"Nur mal zum Mitschreiben, Raiee. Tust du meinem Bruder mental oder körperlich weh, dann wirst du den Rest deines Lebens deine Nahrung nur noch durch einen Strohhalm aufnehmen können." Drohte mir Daerin, als ihr großer Bruder und Brandon aus dem Raum waren.
Ihre todernste Miene konnte sie jedoch nicht lange aufrecht erhalten.
Stattdessen grinste sie mich nun breit an.
Hyeeun lachte.
"Was Daerin eigentlich sagen wollte, ist dass sie Wonho und dir alles gute wünscht und du es mit uns zu tun bekommst, solltest du ihn einfach aus heiterem Himmel sitzen lassen, wenn er dir nicht mehr passt.
Aber er wird auch von uns einen auf den Deckel bekommen, sollte er dich einfach hängen lassen."
Meinte die älteste der vier Geschwister munter und wirkte, nachdem sie ein Handy in ihren Händen gehalten hatte, wie ein völlig neuer Mensch.
"Ich werde Wonho schon nicht einfach hängen lassen und er mich genauso wenig." Versicherte ich den beiden und besah sie mit einem ehrlichen und ernsthaften Blick, obwohl ich den Spaß in ihren Worten sehr gut verstand und auch dass sie ihre ausgesprochenen Worte bestimmt in die Tat umsetzen würden.
"Das werden wir mal sehen.
Wonho ist schwer an der Hand zu halten und zu dressieren." Merkte Hyeeun an.
"Aber ganz bestimmt nicht der, den ich kennengelernt habe." Hielt ich dagegen und hob eine Augenbraue.
"Der den ich kennengelernt habe und den ich bis heute kenne, der ist pflegeleicht und ist mir von Anfang an hinter her gerannt."
Nur zu gut konnte ich mich an seine unzähligen Spitznamen erinnern, mit denen er mich gerufen hatte oder die er sich in einer bestimmten Lage ausgedacht hat, wenn ich nicht wirklich mit etwas fertig wurde, wie zum Beispiel dem Klavierspielen.
"Dann muss er sich wirklich verändert haben." Murmelte Daerin und lachte leise.
"Für ein Mädchen noch dazu. Das wäre damals nie bei ihm zu erwarten gewesen.
Er hatte immer den Drang dazu alles um sich zu erkunden und sich dabei von keinem etwas sagen zu lassen.
Unsere Mutter hat es mit Herz und Seele akzeptiert, dass er seinem Leben frei nach ging.
Aber nach ihrem Tod hat unser Vater versucht ihn einzuschränken, damit er bloß nichts von den Geschehnissen außerhalb dieser Stadt erfährt.
Eomma war es total egal ob er irgendwann die Slums entdecken und dann außer sich sein würde oder nicht.
Appa setzte alles daran, dass man von seinen Machenschaften nichts in Erfahrung brachte." Erklärte Hyeeun mir und schüttelte mit einem melancholischem Blick und einem schwachen Lächeln ihren Kopf.
"Unsere Mutter war der Engel auf Erden.
Ich habe nie verstanden, wie sie es all die Jahre mit unserem Vater ausgehalten hat." Murmelte Daerin und schüttelte den Kopf.
"Die Frage stell ich mir jetzt umgedreht.
Aber Changkyuns und meine Mutter ist erst jetzt zum Biest geworden.
Damals hätte sie euch nie den Tod gewünscht." Enthüllte ich und sah mit trübem Blick auf meine Füße
Daerin sah zu mir und lächelte schwach.
"Dann kann sich unser Vater wohl sicherlich mit eurer Mutter zusammen tun." Scherzte sie.
Ich nickte.
"Nur würden sie sich dann wohl gegenseitig die Augen auskratzen." Mischte Hyeeun sich lachend an. Wieder nickte ich.
"Da hätte ich nicht einen Einwand." Meinte ihre jüngere Schwester trotzig und ich stimmte ihren Worten munter zu.
Die trübe Stimmung von eben war verschwunden und ich fühlte mich, als würde ich die beiden Mädchen seit Ewigkeiten kennen, so gut schienen wir uns zu verstehen.
Sie hatten es mir nichtmal übel genommen, als ich mehr mit Asher unternommen hatte, sie meinten sogar zu Wonho, dass er seine Eifersucht runter schrauben sollte.
Wonho hatte mein Herz für sich im Griff und kein anderer konnte uns da reinfunken.
Ich würde es ihm auch nicht verübeln, wenn er mit anderen Mädchen reden würde, solange es human bleibt und nicht auf Abwege geht.Die Tür hinter der Wonho und Brandon verschwunden waren ging ruckartig auf und Wonho kam zielstrebig auf mich zugestürmt und nahm mich in die Arme.
"Wir kommen tatsächlich wieder hier raus." Flüsterte er unglaublich erleichtert und wollte mich nicht mehr los lassen.
"Danke, dass du ihn hier hergebracht hast." Murmelte er weiter und nahm schließlich sanft mein Gesicht in seine Hände, bevor ich seine Umarmung erwidern konnte.
Ohne etwas von sich verlauten zu lassen küsste er mich.
Ganz gleich ob bei uns seine Schwestern standen und ein ziemlich hohes Tier aus einem anderen Land.
Ein wenig war ich überrumpelt und peinlich war es mir auch, aber das hinderte nicht dieses wohlige und kribbelnde Gefühl, dass sich durch meine Adern zog.
"Ich habe ihn nicht hier her gebracht." Flüsterte ich nur für seine Ohren bestimmt, während Brandon Wonhos Schwestern wies ihre Sachen zu packen und von Yuna das JoJo zu holen.
Die beiden lachten und kamen den Worten nach.
"Er hat nach dir gefragt und mir erklärt, dass er auf alles hier einen höheren Einfluss hat, als meine Eltern.
Er könnte ihnen die Gelder abdrehen, wie meine Mutter euch die Luft heute." Redete ich leise weiter
Ich nahm war, wie Wonho voller Dankbarkeit zu Brandon sah, bevor wir die Nähe lösten und er mich an der Hand mit sich in sein Zimmer zog.
"Mein Vater und sein Vater sind übrigens die engsten Freunde." Lachte er, als er die Tür hinter sich zugezogen hatte.