Elf.

1.5K 69 5
                                    

Es dauerte bis zum nächsten Abend, bis Cecilia es geschafft hatte ihre Brüder ohne Katherine abzupassen und sie zum Tee zu überreden. Davor hatte sie mit eher mäßigen Erfolg versucht, den Geschmack der zarten violetten Blume mit anderen Kräutern zu überdecken, ohne selbst davon kosten zu müssen. Sie hätte schwören können, dass ihr schon allein vom Geruch übel geworden war und sie wollte nicht riskieren sich übergeben zu müssen. Nun zögerte sie die Einnahme soweit heraus, wie es ihr möglich war.  Zuvor hatte sie gedacht, dieses Gefühl käme vom stickigen, fensterlosen Keller. Sie wurde eines besseren belehrt.
Nachdem sie sichergestellt hatte, dass sowohl Damon als auch Stefan ihren Tee getrunken haben, während sie sich mit einer heißen Zitrone zufrieden gab, wollte sie sich auf zu ihrem Vater machen, um ihn Bericht zu erstatten. Auf halben Weg kam ihr Charlotte entgegen, die ihr seltsam tonlos erklärte, dass ihr Vater vor einigen Stunden das Haus verlassen habe und sie selbst nun ebenfalls gehen müsse. Dann erinnerte sie Cecilia noch einmal darin, dass es ihr hingegen nicht gestattet war das Haus zu verlassen. Auf den Hinweis, dass es dann doch auch nicht ratsam war selbst hinauszugehen, antwortete Charlotte nicht. 

Und so fand sie sich wenig später in ihrem Schlafzimmer wieder. Allein. Während draußen Männer Befehle brüllten, Jungs und Mädchen in gleichermaßen hohen Tönen vor Angst schrien. Nicht, dass sie unbedingt bei ihnen sein wollte, aber hier untätig herumzusitzen schien ihr ebenso wenig erstrebenswert.
Ihre Gedanken wanderten zu Kol. Ehrlich gesagt hatte sie keine Ahnung wo dieser überhaupt war. Falls sich dieser aus dem Staub gemacht hatte, konnte sie es ihm nicht verübeln. Diese Stadt war verflucht, daran zweifelte Cecilia nicht.
Sie fragte sich, ob sie Katherine bereits in Gewahrsam genommen haben, während sie selbst nervös vor ihrem Bett hin und her lief. Cecilia verdrehte die Augen und wollte sich selbst tadeln. Sie würde nicht über jemanden wie Katherine Pierce nachdenken, hätte sie nicht bereits eine Gefühlte Unendlichkeit in ihrem Zimmer verbracht. Zum ungefähr einhundertsten Mal trat sie zum Fenster. Der dichte Rauch, der von verschiedenen Feuern kam, lies sie nicht wirklich etwas erkennen. Die Silhouetten, die sich ab und zu von ihrem nebeligen Hintergrund abzeichneten, hätten sowohl zu einem ihrer Brüder, als auch zum alten Bürgermeister Lockwood gehören können. Nicht einmal ihren Verlobten hätte sie in dieser Brühe erkannt.
Ihr Weg führte sie erneut vom Fenster weg, an ihrem Bett entlang und zur Tür, auf desses Klinke sie ihre Hand legte, dann aber zögerte. Wo hatte sie vor hinzugehen? Nach draußen? Sie war gerade einmal sechzehn Jahre alt, weder sonderlich groß noch kräftig. Sie wäre alles andere als eine Hilfe. Also lies sie ihre Hand seufzend wieder an die Seite fallen, machte auf dem Absatz kehrt und lief wieder zurück.
Es dauerte, bis Cecilia sich selbst fragte, wie lange es wohl dauern, bis sich eine Furche in dem Weg bilden würde, als Kol Mikaelson lautlos wie ein Geist hinter dem Mädchen auftauchte und sie beinahe zu Tode erschreckte.
Dieser hatte tatsächlich den Nerv leicht zu grinsen und sich - mehr oder weniger entschuldigend- mit der Hand durch die Haare zu fahren.
"Mein Glück, dass du nicht bewaffnet bist, nicht wahr, Liebes?"
Damit hatte er Recht. Bevor sie den jungen Mann erkannt hatte, hatten ihre Augen bereits den Raum nach brauchbaren Gegenständen abgesucht, die sie dem Eindringling an den Kopf hätte werfen können. Ihr Favorit war die Gaslampe gewesen, die sich auf ihrem Schreibtisch in gefährlich greifbarer Nähe befand. Allerdings war sie trotzdem zu langsam für Kol gewesen, der sich gekonnt zwischen sie und potentieller Waffe positionierte.
"Hey, du darfst jetzt gerne wieder atmen!", meinte Kol, immer noch offensichtlich amüsiert.
Hatte er nichts von dem mitbekommen, was draußen vor sich ging?
Cecilia hatte nicht bemerkt, dass sie die Luft anhielt und lies sie jetzt mit einem erleichterten Seufzer entweichen, während sie ihrem Verlobten um den Hals fiel.
Wenigstens war sie nun nicht mehr allein.
"Meine Güte, Kol, was zur Hölle geht da draußen vor sich?"
Als sie sich von ihm löste, sah sie ihn das erste Mal ernst.
"Ich denke, dass Hölle ein durchaus treffender Begriff ist", meinte er langsam, jedes seiner Worte mit bedacht wählend. Dass er damit Recht hatte, gefiel ihr ganz und gar nicht.
"Wie bist du in dem ganzen Chaos überhaupt hereingekommen?"
"Dein Vater schickt mich. Wir müssen gehen. Deine Tante wird in einigen Augenblicken zu uns stoßen", erklärte er, die Augen beinahe schmerzhaft zusammengekniffen.
Er streckte die Hand nach Cecilia aus, die sie zögernd nahm. Sie erinnerte sich an das Eisenkraut, dass sie eigentlich einnehmen sollte.
"Woran denkst du, Liebes?"
Sie seufzte. Es machte jetzt sowieso keinen Unterschied mehr, ob er sie für verrückt hielt oder nicht.
"Mein Vater hat mir Eisenkraut gegeben, das ich als Tee schon vor Stunden hätte zu mir nehmen sollen. Meine Brüder haben es bereits."
Kol rümpfte die Nase, nickte dann aber. Das erklärte Katherines Abwesenheit. Ein Problem weniger, um das er sich kümmern musste.
"Hast du davon schon mal gekostet? Das Zeug ist grässlich!", meinte er und versuchte dabei sein Grinsen aufrechtzuerhalten.
Sie schüttelte mit dem Kopf. Wieder nickte der junge Mann. Wenigstens spielte ihm das in die Karten.
"Na dann bringen wir es hinter uns!"
Er lies ihre Hand los und bot ihr stattdessen den Arm an.
Während er sie die Treppe hinunterführte, schien er beinahe belanglos zu erzählen: "Weißt du was? Warum lässt du mich den Tee nicht zubereiten? Ich kenne da ein paar Kniffe, um das Ganze erträglicher zu machen."
"Was? Das Eisenkraut in den Müll zu werfen und durch Minze zu ersetzen?", lachte sie, unwissend, dass dies ziemlich genau sein Plan war.
Kol führte sie in den Salon, bat sie dort einen Moment auf sie zu warten, während er in der Küche verschwand. Er roch das brennende Kraut bereits beim Betreten, ignorierte es aber. Cecilia würde sowieso keine Zeit mehr haben danach zu suchen.
Stattdessen nahm er Brennnesseln und getrocknete Minze von dem Ständer, an dem Sie kopfüber hingen und setzte das Wasser auf. Aus der Tasche seines Mantels holte er außerdem eine kleine Ampulle, dessen Flüssigkeit er in beide Tassen goss. Der Gedanke daran sein eigenes Blut zu trinken, war nicht unbedingt der schönste, die Sache zu vermasseln, weil er seiner Verlobten die falsche Tasse anbot, gefiel ihm allerdings noch weniger.
Das Pfeifen der Kanne war für ihn unfassbar laut. Er hatte nicht gemerkt, wie unglaublich angespannt er eigentlich war.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Cecilia Salvatore die Tasse endlich an ihre Lippen hob. Sie schien durstig. So dauerte es nicht lange, bis sie ihren Tee getrunken hatte.
"Und du bist dir sicher, dass du das Eisenkraut nicht aus Versehen weggeschüttet hast?", spaßte sie.
"Vertraust du mir etwa nicht?"
Bevor das Mädchen antworten konnte, klopfte es an der Tür.
"Das wird deine Tante sein", meinte Kol und stand selbst auf, um die Tür zu öffnen, nur für den Fall, dass dem nicht so war.
Fiona Salvatore schien noch dunkler gekleidet zu sein, als sonst. Falls das bei ihrer Garderobe überhaupt möglich war. Vielleicht war es auch der ernste Gesichtsausdruck, der tiefe Furchen in ihre Haut geschlagen hatte, der dies anmuten lies.
"Ist sie soweit?"
Fionas Stimme war tonlos. Kol nickte stumm.
Die beiden standen mit dem Rücken zu Cecilia, sodass sie nicht sah, was ihre Tante ihrem Verlobten in die Hand drückte.
"Dann sollten Sie sich verabschieden", meinte sie, etwas lauter.
Cecilia runzelte die Stirn. "Kommst du nicht mit? Ich dachte-"
Sie unterbrach sich selbst, als Kol ihr Gesicht in seine Hände nahm und sie ansah. Er wartete, bis sie sich entspannt hatte und er endlich selbst das Gefühl hatte, sie manipulieren zu können.
"Hey, ich will das du ruhig bleibst. Du musst mir jetzt zuhören, okay? Ich liebe dich, das musst du wissen. Aber das, was jetzt gleich passiert, das musst du vergessen."
Er hatte Mühe, sich selbst einzureden, dass er das wirklich wollte. Sie gehen lassen.
Kol wartete einen Moment ab, bis er sich sicher war, dass es funktioniert hatte. Nachdem er ihr einen letzten Kuss auf die Stirn gegeben hatte, lies ihr Gesicht los, und fuhr mit seinen Händen stattdessen ihre Schultern und ihre Arme entlang. Mit einer einzigen gekonnten Handbewegung, hatte er ihr den Ring vom Finger gestrichen. Stattdessen legte er ihr die Kette um den Hals, die Fiona ihm gegeben hatte.
Den Anhänger hatte ihre Tante drei Mal anfertigen lassen. Seit sie Katherine Pierces Intention erkannt hatte, wusste sie, dass auch ihre Neffen nicht mehr ohne Lapis Lazuli auskommen würden. Und so hatte sie Emily Bennett gezwungen, neben den zwei Ringen noch eine Kette zu verzaubern. Das gleiche Emblem nur mit einem großen C in der Mitte.

Cecilia blinzelte. Kol hatte sich in sicherer Entfernung hinter sie gestellt. Sie sah ihn nicht mehr. Er sollte ihr nicht mehr in den Sinn kommen. Nicht für das nächste Jahrhundert.
Fiona streckte die Hand nach ihrer Nichte aus und lächelte dieser zuversichtlich zu: "Komm Kind. Es wird Zeit zu gehen."

~~~

Moin!
Ich hab im Moment eigentlich viel zu viel mit Klausuren zu tun.
Versuche wieder mehr zu schreiben, wenn die Uni wieder losgeht (:
Lasst gerne Feedback da!

Anomalia ||Kol Mikaelson||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt