Altes Leben

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Ich nehme das letzte Buch aus meinem Bücherregal und packe es in den Karton der neben mir steht. Mein Zimmer ist kahl, die hellgrauen Wände sind leer. Keines der selbstgemalten Bilder meiner Mutter hängt noch. Alles steckt in Kartons, die ich mit nach London nehmen werde. Seit ich vor 5 Stunden erfahren habe das Maman und Papa getötet wurden, von Voldemort, laufen mir die Tränen ununterbrochen über die Wangen. Sie lassen mich jetzt in dieser nicht gerade glücklichsten und friedlichsten Zeit alleine. Ich schaue aus meinem Fenster und lasse den Blick über das Lavendelfeld draußen schweifen. Ich bin hier großgeworden, habe meine Kindheit und meine Jugend hier verbracht, und jetzt soll ich schlagartig das Land, die Schule und die Freunde wechseln. Aber das soll wohl nun mein Schicksal sein.

Ich stecke noch meine letzten und wichtigsten Habseligkeiten in eine Tasche und gehe mit zwei Kartons ins Schlafzimmer meiner Eltern, was mich einiges an Überwindung kostet. In den einen packe ich Klamotten, von Papa nur die Pullover, aber von Maman nehme ich die Kleider, vier Pullover und ihren Lieblingsumhang. Den Umhang werfe ich mir selber über die Schultern und schließe den ersten Karton. In den zweiten packe ich Mamans Schmuck. Mit dem Rest im Zimmer kann ich nichts anfangen. Noch einmal schaue ich durchs Zimmer und schließe dann die Tür hinter mir. Dann schnappe ich mir meinen Zauberstab und befördere die wenigen gefüllten Kartons nach unten in den Flur.

Im Erdgeschoss bin ich schnell durch, nur ein paar Fotos nehme ich mit. Als ich im Arbeitszimmer meines Vaters vor dem Schrank stehe, den ich nie öffnen durfte, hadere ich mit mir. Vorsichtig und langsam öffne ich die Türen. Ein weißes Kleid, Fotoalben, Schachteln und ein Briefumschlag mit meinem Namen drauf. Mit zitternden Fingern nehme ich den Umschlag und öffne ihn langsam.

Alisson Sophie,

wir werden mit Sicherheit tot sein wenn du diesen Brief liest. Wir wissen, du wirst jetzt sehr traurig sein, aber bitte sei nicht traurig. Wir werden dich für immer über alles lieben. Wir werden nicht bei deiner Hochzeit dabei sein, werden unsere Enkelkinder nie in den Armen halten. Aber, wir werden in deinem Herz weiter leben und wir werden dich immer beschützen.

In Liebe,

Maman und Papa

Die Tränen stürzen erneut in Bächen über meine Wangen und mit zitternden Fingern greife ich nach der kleinsten Schachtel. Ein paar Fotos von mir, mehr ist in der Kiste nicht drin. Ich stelle sie beiseite und nehme eine andere Schachtel. Obenauf liegt ein Foto, aber was mich wundert ist dass das Baby auf dem Bild schwarze Haare hat. Ich hatte doch aber hellblonde Haare. Ich gucke weiter und finde ein Foto von zwei Babys, eines mit hellblonden Haaren, ich, und eines mit schwarzen Haaren, nebeneinander. Auf der Rückseite steht in Mamans ordentlicher kleiner Schrift:

Alisson Sophie Duran *07.06.1980 13:37 Uhr 3345g 51cm 36 cm

Mila Sophie Duran *07.06.1980 13:42 Uhr 3291g 50cm 35,7cm

Unser ganzer Stolz! <3

Das kann nicht sein, Maman und Papa hätten mir doch gesagt wenn ich eine Schwester hätte, aber anscheinend hielten sie es nicht notwendig. Wut mischt sich in die Trauer. Ich kann es einfach nicht fassen, dass meine Eltern mir so etwas verschwiegen haben. Ich hole eine graue Karte, mit dem Foto eines lachenden kleinen Mädchens, aus der Schachtel. Auf der Rückseite der Karte steht:

Mila Sophie Duran *07.06.1980 19.11.1985

Meine kleine Schwester ist tot, genau wie Maman und Papa es jetzt sind. Ich lege beide Bilder zurück in die Schachtel, öffne einen der Umzugskartons und stelle die Kiste hinein. Die Schachtel mit den Hochzeitsfotos meiner Eltern und Mamans Brautkleid lasse ich an Ort und Stelle. Irgendwann werde ich hierher zurückkehren. Dann schließe ich den Schrank und gehe mit dem Karton in den Flur. Ich wische mir einmal mit dem Ärmel übers Gesicht und sehe auf meine Uhr. In zwei Minuten beginnt mein neues Leben. Plötzlich taucht vor mir eine Hexe, mit blasser Haut und pinkfarbenen Haaren, auf. „Ich nehme an du bist Alisson!" Ich nicke. „Ich bin Nymphadora Tonks, aber ich bevorzuge es mit meinem Nachnamen angesprochen zu werden, also einfach nur Tonks. Du hast alles?" Ich nicke wieder. „Wollen wir los?" „Ja. Ich will nur noch einmal in den Garten." „Geh ruhig. Ich kümmere mich in der Zeit um deine Sachen." Ich laufe zur Hintertür, öffne sie mit einem Schwenk meines Zauberstabs, knie mich auf den Rasen und streiche darüber. Dann nehme ich einen kleinen Beutel aus meiner Hosentasche und reiße ein Paar Lavendelblüten ab welche in den Beutel lege. Dieser kleine Beutel wird für mich immer Heimat bedeuten, denn Frankreich ist und bleibt meine Heimat und wird es auch immer bleiben. Ich gehe wieder rein und stelle fest dass meine Sachen bereits verschwunden sind. „Halt dich an meinem Arm fest. Wir werden apparieren und zwar zu dem Haus wo du wohnen wirst bis Hogwarts losgeht. Du wirst bei Remus und mir wohnen, ich hoffe das ist OK für dich." Ich nicke zum dritten Mal. „Eine Sache noch Tonks. Ich werde Hogwarts nicht als Alisson Sophie Duran besuchen sondern als Alisson Mila Grey. Ich möchte nicht dass man mich so einfach finden kann wenn man mich als Alisson Sophie kannte. Ab jetzt bin ich also Alisson Mila und Alisson Sophie ist nur noch der kleine Teil der Beauxbatons nach trauert." Tonks nickt. „Na dann, Alisson, oder warte ich nenn dich einfach Ally. Alisson Sophie bleibt unser Geheimnis." Ich nicke und greife nach ihrer Hand die sie mir hinhält. Ich glaube ich könnte mich an sie und an meinen neuen Spitznamen gewöhnen.

IN HER EYES-TEIL 1-GERMANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt