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Ein unsanftes Ruckeln reißt mich aus dem Schlaf. Orientierungslos blinzele ich, reibe mir über die Augen und sehe mich um.

Ich sitze in Davids Wagen, draußen ist es immer noch dunkel und wir fahren mittlerweile über eine Landstraße.

„Was war 'n das?", nuschele ich. Davids Blick flitzt kurz zu mir, richtet sich dann wieder auf die verlassene Straße.

„Ein Schlagloch. Kannst weiter schlafen", meint er ruhig. Das Radio hat er ausgeschaltet, vorhin haben wir noch trashige Mucke aus den Neunzigern gehört. Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein.

„Hast du 'ne Decke?", frage ich gähnend.

Er sieht in den Rückspiegel und nickt. „Im Kofferraum."

Weil wir wirklich alleine auf der Straße sind und neben uns nur Feld und ein angrenzender Wald, fährt er rechts ran.

„Ich mach das schon", sagt er, als ich meine Schuhe anziehen will, steigt aus dem Wagen und verschwindet kurz. Na ja, kurz ist eigentlich was anderes. Er braucht ganz schön lange.

„David?", rufe ich ihn irgendwann, aber da er nicht antwortet und ich ein ungutes Gefühl im Bauch habe, öffne ich die Beifahrertür, um doch auszusteigen.

Dass David sie gerade ebenfalls aufziehen wollte, habe ich nicht gesehen. Wie ein getroffener Hund jault er auf.

Fuck, ich hab ihm die Tür direkt ins Gesicht gebrettert!

„Scheiße, tut mir leid", entschuldige ich mich erschrocken, schnalle mich ab und stolpere aus dem Wagen. David hält sich die Nase, die angefangen hat zu bluten. Und bluten ist noch stark untertrieben – es schießt nur so aus ihm heraus. „Ich hab dich nicht gesehen. Oh Mist, das war wirklich nicht mit Absicht!"

Er versucht das Blut mit den Händen aufzufangen, warum auch immer er das tut, doch es strömt ihm förmlich durch die Finger.

Gut gemacht, Isa, voll auf die Zwölf.

„Wieso hast du denn die Tür aufgemacht?", fragt er näselnd und ziemlich vorwurfsvoll.

„Du hast so lange gebraucht und ich hab dich in der Dunkelheit nicht gesehen", erkläre ich mich kleinlaut, gehe auf ihn zu und lege ihm hilflos eine Hand auf den Arm. „Ich...äh...oh verdammt, ist das viel Blut", murmele ich.

„Im Handschuhfach sind Taschentücher", meint David, dem das Blut mittlerweile auf den Pulli tropft.

„Ich glaube, Taschentücher reichen da nicht aus", meine ich und ich weiß nicht warum, weil das wirklich nicht lustig ist, aber ich muss mir ein Lachen verkneifen, das plötzlich in mir aufkommt.

„Lachst du mich gerade aus?", fragt er irritiert.

„Nein", sage ich schnell und beiße mir mit aller Kraft auf die Wange.

„Tust du wohl!", sagt er anklagend. „Ich fass' es nicht."

„Entschuldige!" Und dann kann ich es nicht zurückhalten. Wir stehen mitten in der Nacht auf einer, abgesehen von uns, menschenleeren Straße, ich habe David vermutlich soeben die Nase gebrochen und mir fällt nichts anderes ein, als zu lachen.

„Jetzt hol mir schon Taschentücher, damit ich nicht das Auto vollblute", fährt er mich an, doch erstaunlicherweise höre ich ein Lächeln in seiner Stimme, als ich mich schnell umdrehe, auf die Rückbank klettere und ein T-Shirt aus meiner Tasche fische.

„Ich glaube, das hier ist besser", meine ich und drücke ihm mein Shirt auf die Nase, woraufhin er nochmal schmerzvoll aufzischt.

„Entschuldige", sage ich immer noch um Contenance kämpfend. Keine Ahnung, was in mich gefahren ist. Ich greife nach seinem Unterarm und führe ihn zu seinem Wagen.

IsabellaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt