Spiegelwelt von @Raspberry-Blossom

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Spiegelwelt

Das Licht des Vollmonds hüllte mein Zimmer in ein sanftes Licht. Ein lauer Wind wehte durch das offene Fenster und erreichte mein Bett. Trotz der Wärme der Sommernacht bekam ich eine Gänsehaut, denn ich wusste, was als nächstes geschehen würde. Fest umklammerte ich meine Bettdecke und hoffte, dass ich mich dieses Mal irren würde. Doch meine Hoffnung erstarb, als eine sanfte weibliche Stimme nach mir rief.

„Komm zu mir, Mädchen."

Diese vier Worte hörte ich immer und immer wieder. Es schien, als würde der Wind sie zu mir tragen. Obwohl ich hätte Angst haben sollen, spürte ich eine widersinnige innere Ruhe in mir aufkeimen.

Der Spiegel am anderen Ende des Zimmers reflektierte das Mondlicht und es wirkte, als wäre der Lichtstrahl gänzlich auf mich gerichtet. Ich schlug die Bettdecke zur Seite und erhob mich ehrfürchtig. Meine Gedanken setzten vollständig aus und ich folgte gänzlich meinem Instinkt.

Vorsichtig machte ich einen kleinen Schritt nach vorne und spürte den weichen Teppich unter meinen Füßen. Im Spiegel erblickte ich meine eigene geisterhaft wirkende Gestalt. Erneut hörte ich die Stimme nach mir rufen.

Instinktiv ging ich auf den Spiegel zu, bis ich ihm direkt gegenüber stand. Ich streckte meine Hand aus und erwartete, Glas unter meinen Fingerkuppen zu spüren. Doch wider Erwarten spürte ich keinen Widerstand und meine Hand verschwand hinter dem Spiegel. Spätestens in diesem Moment hätte ich schreiend davon laufen müssen, doch irgendetwas hielt mich zurück. Vielleicht benebelte der Vollmond meinen Verstand, sodass ich auch die andere Hand durch den Spiegel gleiten ließ.

Ich atmete tief ein und aus, schloss meine Augen und ließ meinen restlichen Körper folgen.

Das Erste, was ich vernahm, war frohes Vogelgezwitscher. Irritiert öffnete ich die Augen und erblickte vor mir eine prächtige Blumenwiese, die kein Ende zu haben schien. Ich drehte mich um, sah aber nichts außer der Wiese aus Wildblumen. Vorsichtig senkte ich meine Hand und fühlte die Halme und Blüten. Der Wind wehte mir durch die Haare und ließ den Duft von Sommerregen zurück. Es schien alles so real und gleichzeitig so unwirklich.

„Folge mir", hörte ich die Stimme sagen. Obwohl ich die Richtung nicht kannte wusste ich, wohin ich gehen sollte. Ich begann, einen Schritt vor den anderen zu setzen, als ich plötzlich abhob. Auf einmal war ich in der Luft, flog mit den Vögeln um die Wette und konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Es war alles so atemberaubend. In weiter Ferne sah ich einen Fluss, der direkt an einem Waldrand grenzte. Rehe tummelten sich am Gewässer und erfrischten sich.

Ich beschloss, auf den Fluss zuzusteuern. Als ich direkt über ihm schwebte und das frische Nass betrachtete, hörte ich plötzlich ein Lachen. Es schien aus dem Wald zu kommen und ich konnte nicht umhin dabei an einen ganz besonderen Menschen zu denken. Bevor ich wusste, was ich tat, folgte ich dem Klang des Lachens. Der Wald unter mir lichtete sich und es kam ein kleines Holzhaus zum Vorschein. Vor dem Häuschen befand sich die gleiche Blumenwiese wie zu Beginn meiner Reise. Ich landete sanft auf meinen nackten Füßen und steuerte auf das Häuschen zu. Langsam schritt ich zur Tür und war im Begriff sie zu öffnen, bis mir jemand zuvor kam. Mir blieb die Luft zum Atmen weg und ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen.

„Mama?", flüsterte ich und erhob eine zitternde Hand. Ich musste einfach wissen, ob sie real war. Ob ich sie spüren konnte. Ihre Haut unter meiner Hand fühlte sich weich und echt an. Der Duft, der von ihr ausging war genau so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Ihre Augen hatten die Farbe von einem satten Grün und ihre blonden Locken fielen ihr leicht ins Gesicht.

Die Person, die wie meine Mutter aussah, lächelte mich leicht an und bedeutete mir, ihr zu folgen. Als ich das Haus betrat konnte ich meinen Augen abermalig nicht trauen. Ich wusste, dass in dieser Welt nichts den physikalischen Gesetzen meiner Welt folgte, doch was ich am wenigsten erwartet hätte war es in der kleinen Holzhütte ein schlossartiges Inneres vorzufinden. Ich folgte der Frau in einen kleinen Raum, der hauptsächlich aus Sitzmobiliar und einem kleinen Tisch bestand, auf dem sich allerlei Süßigkeiten tummelten. Sie setzte sich auf eines der Sofas und bedeutete mir, sich neben sie zu setzen. Als ich mich neben ihr niederließ konnte ich es nicht mehr zurückhalten.

SommernachtsträumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt