Dreiunddreißig.

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Als die Tür ins Schloss knallte, holte das sowohl die Salvatores als auch die Mikaelsons aus ihrer Paralyse. Keine fünf Sekunden war Kol bereits auf dem Weg zur Tür, aus der Cecilia gerade verschwunden war. Er war nicht einmal dazu gekommen, die Hand auf die Klinke zu legen, bevor Damon sich zwischen Urvampir und Ausgang stellte. Ihm dicht auf den Fersen sein jüngerer Bruder. "Was glaubst du, wo du hin willst?", fragte dieser. Die Wut spiegelte sich nun endlich in den Gesichtern der Salvatores. Nicht, dass es sie weniger verwirrt ausgesehen lassen hat.
"Wonach sieht es denn aus?", giftete Kol zurück, den Gesichtsausdruck des ältesten Salvatores mimend. Stefan legte ihm von hinten einen Hand auf die Schulter und hielt sie fest, um dem Urvampir zu zeigen, dass die beiden ihn nicht gehen lassen würden. "Ich weiß nicht wie es dir geht, Bruder, aber ich finde es sieht ganz danach aus, als hättest du genug Unheil angerichtet, Kol Mikaelson", meinte er und sah erwartungsvoll zu Damon, der zustimmend nickte und dabei Kol angrinste, ohne sein wütendes Funkeln aus den Augen zu verlieren. Wie er das hinbekam, war wohl für alle Anwesenden ein Rätsel. "Also, wie wär's, wenn du unsere Schwester jetzt einfach mal in Ruhe lässt. Sie will dich nicht sehen."
"Achja", antwortete der Urvampir, "Und woher weißt du das?"
Er konnte sich auch irren, aber Kol meinte, dass Damons Stimme etwas von seiner Härte verloren hatte, als er ihm seufzend erklärte: "Weil sie meine Schwester ist. Ich kenne sie vermutlich besser, als sie sich selbst."
Als er trotzdem immer noch keine Anstalten machte, den Salvatores aus dem Weg zu gehen, war es überraschenderweise ausgerechnet Klaus, der seinen kleinen Bruder zu sich holte: "Kol, würdest du bitte unsere Gäste in Ruhe lassen. Allen voran, den kleinen rothaarigen Hexen-Vampir. Außerdem muss ich einen Moment mit dir reden."
Der Hybrid nickte den Salvatores zu, die beide einen bösen Blick auf Kol warfen, den dieser nur zu gerne erwiderte und dann durch die Tür nach draußen verschwanden.

"Möchte mir einer verraten, was genau hier gerade passiert ist?", fragte Elijah, dessen Anwesenheit sich Kol gar nicht mehr bewusst gewesen war. Sein älterer Bruder richtete sein Sakko, als ob auch er sich zum Gehen wandte, sah ihn dabei aber erwartungsvoll an. Dennoch, blieb Kol still. "Unser Bruder hat sich vor einhundertfünfzig Jahren unsterblich verliebt." Er verdrehte die Augen, als Nik antwortete. "Hat ihr einen Heiratsantrag gemacht, den sie damals auch angenommen hat", fügte er im Nachsatz unnötigerweise hinzu, "ihr die Erinnerungen genommen, sie zusammen mit ihrer gruseligen Tante durch irgendein Ritual zu 'ner unsterblichen Hexe gemacht und es ihr immer noch nicht erzählt."
Der Hybrid hatte keine Frage gestellt, trotzdem fühlte sich Kol, als müsse er sich rechtfertigen. Außerdem bereute er zum ungefähr einhundertsten Mal alleine in diesen Monat, ihm diese Geschichte erzählt zu haben. Aber er hatte damals seine Hilfe gesucht - kurz darauf hatte er einen Dolch im Rücken zu stecken gehabt.
"Was hättest du denn getan, Nik? Ich will ihr helfen!", meinte er aufgebracht und warf dabei die Hände in die Luft, ehe seine Stimme etwas von ihrer Lautstärke verlor, "Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie so reagiert!"
"Was hast du denn erwartet?", konterte Klaus, "Für sie bist du ein Fremder. Wenn du mich fragst, Kol, dann hat Cecilia Salvatore jedes Recht darauf zu erfahren, warum ein Mikaelson ihr unbedingt helfen will, indem er ihr völlig überhastet einen Heiratsantrag macht, findest du nicht?"
"Sie wird mich hassen."
"Das tut sie jetzt auch", antwortete Elijah, der den Rest der Konversation damit verbracht hatte ungläubig zu blinzeln und sich ganz offensichtlich wünschte, seine Frage niemals gestellt zu haben, "Das Mädchen trägt einen Haufen aufgestauter Wut mit sich. Je länger du wartest, desto schlimmer machst du es. Niklaus hat Recht: Sie wird es so oder so irgendwann erfahren. Besser durch dich, als durch irgendjemand anderen."
Kol seufzte theatralisch. "Du hast schon immer ein unglaublich nerviges Talent besessen, anderen Leuten ein schlechtes Gewissen einzureden. Hab ich dir das schon einmal gesagt, Elijah?"
"Dann hoffe ich doch sehr, dass dieses Talent geholfen hat", antwortete sein älterer Bruder und zog die Augenbrauen in die Höhe. Kol Mikaelson schien sichtlich mit sich selbst zu hadern, als er für eine Weile auf den Boden starrte, um seine Möglichkeiten abzuwiegen.
Er konnte Cecilia ihr gutes Recht zugestehen und ihr die Wahrheit sagen, sodass sie ihn für die nächsten Jahrhunderte hassen würde. Oder er könnte ihr die Wahrheit verschweigen, sodass sie ihn trotzdem für die nächsten Jahrhunderte nicht sehen wollte. So oder so, es lief vermutlich auf das gleiche hinaus. Mit einem leichten Nicken gab er sich schlussendlich geschlagen, zur sichtlichen Genugtuung seiner Brüder, allen voran Nik, der leicht schmunzelte. "Also dann sind wir uns ja alle einig. Hopp Hopp, kleiner Bruder, du hast 'nen ganzes Stück Arbeit vor dir! Und pass' auf das dir die Anomalie den Kopf nicht abreißt."
"Nenn sie nicht so!", giftete Kol sofort und wunderte sich selbst darüber, wie stark sein Drang noch danach war Cecilia verteidigen zu müssen. Dieser zuckte nur mit den Schultern. "Wie du willst. Trotzdem solltest du langsam gehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Salvatores nicht unbedingt länger bleiben wollen als nötig."
Ohne weiter Zeit zu verlieren verschwand er und lies seine beiden älteren Brüder im Wohnzimmer zurück.

"Mir war bewusst, dass unser Bruder so narzistisch ist, wie er auch egozentrisch ist. Aber das Leben eines Mädchens so zu zerstören, hätte ich selbst ihm nicht zugetraut. Offensichtlich hat er von dir gelernt, Niklaus", kommentierte Elijah die ganze Situation kopfschüttelnd, während er das Holz der Tür betrachtete, aus der Kol gerade verschwunden war.
"Glaub mir, die Ewigkeit ist sehr sehr einsam, wenn man allein ist", antwortete der Hybrid, sogar recht sachlich, ehe er wieder zu seinem normalen Selbst zurückkehrte, "Außerdem wird sie schon drüber hinwegkommen."
"Denkst du das wirklich?", zweifelte der Urvampir.
"Klar, warum nicht?"
"Weil selbst du Probleme haben dürftest in Cecilia Salvatores Kopf zu schauen, Niklaus. Außerdem ist das nicht die beste Ausgangslage, die Kol da hat."
Klaus blieb einen Augenblick ruhig und nickte dann, sehr zu Elijahs Überraschung. "Das ist wohl war", meinte er schlicht.
"Dennoch, ich will mir dieses Spektakel ungern entgehen lassen. Nicht zuletzt um einschreiten zu können, falls Kol auf eine dumme Idee kommt."
Das brachte den Hybriden zum Schmunzeln. "Und das wird er so oder so."

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Mein Bruder hat mir letztens meine Frage mit "Das sagen wir Jugendlichen heute so." beantwortet. Anscheinend werde ich alt. Dankeschön.

Anomalia ||Kol Mikaelson||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt