Time Leader - Im Land der aufgehenden Sonne

Wirbelwind

                                                                           Kira

Als Kira das nächste Mal die Augen öffnete, war es ungewöhnlich still neben ihr. Wo war der schwarze Lockenkopf mit seinem frechen Grinsen? Sie brauchte erst einen Moment, bis sie sich daran erinnerte, wo sie sich befand. Noch immer leicht schlaftrunken setzte sie sich in ihrem Futon auf und warf die Decke von sich. Warmes goldenes Licht fiel durch die dünnen Reispapierwände in ihr Zimmer; wahrscheinlich war die Sonne gerade erst aufgegangen. Mit einem leichten Seufzer kuschelte sie sich zurück unter ihre Decke. Wenn es erst so früh war, hatte das Aufstehen ja Zeit.

Andererseits...war Zeit nicht das, woran es ihnen vorne und hinten fehlte? Wenn sie jetzt erst einmal wach war, konnte sie ihre Zeit genauso gut produktiv nutzen. Entschlossen stieg sie endgültig aus dem Futon und zog den Kimono an, den die Dienerinnen ihr am Vortag unter lautstarkem Getratsche überlassen hatten. Der grün bestickte Stoff fühlte sich um ein Erhebliches angenehmer an, als die Kleidung, die sie dem wahnsinnigen Händler am Hafen abgekauft hatten.

Als sie fertig umgezogen war, ging sie auf die Hinterwand ihres Zimmers zu, hinter der erste Sonnenstrahlen und Vogelgezwitscher hindurchzudringen versuchten, und zog das Gestell aus Reispapier zur Seite. Zu ihrer Überraschung begrüßte sie der Ausblick auf einen vor Leben strahlenden grünen Garten. Fein zugeschnittene Büsche und Bäume reihten sich aneinander, die riesige Rasenfläche war übersät von den Blüten des großen Kirschbaums, der stolz seine Zweige über den Teich unter ihm reckte. Der Anblick löste eine unerwartete innere Ruhe in ihr aus, als sie sich auf den hölzernen Terrassenvorsprung setzte und die Beine in der kühlen Morgenluft baumeln ließ. Ihr Verstand fühlte sich schon um einiges klarer an, als bei ihrer Ankunft. Angestrengt nachdenkend starrte sie in die Zweige des Kirschbaums. Sie brauchten einen Plan, und das so schnell wie möglich. Sie fühlte sich in der verantwortungsvollen Position, ihrer Reise eine Richtung zu geben. Außerdem hatte sie keine Lust mehr, ständig ohne einen genauen Plan durch irgendeine Zeit zu laufen und darauf zu warten, dass ihr jemand anderes in seinem Handeln zuvor kam. Unwillkürlich dachte sie zurück an den Tod ihres Freundes Ramose. Nie mehr würde sie untätig am Rand stehen, während Malia jemandem etwas zuleide tat.

Ihre erste Priorität waren die restlichen Zeitreisenden. Diese zu finden, war der erste Schritt, den sie zu tun hatten, dessen war sie sich sicher. Da kam es ihnen doch recht gelegen, dass sie in der Burg eines berühmten Samurai wohnten... Auch wenn Intef wahrscheinlich anderer Meinung war, hielt Kira es für einen Glücksfall von dem Masamune Date aufgesammelt worden zu sein. Als Herr einer riesigen Provinz musste er mit Sicherheit einen erheblichen Einfluss haben, den sie für sich nutzen konnten, den nächsten Zeitreisenden zu finden. Jemand, der nicht in diese Zeit gehörte, musste doch auffallen; immerhin war ihre und Intefs Ankunft auch nicht sang- und klanglos an dem Samurai vorbeigegangen, dann musste er also auch wissen, wo sich weitere Ausländer befanden.

Das Einzige Problem, was Kira noch Sorgen machte, war, wie sie den Zeitreisenden vor Malia in Sicherheit bringen konnten...und das rechtzeitig. Wenn sie doch nur mehr Zeit hätten...

Plötzlich schlich sich ein neuer Gedanke in ihre Grübelei. Wie genau waren die Zeitreisenden eigentlich an die Orte und Zeiten gelangt, an denen sie nun verstreut waren? Die Einzige Erklärung, die sie sich dafür geben konnte, war, dass diese Teile der Zeitmaschinen besaßen, die sich selbst aktivieren konnten. Ihre eigene Bronzescheibe war, was Zeitreisen angeht, an die von Malia gebunden und von ihr abhängig. Was, wenn das für die Anderen nicht der Fall war?

Dann hatten sie die Chance, jeden Einzelnen von ihnen rechtzeitig zu warnen und zurück in die Gegenwart zu schicken. Der Plan nahm in ihrem Kopf mehr und mehr Gestalt an. Wenn erst einmal alle Zeitreisenden zurück in der Gegenwart waren, hatte Malia keine Chance mehr, ihnen aufzulauern und-