Prolog.

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Mystic Falls, Dezember 1863

Der junge Mann verließ das Anwesen zügig und richtete den Kragen seines dunklen Mantels auf. Der Wind hatte aufgefrischt, was angesichts des Spätherbstes wohl zu erahnen gewesen war.  
Ihm war bewusst, dass er aufgrund der Tatsache, dass er seit mehr als einem Jahrtausend kein Mensch mehr gewesen war, keine Kälte spürte.  Trotzdem war der Wind, der ihm ins Gesicht peitschte, durchaus als unangenehm zu erachten.
Er beschleunigte seinen Schritt noch einmal, um die Kutsche zu erreichen. Natürlich hätte es für ihn durchaus effektivere Reisemethoden gegeben, aber er wollte lieber den Anschein des Sohnes eines wohlhabenden europäischen Kaufmanns wahren, als sein Glück auf die Probe zu stellen. Die Leute in dieser Stadt schienen allergisch auf Wesen wie ihn zu reagieren. Schon deshalb musste er sich so unauffällig wie möglich verhalten. Außerdem schien es so einfacher für ihn zu sein, sich vor seinem Bruder zu verstecken. Nik zu verärgern war eine nicht sonderlich anspruchsvolle Aufgabe und gerade er schien ein unglaubliches Talent dazu zu besitzen.

Der Kutscher war noch immer dort, wo der junge Mann ihn angewiesen hatte zu bleiben. Nicht dass der glatzköpfige Mann eine andere Wahl gehabt hätte. Gerade Menschen konnten Gedankenmanipulation fast unmöglich standhalten. Bevor er etwas sagen musste, war der ältere Herr aufgesprungen und begann die Pferde einzuspannen. Ehe er selbst in die Kutsche stieg, warf der augenscheinlich Jüngere einen letzten prüfenden auf den Hals des Mannes. Die Einstiche waren noch immer gründlich von einem dunkelroten Baumwollschal verdeckt. Zufrieden ließ er sich auf eine der weichen Sitze sinken. Er sehnte sich nach einem warmen Kamin. Sein Atem begann vor Kälte bereits Wolken zu bilden. Während er darauf wartete, dass sich die Kutsche in Bewegung setzte,  schweifte sein Blick aus dem Fenster hinaus zu dem Garten, der zu dieser Jahreszeit etwas kahl schien bis hin zu dem Waldrand, der zum Anwesen gehörte. Dort meinte er eine Gestalt in der Dunkelheit zu erspähen. Er kniff die Augen zusammen und erkannte die Silhouette eines Kleides. Aber so sehr er es auch versuchte, er konnte nicht viel mehr als das erkennen.
Dann endlich rollte das Gefährt los. Seine Augen mussten ihm einen Streich gespielt haben. Er konzentrierte sich auf die Hufe, die den Weg entlangtrotteten, bis sich die Kutsche schließlich auf der mehr oder minder belebten Straße einreite.
Erst jetzt öffnete er die Knöpfe seines Mantels. Seine Hand glitt in die Innentasche seines Fracks, wo diese auf Papier sties.

Kol Mikaelson besah sich den Brief mit den handgeschriebenen, geschwungenen Buchstaben. Es war eine Einladung zur Neujahrsfeier im Anwesen des Bürgermeisters von Mystic Falls. Er lächelte leicht.

Anomalia ||Kol Mikaelson||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt