.
So hatte ich ihn noch nie gesehen und sofort erkannte ich, dass er damals definitiv anders gewesen sein musste, als heute, denn nie hatte er sich mir gegenüber so gegeben.
Ich blätterte weiter.
Ein Bericht, aber eh ich ihn gelesen hatte, dauerte es eine Weile.
Lesen konnte ich, nur brauchte ich immer ein paar Sekunden, eh sich die Buchstaben vor meinen Augen zu Worten ergaben, die ich ohne Probleme lesen konnte.
Durch eine kurze Zeit der Schulbildung war das Lesen somit bei meinem Bruder und mir viel zu kurz gekommen, aber dennoch konnten wir glückhaben es zu können.

Der Bericht sagte aus, dass Wonho, erwähnt als der Sohn des Präsidenten klar befohlen hatte Ashers Eltern mitten auf dem Marktplatz umzubringen.
Es war beschrieben, wie sie die beiden aus dem Laden zerrten und schließlich zwei Unschuldigen Seelen ein Ende setzten.

Ich schlug die Mappe wieder zu und konnte nicht glauben was ich da gelesen hatte.
Wonho war für den Tod von zwei unschuldigen verantwortlich, nur weil ihm jemand nicht in sein Bild gepasst hatte.
Innerhalb von Sekunden hatte sich mein ganzes Bild auf ihn verändert.
Er war für mich nicht mehr der aufgeweckte und muntere, freche Wonho, der angefangen hatte mir zu gefallen, diese Fassade fiel von ihm ab.
Ich sah ihn mit völlig anderen Augen, als der Mensch, der er gewesen sein musste, bevor er weg ist, bevor er angefangen hatte nach mir zu suchen und mich schließlich gefunden hatte.
Jetzt wünschte ich mir, dass er mich nie zu Gesicht bekommen hätte, dass ich ihn nie gesehen hätte.
Er hatte veranlasst Menschen umzubringen und das laut den Bildern noch ohne auch nur eine Spur Gewissen zu haben, als hätte er eine Gefühle und handelte so, wie es ihm passte.



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