die 26. Stunde

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Es war Mitte Juli, doch es war kalt, grau und trist.
Der Kamin flackerte, doch es war nicht angenehm.
Sie saßen dort auf dem Sofa, in Decken gewickelt, doch gemütlich oder gar kuschelig war es nicht.
Vielleicht war der Grund, dass beide sich nicht eines Blickes würdigten und beide eiskalt und verbissen auf ihre Bücher starrten, die ihnen vor einigen Stunden noch solch eine Wärme und Zuneigung vorgegaukelt hatten.
Vielleicht lag es auch daran, dass sie nur noch 94 Stunden hatten.
Vierundneunzig Stunden, in denen noch so viel passieren würde. Vierundneunzig Stunden, die die beiden verlorenen Menschen noch zu Leben hatten und Vierundneunzig Stunden die den blonden Jungen und das brünette Mädchen Mädchen verändern würden.
Vielleicht war aber auch Leere, die die beiden Menschen ausfüllte.
Die Leere, die nichts anderes an sie heran ließ - nicht einmal Wärme und nicht einmal Gefühle.
Eis - Eis könnte auch der Grund gewesen sein.
Eis, das in den Blicken von Hermine und Draco lag und Eis, das am Rand der Leere alles gefror, war versuchte, die Leere anzugreifen.

Eigentlich waren ihnen die Lügen der Bücher nie aufgefallen.
Eigentlich hatten beide immer auf die Bücher vertraut, darauf, dass sie einen alles Schlimme vergessen ließen und darauf, dass sie einen behüten würden und einem Geschichten zuflüsterten, wenn man sich selbst keine mehr erzählen konnte.
Doch heute wurden sie ertappt. Sie erzählten keine Mädchen mehr, die einem das Herz auftauten. Sie erzählten Geschichten, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ und sie umarmten einen nicht mehr, sie stießen einen ab und waren nur noch ein Haufen Papier mit Ledereinband.

Doch vielleicht war es die Sonne, vielleicht war es der Regenbogen und vielleicht war es auch das Kaminfeuer, das das Eis langsam schmelzen ließ.

Zumindest lächelte das Mädchen wieder, als sie eines ihrer Lieblingsbücher in einem der vielen Bücherregale liegen sah.
Vielleicht hörte sie auch einfach wieder den Märchen der Bücher zu.
Aber sie lächelte und sie hörte auch nicht auf zu lächeln, als ihr der ehemalige Slytherin einen flüchtigen Blick zuwarf.
Sie lächelte. Sie hörte auch nicht auf, als sich der Tag dem Ende zuneigte und weitere Stunden ihres restlichen Lebens verstrichen.
Sie lächelte und lächelte weiter, als der blonde Junge das Licht für sie anmachte und raus ging.
Auch er lächelte jetzt. Er hatte sich anstecken lassen.
Sie lächelten beide bis sie einschliefen und darüber hinaus.

120 Stunden ~ Dramione Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt