Intef
Intef prallte hart auf dem Steinboden auf. Seine Rippen fühlten sich an, als würden sie jeden Moment nachgeben. Wie ein wütendes Raubtier sprang er auf und packte die Gitterstäbe der Zelle.
„Das war so nicht abgemacht!‟, schrie er. „Wir hatten eine Abmachung!‟
Doch die Wachen würdigten ihn keines Blickes und knallten die Tür zum Zellengang hinter sich zu.
Intef schrie sich eine gefühlte Ewigkeit die Seele aus dem Leib, doch egal wie zornig er auch in die Dunkelheit hinausschrie, die Tür blieb verschlossen.
Er hätte es wissen müssen. Er hätte wissen müssen, dass er ihn nicht gehen lassen würde. Frustriert stieß er einen letzten Schrei aus, dann ließ er sich auf den kalten Steinboden sinken. Mittlerweile hatte all seine Kraft ihn verlassen. Wo war die Stärke hin, die ihn bei dem Duell durchströmt hatte? Warum hatte er jemals geglaubt, er könne sich aus seiner Gefangenschaft freikämpfen? Warum hatte er jemals gedacht, der Samurai würde sein Wort halten.
Ehrenlos.
Das Wort schwirrte immer wieder in seinem Verstand herum, wenn er an den Kampf zurück dachte. Ein ehrenvoller Krieger hielt sein Wort. Der Daimyo war ein genauso verabscheuungswürdiger Mann wie sein Vater. Sein Vater... Ahmoses Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf. Wie hatte er wieder auf diese Art von Mensch hereinfallen können? Wie hatte er erneut glauben können, dass manche Leute anders wären, ihn nicht enttäuschen würden.
Er stellte sich vor, was sein Vater für ein Gesicht machen würde, wenn er ihn jetzt sähe. Wahrscheinlich würde er ihn verspotten. Wärst du doch Medjai geworden...
Intef fühlte, wie sich die Wut wieder in ihm aufstaute. Wie ein tollwütiges Tier rüttelte er an den Gitterstäben der Zelle. „SCHEIßE!‟
„Bist du jetzt fertig mit Schreien?‟
Überrascht hielt Intef inne.
„Ein geschlossener Mund steht deinem hübschen Gesicht besser, Junge.‟ Wieder ertönte eine Stimme aus der Dunkelheit.
Intef schloss den Mund. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er in die Dunkelheit des Zellengangs, doch konnte er nichts und niemanden erkennen. Wahrscheinlich fing er bereits an, zu halluzinieren.
„Wer ist da?‟, fragte er trotzdem in die Dunkelheit.
„Dein Schatteeeeeeen‟, hallte es wieder.
Der spöttische Tonfall erinnerte ihn an Kira, wenn sie sich über ihn lustig machte.
„Sehr witzig.‟ Er starrte weiter in die Dunkelheit. Erst jetzt leuchtete ihm ein, dass die Stimme aus einer anderen Zelle kommen musste. Ein weiterer Gefangener?
„Hat 'mein Schatten' auch einen Namen?‟
„Warum sollte ich dir meinen Namen verraten?‟, fragte die Stimme zurück.
Auch wenn sein Gegenüber es nicht sehen konnte, zuckte er mit den Schultern. „Weil wir beide Gefangene hier sind. Da kann man sich ja genauso gut bekannt machen.‟
Der anderen Gefangene schien zu zögern. Doch dann antwortete er: „Du zuerst.‟
„Was zuerst?‟
„Deinen NAMEN. Hat Terumoto dir das Hirn rausgeschnitten?‟
Intef spürte, wie die Wut erneut in ihm hoch kroch. „Nur um das klarzustellen, wir haben uns ein Duell geliefert. ICH habe gewonnen und er hat mich trotzdem zurück in meine Zelle geworfen.‟ Intef fühlte sich, als müsste er sich rechtfertigen. Er fühlte sich geschlagen.
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Time Leader - Im Land der aufgehenden Sonne
AbenteuerBand 2 der Time Traveler-Reihe und Fortsetzung zu "Durch den heißen Wüstensand" Kira und Intef treten ihre erste gemeinsame Zeitreise an, um den Tod ihres Freundes Ramose zu vergelten und die restlichen Zeitreisenden vor der rachsüchtigen Mörderin M...