Dreiundvierzig.

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Illinois, 1778

Klaus Mikaelson war nie jemand gewesen, der besonders viel Mitleid hatte. Besonders nicht mit Hexen, die ihn und seine Familie ärgerten. Das war immer Elijahs Aufgabe gewesen. Aber auch dieser schien, so blutverschmiert wie er war, sich heute nicht dazu überwinden zu können, als er sich die brennenden Holzhütten besah. "Du solltest wirklich besser aufpassen, Bruder. Irgendwann wird deine Leichtsinnigkeit noch unser aller Untergang sein."
"Aber wo bleibt denn da der Spaß?", fragte eine Stimme hinter ihnen. An einer der Wände, die noch nicht eingestürzt war, lehnte Kol und wischte sich das Blut, dass ihm noch am Mundwinkel hing, mit seinem Ärmel ab. "Außerdem", fuhr er im Plauderton fort, "haben die es hier allemal verdient."
Klaus nickte seinem Bruder anerkennend zu, während Elijah die Augen verdrehte. "Und ihr beide wundert euch noch, warum Finn sich ohne uns auf den Weg gemacht hat?"
"Weil er ein Spielverderber ist?", schlug Klaus vor.
"Und dazu noch ein Moralapostel, der nicht einmal Hexen etwas zu leide tun will?", fügte der Jüngste hinzu.
Mit einem Seufzen gab sich Elijah geschlagen. "Schön. Da ihr dieses Hexennest ja auch ganz gut allein ausgerottet habt, schlage ich vor, dass wir weiterziehen."
"In Richtung Chicago", legte Klaus fest, ohne auf die Antwort seiner Brüder zu warten.
"Du willst in das Herz einer durchgeknallten Hexensekte eindringen, um genau was zu tun?", fragte Kol mit hochgezogener Augenbraue.
"Um Antworten zu finden. Um meine Familie zu schützen. Um uns alle irgendwann wieder zusammenbringen zu können."
Kol zuckte, beinahe belustigt mit den Schultern. "Klingt nach dir. Na dann los."
Elijah schnappte sich eine Fackel und verbrannte damit auch die letzten Hexenleichen, die überall um sie herum verteilt lagen, bevor er seinen Brüdern folgte.

~

Man brauchte kein Genie zu sein, um herauszufinden, wo sich der Kern der Hexen befand, die die Mikaelsons bereits seit einem Jahrzehnt auf den Geist gingen.
Die Kirche war umzingelt von Hexen und Vampiren, von denen keiner so aussah, als hätte er Angst vor den drei herannahenden Geschwistern.
Eine Hexe, die kaum älter als Kol aussah, löste sich aus der Gruppe, sobald die Mikaelsons in Sichtweite waren.
"Elijah, Niklaus und Kol Mikaelson", stellte sie fest, "was verschafft uns die Ehre?"
"Ehre scheint heutzutage ein dehnbarer Begriff zu sein", schmunzelte Klaus und machte bereits Anstalten sich auf die Hexe vor sich zu stürzen, wurde aber von seinem älteren Bruder aufgehalten. "Was mein Bruder damit sagen möchte, ist dass wir keinesfalls Ärger suchen."
Aus den Augenwinkeln sah Klaus das enttäuschte Gesicht von Kol und konnte sich ein weiteres Lachen nicht verkneifen.
"Wir sind hier, um mit eurer Obersten zu reden. Wir würden gerne erfahren, als welchem Grund, wir seit Jahren das Ziel eures Zorns sind", fuhr Elijah fort, nachdem er seine Brüder mit bösen Blicken bedacht hatte.
"Sie haben vielleicht Nerven das zu fragen."
Es war ausgerechnet Kol, der antwortete. "Jetzt hören Sie mal zu: Wir hatten keine Ahnung wer sie sind, bevor Sie angefangen haben, ihre Schmerzensspielchen mit uns zu treiben. Haben keinen Groll gegen Sie gehegt. Also finde ich, es ist unser gutes Recht, eine Antwort auf die Frage meines Bruders zu erhalten!"
"Die Mikaelsons hegen immer einen Groll gegen alles und jeden", erwiderte die Hexe so ruhig, dass nun auch Klaus sich nicht mehr zurückhalten konnte.
"Na dann dürfte es Ihnen auch nichts ausmachen, wenn ich Ihnen eine Kostprobe meines Zorns gebe!", knurrte er.
"Niklaus...", warnte Elijah, doch es war bereits zu spät. Keine vier Sekunden später lag die Hexe die gesprochen hatte mit seltsam verdrehten Gliedmaßen auf dem Boden. Kol hielt bereits die herausgerissenen Herzen zweier Vampire in der Hand, die er dann achtlos in die Ecke warf. Die restlichen Hexen stellten sich enger um ihre Kirche und begannen zu murmeln, bis die Mikaelsons unter Schmerzensschreien zu Boden gingen.
Klaus hatte Mühe bei klarem Verstand zu bleiben, versuchte aber sogut es ging, sich auf ein Ziel zu konzentrieren. Die Hexe, die ihm am nächsten war, starrte achtlos nach vorne, so als müsste sie sich konzentrieren, um die Worte des Spruchs nicht zu vergessen. Auf dem Boden kroch der Urvampir zu ihr, zog ihr kurzerhand die Beine unter dem Körper weg und riss ihr mit den Zähnen die Kehle heraus. Er spürte den bitteren Geschmack von Eisenkraut auf der Zunge, der aber aufgrund des Gefechts nebensächlich zu sein schien. Klaus erreichte den Gewünschten Effekt: Der Kopfschmerz lies für einen Moment nach, der ausreichte, dass sich seine Brüder erholten und sich wie er selbst auf die nächstgelegene Hexe stürzten.
So ging Hexe um Hexe zu Boden. Einige bettelten um ihr Leben. Keiner wurde Gnade gewährt. Die drei Urvampire hätten jedes bisschen des Zirkels ausgelöscht, wäre da nicht die Stimme in ihren Köpfen aufgetaucht, die ein panisches "Stopp!" rief.
Die Tür der Kirche hatte sich geöffnet, heraus kam eine Frau, die größer war, als es natürlicherweise üblich war. Sie schien nicht zu laufen, sondern zu schweben, was vielleicht auch an dem langen Kleid lag, was sie trug. Von ihrer fahlen Haut ging ein leichtes Leuchten aus, ihre dunklen Haare sahen so aus, als wären sie in diesem Jahrhundert noch nicht gekämmt worden.
"Stopp!", sagte sie noch einmal, diesmal ruhiger.
Die Hexen die noch am Leben waren, knieten nun vor diesem Ding  nieder.
"Was zur Hölle?", sprach Kol das aus, was auch Klaus durch den Kopf geschossen war.
"Mein Name ist Licrae. Und ihr habt heute das Blut meiner Kinder vergossen."
"Dann sollten Sie Ihren Kindern vielleicht einmal sagen, dass sie keine Besucher angreifen sollten!", unterbrach Kol.
"Ich weiß. Und deshalb bin ich hier. Meine Kinder beziehen Macht aus mir und ich aus ihnen. Ich schütze sie. Und ihr seid eine Gefahr."
Bevor Kol schneller redete, als sein Verstand arbeitete, spielte ausgerechnet Klaus die Stimme der Vernunft. "Darf ich fragen warum ausgerechnet wir? Immerhin war es Ihr Zirkel der angefangen hat uns Schmerzen zuzufügen."
"Das ist korrekt. Wir haben das Leid gespürt, was ihr verbreitet, schon als ihr noch in Europa gelebt habt. Von euch geht eine Macht aus, die nicht natürlich ist."
"Die will uns doch verarschen", flüsterte Kol und Klaus hoffte inständig, dass das Ding vor ihnen dies nicht gehört hatte.
"Ihr habt die verteilten Reste meiner Kinder abgeschlachtet wie Tiere. Ihr seid stärker als ich es vermutet hatte. Es war ein Fehler zu unterschätzen, wie schwer es sein würde euch zu töten."
"Das ist ja alles wirklich schmeichelhaft", unterbrach Elijah sie, "aber worauf wollen Sie hinaus?"
"Einen Waffenstillstand", sagte sie und Klaus meinte, dass ein Lächeln ihre Lippen umspielte.
"Zu welchen Bedingungen?", hakte Elijah nach.
"Ihr werdet meine Kinder und die Vampire, die unter ihrem Schutz stehen, nicht anrühren. Im Gegenzug werden wir niemandem mit dem Namen Mikaelson ein Haar krümmen. Nicht in dieser und nicht in folgenden Generationen."
Klaus kniff die Augen zusammen. "Und was, wenn wir den Stillstand nicht annehmen?"
"Dann gibt es Krieg."

Chicago, 12 Stunden nach der Hochzeit

Romilda Lavellan betrat den kleinen Raum unter der Kirche. Überall um sie herum waren Kerzen aufgestellt, die das Gewölbe mit seinen hohen Wänden erleuchteten. Früher einmal hatten sie hier ihre Toten begraben und Statuen mit ihren Abbildern geformt. Mittlerweile waren diese zerfallen, der Keller normalerweise für Touristen zugänglich und die Kerzen im Kronleuchter durch Glühbirnen ersetzt. Vermutlich waren auch die Kerzen auf dem Boden überhaupt nicht nötig, die der Gestalt in dessen Mitte ihren unheimlichen Schein verliehen.
Romilda hasste diesen Ort. Er war klein, nass und das Gefühl von Kontrolle fehlte ihr gänzlich. Dies lag zu einem Großteil an der Gestalt, der sie sich gerade näherte. Diese war mindestens vier Köpfe größer als sie, hatte ihre Arme gebieterisch ausgestreckt und der Hexe den Rücken zugewandt, sodass Romilda ausschließlich das schwarze Gewand und die langen verknoteten Haare, die ihr in dunklen Locken über die Schulter fielen, sah. Licrae.
Die Gottheit ihres Zirkels hatte sie bereits erwartet.
Sie drehte sich zu ihr herum und sah dabei so aus, als würde sie schweben. Romilda konnte nicht anders, als auf die Knie zu fallen und den Blick zu senken.
"Kind, was bringt dich zu mir?", hallte ihre Stimme durch den Raum.
"Sie...sie haben es getan", flüsterte die Hexe zögerlich, wagte es aber immer noch nicht den Blick zu heben.
"Sie haben was getan?"
Die Stimme der Licrae wurde lauter und hatte deutlich an Wärme verloren.
"Cecilia Salvatore hat den jüngsten Mikaelson-Bruder geheiratet. Ich... wir haben alles versucht, was von hier aus möglich war, um sie aufzuhalten. Aber Ihr habt uns verboten die Stadt zu verlassen."
Aus den Augenwinkeln beobachtete Romilda, wie die Erscheinung grübelte und schlussendlich flüsterte: "Steh auf."
Sie war mehr als froh, dass die Licrae den Kreis aus Kerzen nicht verließ. "Wir können dem Mädchen nichts mehr anhaben, sie ist jetzt eine Mikaelson. Und sie macht diese Familie zu stark."
"Aber-"
"UNTERBRICH MICH NICHT!", grollte sie, das Gesicht zu einer grässlichen Fratze verzogen. Die Macht, die von ihr ausging, lies Romilda einige Schritte zurücktaumeln.
"Das bedeutet", fuhr sie fort, "wir müssen anders vorgehen. Wir können unseren Waffenstillstand mit den Mikaelson nicht aufs Spiel setzen. Sie sind noch immer viel zu gefährlich. Besonders, wenn sie zusammenhalten, wie sie es im Moment tun."
Die Gestalt schwebte nachdenklich in ihrem Kreis umher. Romilda runzelte die Stirn. "Ich kenne Klaus Mikaelson nicht besonders gut, aber er scheint mir nicht wie der Typ, der Schlupflöcher in Verträgen lässt."
Die Licrae schüttelte mit dem Kopf. "Das tut er nicht. Deshalb gehen wir wie bisher vor."
Noch immer verwirrt, sah sie der Gestalt in die streitlustigen Augen. "Was schlagt Ihr vor?"
Sie streckte die Hand aus. "Wir werden Cecilia Salvatore nicht töten müssen, wenn sie das selbst für uns erledigt." Romilda Lavellan lächelte, als sie die ihr angebotene Hand ergriff und die Macht der Göttin durch sich selbst fließen spürte.

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Ich weiß immer noch nicht, was ich von Avengers Endgame halten soll. Jetzt Macht mich auch noch der FFH-Trailer fertig. Thanks for nothing, Marvel!

Anomalia ||Kol Mikaelson||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt