Elfenmond

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Der Vollmond lies sein kühles Licht über die sich scheinbar endlos hinstreckenden Dächer der Stadt Arwana scheinen und nur vereinzelt waren ein paar Wolken am Himmel zu sehen. Nur eine Hand voll Menschen wagte sich zu dieser Stunde noch aus ihren Häusern, da sich die frühere Hauptstadt des Reiches Soleria zu der Hauptstadt der Diebe, Schwarzmarkthändler und Assassinen entwickelt hatte.
Auf einem Dach, auf das kein Strahl des kühlen Lichts fiel kauerte ein junger Elf. Er strich sich eine Strähne seines Schulterlangen schwarzen Haares aus dem Gesicht. Sein Körper war bis auf den letzten Muskel angespannt und jeder Nerv war darauf ausgerichtet die kleinste Veränderung in seiner Umgebung wahrzunehmen. Auf seinem Rücken waren zwei Schwerter befestigt, welche beide leicht gekrümmt und mit kleinen Widerhacken an ihren Innenseiten bestückt waren. Die Schwerter glichen sich bis in das kleinste Detail. Der einzige Unterschied lag darin, dass das Eine schwarz war, während das Andere weiß war. Zusätzlich zu den beiden Klingen waren noch ein sehr eleganter Bogen und ein Köcher an seinem Rücken festgeschnallt. An seinem Gürtel hingen auf jeder Seite ein Dolch und mehrere Wurfmesser. Außerdem hatte er an Schnallen um seine Beine und Arme weitere Messer befestigt. Seine Kleidung bestand aus einem sehr leichten aber Robusten schwarzen Stoff und seine Stiefel waren wie dafür gemacht sich lautlos fortzubewegen.
Der Elf sog ein letztes Mal die kühle Nachtluft ein, dann zog er sich die Kapuze seines Umhangs über den Kopf. Genau in dem Moment, als sich eine Wolke vor den Mond schob und die Stadt in völlige Dunkelheit getaucht wurde sprintete er los. Mit einem eleganten Sprung sprang er auf das nächste Dach. Als die Wolke an dem Mond vorbeigezogen war, hatte der junge Elf bereits sein Ziel erreicht. Er kauerte nun auf einem Dach direkt vor den Mauern des großen Schlosses, das sich genau in der Mitte der großen Stadt befand. Es war das letzte Gebäude der Stadt, das noch von der Dunkelheit verschont geblieben war, die sich immer mehr in Arwana ausbreitete. Beinahe alle Adligen, die behaupteten über die Stadt zu herrschen lebten in dem riesigen Bauwerk, dass vor vielen Jahren noch der Sitz der Königsfamilie von Soleria gewesen war. Obwohl die Verteidigung des Schlosses nicht mehr mit dem damaligen Standard zu vergleichen war, wagten es nur die wenigsten Diebe und Assassinen in das Schloss, das gesichert war wie eine Festung, einzudringen und keiner von denen, die es gewagt hatten, hatte den Besuch darin überlebt.

Der Elf hatte sich seit Tagen auf seinen Einbruch in das Schloss vorbereitet. Er war hier um einen jungen Lord das Leben zu nehmen. Seine Auftraggeber hatten bereits viele andere Auftragsmörder auf diese Aufgabe angesetzt. Die meisten von ihnen hatten sofort abgelehnt, da der Adlige das Schloss niemals verließ. Nachdem beinahe zwanzig, die den Auftrag angenommen hatten daran gescheitert waren, waren sie schließlich auf den Elfen zugekommen. Der, obwohl er wusste, dass es Wahnsinn war anzunehmen, eingewilligt hatte. Er hatte schon viele Aufträge erfüllt, an denen andere Verzweifelt waren und von denen gesagt wurde, dass sie unmöglich zu erfüllen wären.
Bei seinen Auftraggebern handelte es sich um die wahren Herrscher. Jeder der sich ihnen in den Weg stellte wurde beseitigt. Die Hohepriester von Kashur waren nicht bereit ihren Einfluss über die Stadt und die Länder die es umgaben den Adligen zu überlassen. Beinahe das gesamte Land südlich von Arwana verehrte den Gott, um den die Hohepriester ihren Orden aufgebaut hatten, während die Länder der Elfen und Zwerge, die nördlich von Arwana lagen immer noch an dem Glauben an ihre eigenen Göttern festhielten.
Die Hohepriester akzeptierten keinen Mann des Adels in ihrer Stadt, der sich nicht ihrem Kult verschrieben hatte und genau deswegen war der junge Elf nun hier. Zwar verachtete er den Gott Kashur und seine Anhänger, jedoch nahmen die Ordenspriester dies hin, da er ihnen schon oft von Nutzen gewesen war und bereit war Aufträge von ihnen anzunehmen, solange die Bezahlung stimmte. Er zweifelte jedoch nicht im Geringsten daran, dass die Priester versuchen würden ihn, sobald er ihnen nicht mehr von Nutzen war, umzubringen.
Die Kashurkirche arbeitete schon seit Jahren im Verborgenen mit dem Abschaum der Stadt zusammen und festigte dadurch ihre Macht. Nach außen hin schien es als verlange die Kirche nach Frieden und Gerechtigkeit, doch in Wirklichkeit ging es ihnen nur um Einfluss und Reichtum.

Der Elf sah sich genau um, bevor er vom Dach auf die Straße hinuntersprang. Danach rannte er auf die Mauer zu und lief daran hinauf. Gerade als die Schwerkraft ihn wieder nach unten ziehen wollte, bekam er mit seinen Händen die Kanten der Mauer zu fassen. Er stieß sich genau im richtigen Moment ab und schwang mit einem Salto über die Stacheln, die auf der Mauer zur Abwehr von Eindringlingen befestigt waren. Ohne ein Geräusch zu verursachen landete er im weichen Gras. Bedächtig und doch schnell schlich er immer näher auf das Schloss zu. Jeder seiner Sinne war darauf ausgerichtet eine herannahende Wache frühzeitig wahrzunehmen, doch er überwand die Strecke ohne auf Probleme zu stoßen. Er kletterte geschickt die Außenwand hinauf, bis er einen kleinen Balkon erreicht. Der schwarzhaarige Elf wusste, dass die eigentlichen Schwierigkeiten erst jetzt beginnen würden. Um in das Schloss eindringen zu können musste er zunächst ein Geflecht aus Magie außer Kraft setzen. Das magische Feld, das das Schloss umgab, bestand aus mehreren ineinander verwobenen Bannzaubern. Wurde einer außer Kraft gesetzt aktivierten sich die Anderen. Der Elf tastete mit seinem Gespür bedächtig die Zauber ab und fluchte leise. Noch nie hatte er so ein mächtiges Kraftfeld durchdringen müssen. Einige der Banne verursachten sofort den Tod, wenn man mit ihnen in Berührung kam, während andere nur die Wachen verständigten. Der Elf wusste, dass seine Mission enden würde, wenn er jetzt auch nur einen einzigen Fehler machen würde. Selbst wenn er keinen Fehler machte, der ihm das Leben nehmen würde, wäre es eine Katastrophe, wenn die Wachen bereits zu diesem Zeitpunkt von seiner Anwesenheit erfahren würden.
Er schloss die Augen und begann das Geflecht der Magie langsam zu entwirren. Sein Ziel war, nur ein kleines Loch im Kraftfeld zu erschaffen, denn wenn er das komplette Feld außer Kraft setzen würde, würden die Hofmagier sofort wissen, dass etwas nicht stimmte. Dies hätte wiederum eine Alarmierung der Wachen zu folge.
Einen Bann nach dem anderen entwirrte der junge Elf, doch er wartete noch damit sie endgültig zu zerbrechen. Es benötigte höchste Konzentration und eine gewaltige Kraft, die entwirrten Banne im Geiste festzuhalten. Der Elf war bei dem letzten Bann angekommen und spürte, dass seine Kraft langsam zur Neige ging und er dabei war die Kontrolle zu verlieren. Mit einem letzten Kraftakt flüsterte er: „Merio da eros diwa nos darwä.“ Im nächsten Moment spürte er die Übelkeit in sich aufsteigen, als die Magie, die die Banne für einen kurzen Zeitpunkt, an dieser Stelle brach, ihren Tribut forderte. Doch der Elf ließ sich davon nicht beirren und schlüpfte schnell durch das Loch in der magischen Barriere, bevor es sich wieder schließen konnte. Erst als er unbeschadet hindurch war, war er sich sicher, dass er keinen Fehler gemacht hatte. Er lehnte sich kurz gegen eine Wand um wieder zu Atem zu kommen. Danach lief er lautlos durch die Gänge des Schlosses. Immer wieder musste er innehalten und sich in dunkle Ecken drängen, um zu verhindern, dass die patrouillierenden Wachen ihn entdeckten, doch schließlich schaffte er es völlig unbemerkt die Schlafgemächer des Lords zu erreichen. Mit einem einfachen Zauber ließ er den Riegel des Schlosses zurückschnellen und betrat den Raum.
„Was soll das? Wer stört meinen Schlaf?“ fragte der Lord, der durch das klicken des Türriegels wach geworden war.
Verdutzt sah er den Elfen an. Als ihm klar wurde, dass ein Assassine vor ihm stand weiteten sich seine Augen voller Furcht. „Du musst das nicht tun. Ich bezahle dich besser als deine Auftraggeber“, versuchte er um sein Leben zu betteln.
„Das Geld interessiert mich nicht“, gab der Elf mit einer völlig emotionslosen Stimme zurück.
„Jeden interessiert Geld. Warum wärst du sonnst hier?“
„Das Geld ist nur ein netter Beigeschmack. Es ist der Nervenkitzel weshalb ich hier bin.“
Der Elf bewegte sich auf den Mann zu und zückte seinen Dolch.
„Wer bist du, dass du es geschafft hast die Sicherheitsbarrieren zu umgehen und den Wachen auszuweichen?“
Der Elf hielt inne und grinste spöttisch ehe er antwortete: „Dein Leben ist verwirkt. Was interessiert es dich, wie der Name deines Mörders ist. Aber wenn es dir so leichter fällt, dich von deinem Leben zu verabschieden, werde ich dir deine Frage beantworten … mein Name ist Serafin du Kandria. Doch hier bin ich nur unter dem Namen Fin bekannt.“
Der junge Lord starte ihn mit großen Augen an. Du Kandria war der Nachname des Königshauses des Elfenlandes Iskandria. Und wenn er sich recht erinnerte war Serafin der Name des älteren Prinzen, der vor einigen Jahren, wenn man den Gerüchten glauben konnte, in Ungnade gefallen war und seitdem spurlos verschwunden war. Tausende von Fragen brannten den Lord auf der Zunge. Doch als der Elf sich wieder auf ihn zubewegte, gewann die Todesangst die überhand. „Wachen“ schrie er voller Verzweiflung.
In diesem Moment flog die Tür auf und neun Wachmänner stürmten in den Raum. Fin fluchte. Der junge Lord lächelte siegessicher und verkündete: „Da eher du es bist der die heutige Nacht nicht überlebt ist es sehr interessant deinen Namen zu erfahren. Deinen Vater wird es sicher sehr interessieren, wie sein Sohn sein Ende fand.“
Über Fins Gesicht huschte ein düsteres Lächeln und er erwiderte: „Ich habe vor heute zu überleben und es ist mir ziemlich egal, was mein Vater von mir denken mag.“
Daraufhin wirbelte er herum und seine blauen Augen blitzten auf, als er ein Wurfmesser aus seinem Gürtel zog und losrannte. Er sprang vom Boden ab und durch ein Fenster, dessen Glas klirrend zersplitterte, als er hindurchflog. Mitten im Sprung vollführte er eine Drehung, in welcher er das Messer warf. Dieses flog auf den Lord zu und traf ihn mitten in die Kehle ihm. Nach einen kurzem Röcheln und jeder Menge verlorenem Blut sackte er tot auf seinem Bett zusammen.
Fin fiel mit dem Rücken voran auf den Boden zu. Gerade noch rechtzeitig schaffte er es die Kontrolle über seinen Sturz zu gewinnen und sich zu drehen. Dadurch konnte er sich bei seinem Aufprall auf dem Boden abrollen und schlimmere Verletzungen vermeiden. Trotzdem jagte der Aufprall ihm einen Schmerzensschauer durch den Körper. Ungeachtet dessen sprang er auf und begann zu laufen. Doch die Alarmglocken des Schlosses hatten bereits zu schlagen begonnen und er rannte direkt in die Arme einer Patrouille von fünf Wachleuten. Fin bremste schlitternd ab, während die Wachen auf ihn zu rannten. Als sie ihn fast erreicht hatten, zog er seine Schwerter.

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Hallo zusammen. ❤ Wie ihr seht, die Geschichte um Lyndis macht eine Pause, während derer wir uns mit Fin vergnügen. 😉 Aber keine Angst, Lyndis taucht wieder auf. Viel Spaß weiterhin. 😼

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 28, 2018 ⏰

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