Nach drei Monaten war ich endlich mal wieder allein zu Hause. Oder so etwas in der Art. Meine Eltern, sowie die der sieben anderen Familien hier, sind auf einer komischen Veranstaltung, wegen der Firma meines Vaters und dort bleiben sie auch über Nacht.
Wir Kinder durften nicht mitkommen. Mir hat das nicht so viel ausgemacht, aber die drei Jüngsten wollten unbedingt mit. Aber gut. Sie waren zum Teil wirklich noch Kinder.
Da die Erwachsenen, wie gesagt, nicht da sind, machte ich mich auf ins größte Badezimmer in diesem Haus. Allerdings war das Wort Haus untertrieben. Zum größten Badezimmer brauchte ich fünf Minuten. Denn das Gebäude in dem ich lebe, ist eine Art Villa. Eine riesige. Darin haben ganze acht reiche, wenn man es genau nimmt, Familien platz.
Jedes Kind in diesem Gebäude ist Einzelkind. Und außer mir sind alle Jungs. Obwohl ich schon seit drei Monaten hier lebe, hatte ich noch nicht viel Kontakt mit den Jungs. Nur zu besonderen Anlässen. Sie scheinen aber ganz nett zu sein.
Endlich war ich vor der Badtür angekommen. Zur Sicherheit klopfte ich einmal an. Keine Reaktion. Also ging ich rein und schloss die Tür ab. Bei den Scherzkeksen im Haus ging ich auf Nummer sicher.
Mein Schlafanzug und meine frische Unterwäsche legte ich auf den, erst vor kurzem geputzten, Boden. Von meinem Handgelenk entfernte ich mein Haargummi, welches ich mir zuvor drum gemacht habe und zauberte mir einen einfachen Dutt.
Ich lief zu der Badewanne und drehte den Wasserhahn auf. Bis ich in die Badewanne steigen kann, dauern es aber noch ein Weilchen.
Das ist erst das zweite Mal, dass ich diesen Raum betreten habe. Aber auch viele andere Räume hier habe ich noch nicht gesehen.
Der Teil, der meiner Familie gehört, habe ich natürlich schon gesehen. Einmal hat mich Taehyung sogar in sein Zimmer eingeladen, damit wir irgendwelche Brettspiele spielen könnten. Das hat mich etwas verwundert, weil er nur ein Jahr jünger ist als ich. Das hätte ich vielleicht von Jungkook erwartet, mit seinen 13 Jahren, aber nicht von ihm.
Mein Blick fiel auf den großen Spiegel. Langsam schlenderte ich auf ihn zu. Eine Sache, die ich sehr an Spiegeln schätze ist, dass sie nicht lügen. Manchmal wünscht man sich, dass das Bild, das man dort drin sieht, anders ist, als es wirklich ist. Aber das tut es nicht. Ich mag die Ehrlichkeit der Spiegel.
Ich lief wieder zurück zur Wanne. Vielleicht in ein paar Minuten. Warum die Zeit nicht mit Musik vertreiben? Aus meinen mitgebrachten Sachen suchte ich mein Handy raus und durchsuchte meine Playlist.
Seit einer Ewigkeit habe ich "Breaking The Habit" von Linkin Park nicht mehr gehört. Der Song hat mir von der ersten Sekunde gefallen. Auch wenn die Übersetzung alles andere als fröhlich ist. Der Text hat mir aber klar gemacht, dass ich meine Leben genießen und glücklich sein sollte, so wie es jetzt ist.
Folglich wähle ich diesen Song aus, legte meine Handy zurück auf den Boden und setze mich auf den Badewannenrand. Leise sang ich mit und schloss dabei die Augen. Dabei bemerkte ich nicht, dass ganz vorsichtig die Tür aufging. Erst als ich den Lichtschalter und zwei lachende Jungs hören konnte, öffnete ich die Augen und rannte zur Tür.
Hatte ich die Tür nicht abgeschlossen? Auf dem Gang konnte ich nur noch Taehyung für einen Moment sehen. Jungkook ist bei solchen Aktionen immer schneller als er. Mit einem Kopfschütteln seufzte ich und ging wieder ins Bad. Wenn ich die beiden das nächste Mal erwische, dann...
Noch einmal schüttelte ich den Kopf und schloss die Tür. Erneut. Das Wasser in der Badewanne hatte jetzt zumindest eine ordentliche Höhe. Hoffentlich kommen die beiden Jungs nicht noch einmal. Der Song war mittlerweile zu Ende und als nächstes kam "Faded" von Alan Walker. Auch ein schöner Song.
Ich öffnete den Reisverschluss meiner Strickjacke. Und in dem Augenblick ging das Licht erneut aus. "Das ist nicht mehr lustig!" Ich drehte mich sofort um und lief zu Tür, um diese Jungs noch zu erwischen. "Jungkook! Taehyung! Kommt auf der St-"
Ich stoppte. Nicht nur das Badezimmer hatte kein Licht, sondern auch der Flur. "Es macht mir keine Angst, dass ihr das Licht auch im Flur ausgemacht habt. Und jetzt lasst mich in Ruhe baden!" Damit die beiden das auch endlich verstehen, knallte ich die Badezimmertür fest zu.
Ich betätigte also einmal mehr den Lichtschalter und lief zur Badewanne. Doch daraus wurde nichts. Das Licht ging nicht an. Wie haben die beiden denn das geschafft? Das hätte ich von Yoongi oder auch Namjoon erwartet, aber für Streiche sind die eigentlich zu alt.
Hinter mir öffnete sich auf einmal die Tür und zwei schwer atmende Jungs stürmten rein. "Lamina? Bist du hier?", fragte einer der beiden. Verwundert bejahte ich die Frage, aber dann fiel mir ein, dass ich noch ein Hühnchen mit den beiden zu rupfen hatte. "Wieso habt ihr beide das Licht im Bad und im Flur ausgemacht? Ich gebe zu, ich bin etwas beeindruckt, aber ihr könnt damit aufhören."
Einer der beiden Jungs hielt sich an meinem Arm fest. "Hab dich. Kookie hier ist sie." Nun spürte ich auch an meinem anderen Arm jemanden. "Darf ich jetzt in Ruhe baden gehen?", fragte ich mit einem leicht genervten Unterton. Notfalls kann ich auch morgen Früh gehen, aber früh aufstehen ist leider nicht meins.
"Wir geben zu, dass wir das erste Mal das Licht ausgemacht haben. Aber diesmal waren wir es nicht. Das musst du uns glauben." Auch der andere versuchte mir das zu versichern. "Wirklich. Es stimmt." Meinen skeptischen Blick konnten die beiden, wegen der Dunkelheit nicht sehen.
Sachte versuchte ich die Jungs von meinen Armen loszubekommen. Die beiden merkten, dass ich nicht wollte, dass sie mich länger festhalten. Ich wandte mich meinem Handy zu und schaltete erst einmal die Musik aus und die Taschenlampe ein. Jetzt konnte ich auch die beiden Jungs genau erkennen. Jungkook war der mit den schwarzen Haaren und Taehyung der mit den dunkelbraunen Haaren.
Mein Handy zeigte mir einen Haufen Nachrichten an. Eine von meiner Mutter und die anderen aus der Gruppe, wo alle Kinder des Hauses drin waren. Zuerst beantwortete ich die Frage meiner Mutter, ob alles in Ordnung wäre mit "Ja, nur werden hier schon wieder Streiche gespielt". Dann kam die Gruppe dran.
Nach den ersten Sätzen sah ich die beiden jüngeren an. "Ihr habt es geschafft die anderen zu überzeugen, dass sie bei eurem Streich mitspielen?" Die beiden sahen sich fragend und verwundert an und kamen auf mich zu, um ebenfalls die Nachrichten zu lesen.
"Tanzen ohne Licht ist sehr schwierig. Wer von euch hat das Licht ausgemacht?!"
"Ja, auch ohne Licht zu lesen ist nicht einfach. Jungkook? Taehyung? Wart ihr das?"
"Wieso glauben immer alle, dass wir etwas angestellt haben, wenn etwas passiert ist Tae?", fragte Jungkook und sein Freund zuckte nur mit den Schultern und las weiter.
"Unsere Eltern haben mir die Verantwortung gegeben und jetzt fällt das Licht im ganzen Haus aus."
"Viel wichtiger zu fragen ist, ob sich jemand verletzt hat."
Daraufhin verneinten alle, nur die beiden kleinen und ich nicht. Schnell schrieb auch ich etwas. "Die Scherzkekse sind bei mir. Uns geht es auch gut. Sie meinen aber, nichts damit zu tun zu haben. Das wäre auch seltsam, wenn es wahr wäre."
Und weil ich keine Lust mehr hatte, über mein Handy zu schreiben, sondern mit den anderen das Problem persönlich klären wollte, fügte ich noch hinzu: "Können wir uns vielleicht bei irgendwem im Zimmer treffen und so über unser kleines Problem reden?"
Namjoon schlug sein Zimmer vor, weil es ziemlich in der Mitte des Hauses lag. "Ihr kennt den Weg, oder?" Beide nickten. "Dann gehen wir mal zu Namjoon."
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1272 Wörter
Willkommen zu "The Man In The Mirror". Diese Geschichte ist ein wenig an das Horror-Genre angelehnt. Gegen Ende wird es etwas gruseliger, aber das werdet ihr ja dann selbst sehen.
Hoffentlich bleibt ihr weiterhin bei der Geschichte.
~🌹LY🌹~
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The Man In The Mirror
FanfictionMein Blick fiel auf den großen Spiegel. Langsam schlenderte ich auf ihn zu. Eine Sache, die ich sehr an Spiegeln schätze ist, dass sie nicht lügen. Manchmal wünscht man sich, dass das Bild, das man dort drin sieht, anders ist, als es wirklich ist. A...