Kapitel 5

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Nach Zoés Meeting in der Sporthalle war ich völlig erledigt. Wir hatten nicht wirklich viel gemacht. Im Prinzip nur geredet. Aber irgendwie hatte mich genau dies so fertig gemacht. Das Planen mit den Footballern und der restlichen Cheerleadern zusammen war die reinste Katastrophe gewesen. Jeder hatte einfach drauf losgeredete und das dann noch durcheinander. Und in einer enormen Lautstärke. Am Ende hatte Zoé und Landon es trotzdem geschafft einen Termin und einen Ort für unsere Auto-Wasch-Aktion zu finden. Eigentlich hatte ich erwartet, dass mich Landon auf Tyler ansprechen würde. Immerhin war es die ideale Gelegenheit gewesen. Aber er hatte nicht ein Wort mit mir geredet. Vielleicht war er einfach zu beschäftigt gewesen. Und einerseits war ich auch froh drum. Ich wollte ihm nichts erklären müssen. Gerade jetzt wo ich mich mit Tyler wieder versöhnt hatte. Ich wusste wie mein Bruder war. Er war nicht so ruhig wie Jo. Landon war da etwas impulsiver. Er würde es nicht gutheißen, wenn er wüsste ich mit Tyler geredet hatte und mich wieder mit ihm traf. Bei dem Gedanken daran, was er mit Tyler machen würde, wenn er ihn mal alleine antreffen sollte, überlief mich ein Schauer. Ich zog meine Jacke enger als ich in die Straße einbog, wo unsere Häuser standen. Ich hatte Tyler versprochen noch vorbeizukommen. Und jetzt stand ich vor seiner Haustür und hatte ehrlich gesagt nicht gerade das Bedürfnis reinzugehen. Auch wenn alles wieder okay zwischen uns war. Ich zwang mich zu klingeln. Alles andere wäre auch lächerlich gewesen. Kaum ertönte das Geräusch der Klingel überkam mich Panik. Ich wollte nicht in das Haus. Und in sein Zimmer. Zurück an diesen Ort. Vielleicht würde er wieder wütend werden., wenn er in seinem Zimmer war. So wie gestern Abend. In seinem Zimmer, wo er sich sicher fühlte, ihn niemand unterbrach oder ihn aufhielt. Wo er tun und lassen konnte was er wollte. Die Panik wurde so groß, ich fast versucht war mich umzudrehen und wegzulaufen. Gerade als ich mich umdrehen wollte schwang die Tür auf. "Du...! Hätte ich mir ja denken können", ich unterdrückte ein Stöhnen. Janette! Sie sah mich abschätzig an. "Hi, Janette! Kann ich reinkommen?", ich bemühte mich freundlich zu sein. "Ich weiß nicht ob du das kannst. Aber reinlassen muss ich dich ja wohl. Sonst würde Tyler wütend werden. Und wenn er wütend ist sollte man ihm lieber aus dem Weg gehen, stimmt's?", sie lächelte triumphierend. Ich erstarrte. Spielte sie auf gestern Abend an? Wusste sie etwa davon? Konnte sie überhaupt davon wissen? Das war unmöglich! Außer Tyler hatte es ihr erzählt. "Kann schon sein...", wich ich aus. Irgendwie verspürte ich jetzt noch größere Angst das Haus zu betreten. Was im Grunde lächerlich war. Tyler und ich hatten das geklärt. Und er hatte sich entschuldigt. Warum konnte ich dann nicht einfach in dieses dämliche Haus gehen? Was war denn schon dabei? Er hatte versprochen so etwas nicht nochmal einmal zu machen. Und damit war doch alles in Ordnung. Ich verstand mich selber nicht mehr. Janette trat einen Schritt zur Seite und ließ mich durch. Aber nicht ohne sich ihr dämliches Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Sie wusste es. Keinen Zweifel. Ohne sie eines Blickes zu würdigen ging ich an ihr vorbei und direkt auf die Treppe zu. Jetzt lass dir deine Nervosität nicht anmerken, Antonia! Alles war in bester Ordnung! Vor Tylers Zimmertür blieb ich stehen. Ich musste allen Mut zusammen nehmen, um zu klopfen. Ich würde doch jetzt nicht wie ein hysterisches Kleinkind rausrennen, nur weil ich nicht in sein Zimmer wollte. Auf kurze oder lange Sicht würde ich eh wieder in sein Zimmer gehen. Ich hörte seine Stimme, die mich hinein bat. Meine Hand zitterte als ich die Türklinge drückte und die Tür öffnete. Tyler saß an seinem Schreibtisch und blickte über die Schulter. Als er mich sah breitete sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht aus. Er stand auf und kam auf mich zu. Mein Körper weigerte sich weiter in den Raum zu gehen. Mein Blick schweifte von Tyler ab und landete auf den kleinen Teppich vor seinem Bett. Mir wurde übel. Dort lag ich gestern als er- Stopp! Ich durfte nicht daran denken! Das war Vergangenheit! Als ich meine Kopf wieder in Tylers Richtung drehte, stand er direkt vor mir. "Hey! Schön das du noch gekommen bist", er strich mit einer Hand meinen Oberarm entlang. Ich sagte nichts, Sah ihn nur an. Er legte die andere Hand auf meinen Rücken und schob mich weiter in das Zimmer, damit er die Tür schließen konnte. Und da waren wir nun. Alleine. In seinem Zimmer. Plötzliche Tränen verschleierten meine Sicht. Immer noch unfähig etwas zu sagen, ließ ich mich von Tyler zu seinem Bett führen und mich darauf setzten. "Und wie war das Meeting?", fragte er mich. Was für ein Meeting? Ach ja...das Meeting. Ich nickte nur. Mein Blick blieb wieder an dem Teppich zu meinen Füßen hängen. "Was ist los? Du bist so still. Ist alles in Ordnung?", er legte den Arm um meine Schultern. Erneut nickte ich. Ich wusste nicht genau warum, aber irgendwie war alles blockiert. Denken, Bewegen, einfach alles. Ich wusste nicht so recht was ich tat. "Komm, ich nehme dir erstmal deine Jacke ab", er zog an meiner Jacke und warf sie dann achtlos in die Ecke. Die gesamte Situation kam mir so unwirklich vor. Wie ein schlechter Traum oder eine Scene aus einem schlechten Film. "Ist wirklich alles okay?", ein Anflug von Sorge schwang in seiner Stimme mit. Ich drehte meinen Kopf um ihn anzusehen. Da war auch Sorge. In seinem Blick. Mein Mund war ganz trocken. "Tyler...ich...ich kann das nicht!", ich stand auf und wollte schon Richtung Tür gehen, als er mein Handgelenk festhielt. Panisch drehte ich mich um. "Warum willst du gehen?", die Sorge aus seinem Blick war verschwunden. "Ich...ich...", sein Griff wurde fester. "Tyler du tust mir weh...", er bewegte sich keinen Zentimeter. Er sah mich nur ausdruckslos an. "Bitte! Ich will jetzt gehen...", meine Stimme klang viel zu flehend. Doch er ließ tatsächlich los. Ich ließ die Chance nicht vergehen und lief direkt zur Tür. Ich öffnete sich und flüchtete schon fast die Treppe runter. Auf den letzten paar Stufen konnte ich lautes Gescheppert hören. Es schien aus Tylers Zimmer zu kommen. Aber ich kümmerte mich nicht drum. Und auch nicht um Janette die in der Küche stand und mir hinterher grinste. Das einzige was ich wollte war nach Hause zukommen. Und zwar unbeschadet. Die kalte Luft schlug mir hart ins Gesicht als ich die Straße überquerte. Keuchend und verheult kam ich dann vor unserer Haustür an und schloss hastig auf. Ich lief direkt in mein Zimmer. Hier war ich sicher! Vor Allem! Ich musste mich jetzt erstmal beruhigen! Ich atmete tief ein und aus. Mein Blick fielen auf die Schmerztabletten, die auf meinem Nachttisch lagen. Ich nahm zwei Stück und zog mir meine Klamotten aus. Ich musste schlafen. Dann würde es mir besser gehen. Dann würde die Panik weggehen. Dann würde ich wieder klar denken können. Dann würde alles wieder in Ordnung sein. So wie es sein sollte. Ich blieb noch einige Zeit wach liegen. Zum schlafen flogen mir viel zu viele Gedanken durch den Kopf. Tylers Blick. Sein Zimmer. Dieser Teppich. Wenn ich die Augen schloss, konnte ich den Teppich an meiner Wange spüren. Wie weich er war. Und dann konnte ich auch seine Schläge spüren, die folgten. Irgendwann, ich wusste nicht genau wann, schlugen die Tabletten an und machten mich genauso schläfrig, wie sich mich betäubten. Und irgendwann schlief ich dann auch ein.

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