die 69. Stunde

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,, Aber es muss doch einen Weg geben!", sagte der nun so zerbrechlich wirkende junge Mann.
Er schlug mit der Hand gegen die kalte Steinmauer.
Obwohl es Juli war, war es kalt, leer und grau in diesem Haus, in dem zwei Menschen ihr baldiges Ende finden sollten.
Er lief schon seit Stunden durch die endlos wirkende Bibliothekshalle, während sie auf einem der unzähligen Polstermöbeln saß.
Sie überlegten. Sie überlegten fieberhaft, wie sie dort raus kommen könnten, aus dem Gefängnis, das für andere das Paradies bedeutet hätte.
Doch für diese beiden war es ein Gefängnis, eine baldige Grabstädte und ein grauenvoller Ort.
Das Mädchen wippte mit dem Oberkörber vor und zurück und beide waren furchtbar nervös.
Immerhin sollten sie nur noch 51 Stunden leben.
Einundfünzig Stunden, in denen noch so viel passieren würde. Einundfünfzig Stunden, die die beiden verlorenen Menschen noch leben sollten und einundfünfzig Stunden, die den blonden jungen Mann und die brünette junge Frau verändern würden.
Verzweifelt, entkräftet, nervös und nervlich am Ende suchten sie nach einer Möglichkeit, einem Detail, das sie eventuell übersehen hatten.
Aber sie fanden nichts.
,, Können wir es nicht wenigstens mit Zauberei versuchen?", klagte sie. Langsam mischte sich unter die Ansammlung an Gefühlen, die sich in ihm zusammenbrauten auch noch Wut.
Nein, keine Wut auf ihre Einfältigkeit und auf ihre Naivität, eher auf sich selbst, weil er endlich dachte, etwas geschafft zu haben.
Er dachte, dass sie ihm endlich vertraute und sie sich sogar fast angefreundet hatten. Er wollte sie beschützen, wie er es noch nie bei jemandem getan hatte, doch er schaffte es nicht.
Er rutschte an einem der Regale runter und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
Leise, nur geradeso hörbar, flüsterte er:,, Ich hab es doch versucht."
Jetzt konnte er seine Tränen nicht mehr zurück halten und seine Fassde brach. Doch was nützte diese Fassade ihm jetzt noch? Den einzigen Mensche , den er noch sehen würde in seinem Leben war sie. Seine...Was war Sie? Sie war seine Mitgefangene und seine Hilfe und er mochte sie auf eine Art und Weise, die ihm nicht vertraut war, doch er liebte sie nicht. Sie waren keine Freunde. Sie waren anders.
Aber das waren sie sowieso. Sie waren eingesperrt in einem riesigen Haus und fühlten sich doch so unfassbar beengt. Fast so, als wäre ihr ganzes Leben auf einen winzigen Punkt, einen winzigen Augenblick beschränkt. Doch dieser Augenblick dauerte 120 Stunden.
,,Gib mir deinen Zauberstab!", sagte die Hexe und sagte das in einem Ton, der keine Wiederworte zuließ.
Zögernd und vorsichtig zog er seinen Zauberstab aus seiner Tasche und überreichte ihn ihr.
Warum er noch einen hatte, wusste sie nicht. Vielleicht war es sein Vater gewesen, vielleicht seine Mutter oder vielleicht hatte er sich nicht wehren wollen und sie mussten ihm seinen Zauberstab nicht weg nehmen. Vielleicht hatte er sein Schicksal einfach eingesehen und war mit gegangen.
Es war ein schöner Zauberstab. Er war schwarz und glänzte. Er lag gut in der Hand und war weder zu schwer noch zu leicht.
Eigentlich war er perfekt, doch selbst dieser Zauberstab war nicht in Lage den Zauber zu umgehen und sich zu widersetzten.
Er war aus Weißdorn gefertigt, hatte einen Kern aus Einhornhaar und war elf Zoll lang. Er federte gut. Doch er war nicht mächtig genug, um den Zauber zu brechen, der den beiden Menschen, die in ihm gefangen waren, die größt möglichen Probleme bereitete.
Wortlos ging die Hexe auf eine der Türen zu und zog einige Schleifen in der Luft, doch es tat sich nichts. Sie versuchte es erneut und abermals geschah nichts.
Sie versuchte es wieder und wieder und wieder, doch sie hatte sich zu früh gefreut. Sie war eine schlaue Hexe, daran gab es keine Zweifel, doch mächtig genug, war selbst sie nicht.
Sie rutschte die Tür hinunter und weinte leise Tränen.
Doch sie wollte nicht aufgeben, nicht in den letzten 50 Stunden ihres Lebens. Fünfzig Stunden, in denen noch viel passieren würde, fünfzig Stunden, die die beiden verlorenen Menschen noch zu Leben hatten und fünfzig Stunden, die die jungen Menschen verändern würden.

120 Stunden ~ Dramione Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt