Epilog.

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Cecilia wollte nicht reden. Und das schon seit Tagen nicht. Stattdessen saß sie fast ausschließlich auf der Veranda des Anwesens und vegetierte vor sich hin. Stand nur auf, wenn ihre Brüder sie darauf aufmerksam machten, dass sie Nahrung zu sich nehmen müsse. Sie schlief nicht. Jedes mal wenn sie die Augen schloss, sah sie Kol. Und das wollte sie genauso wenig, wie herauszufinden, ob die Hexen ihr Wort gehalten hatten. Sie könnte es nicht ertragen, wenn dem nicht so wäre.

Auch als sich am dritten Tag jemand zu ihr auf die Steintreppe setzte, machte sie sich nicht die Mühe, sich umzudrehen. Die Sonne war sowieso gerade am Untergehen, so dass sie nicht viel gesehen hätte.
"Bruder", fing sie an, da sie nicht wusste, um welches ihrer beiden Geschwister es sich handelte, "Ich hab wirklich keinen-"
"Nicht ganz", wurde sie unterbrochen. Ihr Kopf fuhr nun doch zu der Person neben ihr herum.
"Klaus?", stellte sie fest. Das erste Mal lag anstatt der Tonlosigkeit nun Verwunderung in ihrer Stimme.
"Der einzig Wahre", meinte er und lächelte leicht. Klaus Mikaelson sah fast genauso schlimm aus, wie Cecilia sich fühlte. Er war blass, hatte nicht geschlafen und seine Augen waren blutunterlaufen.
Klaus griff hinter sich und reichte ihr einen Becher Blut mit den Worten "Ist noch warm."
"Will ich wissen, wo du das her hast?"
"Von niemandem, der in einem Radius von fünfzig Meilen von Mystic Falls wohnt."
Bevor er ihr geantwortet hatte, hatte Cecilia den Becher bereits geleert. Sie hätte es niemals zugegeben, aber sie schätzte Klaus' Anwesenheit in diesem Moment, auch wenn sich diese nur durch Stille äußerte. Nicht allein mit ihren Gedanken zu sein, tat ihr gut.
Es dauerte eine Weile, ehe Klaus diese Stille unterbrach. "Weißt du, ich habe auch einen Bruder verloren."
"Ach was", fing sie erst im üblich schnippischen Tonfall an, besinnte sich dann aber schnell eines besseren. "War-war er bei dir?", fragte sie schließlich zögerlich. Im Nachhinein kam ihr der Gedanke, dass sie sich mit einem Geist nicht nur unterhalten, sondern auch berührt hatte, ohne ihn herbeigerufen zu haben, ziemlich blöd vor.
Aber Klaus nickte. "Und seine exakten Worte waren: 'Lass Cecilia nichts dummes machen, Nik oder ich schwöre, ich werde einen Weg finden, dir - auch von hier aus - das Leben zur Hölle zu machen.'"
Sie lachte bitter auf. "Das hör' ich nicht zum ersten Mal."
"Vielleicht solltest du dann ausnahmsweise mal versuchen, das Ganze in die Tat umzusetzen. Ich habe nämlich keine tragische Verabschiedung bekommen und ich will nicht, dass Kol sich bei mir verabschiedet in dem er seine Hexenfreunde bittet, meinen Tageslichtring außer Kraft zu setzen. Bitte, lass meinen Bruder nicht umsonst gestorben sein."
Cecilia zog die Augenbrauen in die Höhe. "Hört hört, Klaus Mikaelson hat gerade tatsächlich um etwas gebeten, anstatt Anweisungen durch die Gegend zu brüllen." Erneut lachte sie. Diesmal war sie aber offensichtlich amüsiert.
"Gewöhn' dich nicht dran. Außerdem wird dir das sowieso niemand glauben."
Cecilia Salvatore lachte gerade ernsthaft zusammen mit Klaus Mikaelson. Gerade in dieser Situation hätte das wohl nie jemand geglaubt.
Irgendwann wurde sie wieder ernst. "Was wirst du jetzt tun?"
Der Hybrid sah sie an. "Ich gehe zurück nach New Orleans. Ich  Das was von meiner Familie noch übrig ist, wird mich hoffentlich begleiten. Wir haben da noch einiges an offenen Rechnungen zu begleichen."
"Hoffentlich? Du wirst also keinen von ihnen in Särgen durch die Gegend karren?"
Statt einer belustigten Antwort bekam sie nur ein kurzes Kopfschütteln. Dann schien er zu überlegen, ehe er in die Tasche seines Jacketts griff und ein Stück Papier hervorholte und reichte es Cecilia.
Auf dem Zettel standen in Klaus' geschwungener Handschrift mehrere Zahlen. Eine Handynummer.
"Falls du irgendetwas brauchst, ruf mich an. In Notfällen. Ich weiß sehr wohl wie man sich eine neue Nummer zulegt."
Sie blickte von dem Papier auf und Klaus in die Augen. Die einzige Antwort, die er zu erwarten schien, war, dass Cecilia das Blatt sofort in der Luft zerriss. Umso erstaunter war er als sie leise
"Dankeschön", erwiderte, den Zettel faltete und sich in die Tasche ihrer Jeans steckte.

Zwischen den beiden war alles gesagt. Deshalb stand Klaus auf und reichte Cecilia die Hand, die sie entgegennahm, so dass der Hybrid sie von den Steintreppen hochziehen konnte. Sie betraten das Haus durch die Verandatür, die tatsächlich verschlossen war. Ihre Brüder mussten wohl tatsächlich ihr bestes gegeben haben, nicht zu lauschen. Nicht, dass sie das davon abhielt, im Wohnzimmer an dem übertrieben großen Kamin Spalier zu stehen.
Klaus klatschte in die Hände. "Also dann", meinte er und klopfte sowohl Damon als auch Stefan freundschaftlich auf die Schulter, "Man sieht sich." Dann spazierte er zur Tür hinaus, als wären das gerade nicht die mit Abstand merkwürdigsten fünfundvierzig Minuten, die das Haus der Salvatores je gesehen hatte, gewesen.

"Was zur Hölle ist da gerade passiert?", platzte Damon mit der Frage heraus, die sich sowohl er als auch sein Bruder gestellt haben, als Klaus unangekündigt vor ihrer Tür aufgetaucht war und sich ohne Worte der Drohungen an ihnen vorbeigeschoben hat und dass es ausgerechnet er war, der es geschafft hatte, Cecilia aus ihrer Trance zu holen.
Seine kleine Schwester nahm sich ihr Handy, das auf dem Beistelltisch neben dem Sofa stand und schüttelte den Kopf. "Nicht so wichtig."
Sie kramte einen Zettel aus ihrer Hosentasche hervor.
"Was tust du da?"
Cecilia seufzte hörbar und sah ihren ältesten Bruder an. Ihr Blick lies anmuten, dass sie bereits wieder ganz die alte war. "Ich speichere 'ne Nummer ein, du Superhirn! Und wenn ich fertig bin, sagt ihr mir bitte, dass ihr 'ne Aufgabe für mich habt, die mich  von dem  Drang, einen kompletten Hexenzirkel auszulöschen, ablenkt."
"Das ist Mystic Falls", erwiderte Stefan mit einem Grinsen, froh darüber, dass seine Schwester anscheinend wieder zu sich selbst fand, "Mit welchem übernatürlichen Mist willst du denn anfangen?"

- Ende Buch 1 -

Anomalia ||Kol Mikaelson||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt