Kapitel 6

11 1 0
                                    

Ich schaffte es zwei Tage lang Tyler aus dem Weg zu gehen. Zwei Tage lang! Dabei war das bei unserer recht kleinen Schule eigentlich so gut wie unmöglich. Und dennoch hatte ich seid dem Abend, an dem ich aus seinem Zimmer geflüchtet war kein Wort mehr mit ihm geredet. Meine Freundinnen hatten schon gefragt was los sei und ob wir Streit hätten. Es sei so ungewöhnlich, wenn wir nicht miteinander sprachen oder er mich nicht vom Training abholen würde. Aber ich wollte auch nicht mit ihm reden. Und ich wollte auch nicht, dass er mich vom Training abholte. Ich wusste nicht wie wir zueinander standen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass wir das geklärt hätten. Das alles wieder in Ordnung sei. Doch als ich dann wieder in seinem Zimmer gewesen war, hatte sich irgendwas in mir verändert. Ich schämte mich weggelaufen zu sein. Aber da war noch ein anderes Gefühl. Etwas was mich dazu brachte ihm aus dem Weg zu gehen. Ich wusste von vornherein, dass ich nicht ewig drum herum kam mit ihm zu reden. Und dennoch traf es mich wie ein Blitz, als er auf unserer Veranda saß als ich abends nach Hause kam. Die anderen wollte noch etwas Trinken gehen. Das hieß keiner war da. Außer Meredith. "Hey, Toni! Wie war das Training?", er stand auf und kam die Treppe zu mir herunter. Sein Lächeln war auf diese normale Art und Weise süß. Er machte Anstalten mich zu umarmen. Ich rührte mich kein bisschen. "Tyler, bitte! Ich bin müde und will einfach nur noch ins Bett...", das war noch nicht mal gelogen. "Aber wir sollten reden...", er sah mich bestimmt an. "Nein, bitte! Nicht jetzt! Es ist schon spät und ic-", versuchte ich mich rauszureden. "Nein! Wir müssen jetzt darüber reden, Antonia!", unterbrach er mich. Sein Gesichtsausdruck hatte etwas scharfes angenommen. Es war beängstigend wie diese Bestimmtheit und dieses Bedrohliche in seinen Augen flackerte. Er kam noch einen Schritt näher. "Okay...lass uns rein gehen", gab ich nach. Ich wusste ich hatte verloren. Ich hatte keine Chance gegen ihn. Würde ich auch nie haben. Nicht nachdem ich wusste zu was er im Stande war. Ich schloss die Haustür auf und ließ ihn rein. Er ging ohne zu zögern die Treppe hoch und in Richtung meines Zimmers. Ich folgte ihm. Auch wenn ich am liebsten weggelaufen wäre. Vor meiner Zimmertür blieb er stehen und sah mich ungeduldig an. "Was ist?", fragte ich zögerlich. "Du bist heute ziemlich langsam", sagte er und musterte mich von oben bis unten. Ohh Wow! Wie nett! Ich ging an ihm vorbei in mein Zimmer und warf meine Tasche achtlos vor meinen Kleiderschrank. "Warum gehst du mir aus dem Weg?" Ohh okay. Wir stiegen anscheinend direkt ein. "Ehmm... ich gehe dir nicht aus dem Weg...ich habe eben viel zu tun...", wich ich aus. >Er kam näher. Auf einmal packte er mich am Handgelenk und zog mich ruckartig zu sich. "Lüg mich nicht an!!", schrie er mir direkt ins Gesicht. Ich brachte vor Schreck keinen einzigen Ton zu Stande. "Ich merke doch, dass du mir aus dem Weg gehst! Du redest nicht mit mir! Du guckst mich noch nicht mal mehr an! Aber damit ist jetzt Schluss! Guck mich an!!", seine Stimme wurde immer lauter. Aber ich wagte es nicht ihn anzusehen. Plötzlich riss er mein Kinn hoch, sodass ich ihn ansehen musste. "Ich sagte, du sollst mich angucken!!", sein Gesicht war meinem gefährlich nahe. Und seine Stimme war nur noch ein bedrohliches Zischen. Ohne es stoppen zu können, liefen mir Tränen übers Gesicht. "Und jetzt sag, dass es dir leid tut... sag: Tyler es tut mir leid, dass ich nicht auf dich gehört habe!", er zog an meinem Arm und ich wurde gegen ihn gedrückt. "Sag es!!", er schrie schon wieder. Ein Schauer durchfuhr mich. Angst war mit dem Gefühl was sich in diesem Moment in mir ausbreitete nicht im geringstem zu vergleichen. "Tyler, es tut mir leid, dass ich nicht auf dich gehört habe", meine Stimme zitterte. "So soll das sein! Und ab jetzt ignorierst du mich nicht mehr, verstanden?! Du kommst jeden Morgen bei mir vorbei und holst mich ab! Ist das klar?! Und du sagst mir nach jedem Kuss, dass du mich liebst! Klar soweit?", er hatte sich runtergebeugt. Sodass seine Lippen nah an meinem Ohr waren. "Ich sagte, klar soweit?!", dieser Ton löste bei mir einen Fluchtreflex aus. Doch ich wusste, wenn ich auch nur versuchen würde wegzulaufen, würde das Folgen für mich haben. Also nickte ich nur. Langsam zog er seinen Kopf zurück. Aber nur im dann mein Gesicht zu sich zu ziehen. Er drückte mir einen langen Kuss auf die Lippen und sah mich danach erwartungsvoll an. "Ich...ich...liebe...dich...", brachte ich schwerfällig hervor. Er schien zufrieden zu sein. "Geht doch!" Er zog mich am Handgelenk, was er die ganze Zeit festgehalten hatte, noch ein Stückchen näher zu sich heran, nur um mich im nächsten Moment von sich weg zudrücken. Ich fiel hinten rüber und prallte hart mit dem Rücken auf dem Boden auf. Schmerz durchfuhr meine Wirbelsäule. Bevor ich wieder klar denken konnte hörte ich das Zuschlagen der Tür. War das gerade wirklich passiert? Nach dem Schmerz in meinem Rücken und an meinem Handgelenk- Ja. Ich blieb noch eine Weile auf dem Boden liegen. Ich konnte es nicht fassen. Wie? Wie konnte aus dem kleinen süßen Streber so ein Monster werden? So eiskalt und gefühllos. Aber mir war nun eines klar. Ich würde nicht von ihm loskommen. Wenn ich versuchen würde mich zu trennen, dann- Ich verdrängte den Gedanken. Ich wüsste nicht was er dann tun würde. Aber sicher nichts Erfreuliches. Nach einiger Zeit wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Ich musste etwas tun. Irgendwas! Was mich auf andere Gedanken brachte. Ich lief ziellos durch mein Zimmer und versuchte krampfhaft das Szenario von geradeben aus meinem Kopf zu verbannen. Duschen! Ich musste duschen. Im Bad angekommen stellte ich Dusche an und zog mich aus. Bei jeder Bewegung schob es mir brennend heiß den Rücken empor. Ich zwang mich trotzdem in die Dusche zu steigen und mich zu waschen. Als ich dann fertig und in ein Handtuch gewickelt vor dem Spiegel stand kamen mir die Tränen. Mein Spiegelbild schien mich zu verachten. Wie hatte ich es nur soweit kommen lassen? Wie hatte ich zulassen können, dass mich ein Junge so unter Kontrolle hatte? Und das hatte er! Sehr gut sogar. Ich hatte ja keine andere Wahl mehr, als das zu tun was er wollte. Sonst würde er nur wieder wütend werden. Und das durfte nicht passieren! Früher hätte ich mir das nicht gefallen lassen. Früher kannte ich Tyler auch noch nicht. Ich liebte ihn dennoch. Solche straken Gefühle verschwanden ja nicht einfach. Auch nicht bei ihm. Ich seufzte. Ich sollte schlafen gehen. Auf dem Flur sah ich, dass Merediths Zimmertür aufstand. Und meine auch. Ich sah sie auf meinem Bett sitzen. Die Hände im Schoß gefaltet und auf den Boden starrend. "Was ist los?", fragte ich. Auch wenn ich nicht mehr die Nerven hatte für eine Konversation hatte. "Es ist etwas Schreckliches passiert, An! Ich weiß nicht mehr was ich machen soll!", sie sah langsam hoch. Ihre Augen waren geschwollen. Sie hatte geweint. Ich seufzte erneut. "Ok. Aber bevor du mir davon erzählst...hast du noch Schmerztabletten?"

I need youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt