Kapitel 7

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Ich tat alles was Tyler von mir wollte. Nicht weil ich es wollte, sondern weil ich weiteren Konfrontationen aus dem Weg gehen wollte. Und weil ich Angst hatte. Angst davor, dass er wieder wütend werden würde. Und deshalb machte ich selbst die absurdesten Dinge für ihn. Ihn jeden Morgen vor der Schule abholen. Ihm ständig sagen, dass ich ihn liebte. Ich kochte für ihn. Holte Bücher aus der Bibliothek. Schwänzte mein Cheerleader Training, nur um in seinem Zimmer zu sitzen und ihm beim Lernen zu zusehen. Es war lächerlich. Das wusste ich. Aber er hatte es geschafft, dass ich alles willenlos für ihn tat. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte...er hatte mich gebrochen. Es war nichts mehr übrig von der Person, die ich mal war. Die ich war bevor Tyler in mein Leben getreten ist. Es war einfach aufzugeben, anstatt mich ihm zu widersetzen. Ich wusste nicht was dazu geführt hatte, dass ich den Willen aufgegeben hatte. Vielleicht war es der Schmerz, dass ein Mensch, den ich so liebte wie ihn, zu so etwas fähig war. Vielleicht aber auch der tatsächliche Schmerz seiner Schläge. Vielleicht auch diese Brutalität in seinen Augen kurz bevor er die Hand hob. Seid zwei Wochen war alles gut gegangen. Ich musste keine blauen Flecken mehr verstecken oder überschminken. Er war ruhig geworden. So ruhig, dass ich teilweise dachte, ich hätte mir das alles nur eingebildet. Dennoch war es mir nicht das Risiko wert darauf zu vertrauen. Aber alles hatte auch seine Vorteile. Meine Noten in der Schule wurden erheblich besser. Das lag vermutlich daran, dass Tyler mich ständig mit zu seiner Lerngruppe nahm. Sehr zuwider von Janette. Ich ignorierte meist ihre bösen Blicke oder überspielte sie. Keinem schien wirklich aufzufallen, dass ich mich immer durch die Treffen quälte. Ich lernte zwar, aber fühlte mich die ganze Zeit über unwohl. Tyler gab sich nach außen hin als der freundliche, zuvorkommende Freund und ich war immer wieder überrascht wie charmant er seine dunkle Seite verstecken konnte. Gerade in der Gegenwart seiner Freunde. Nach einem weiterem Treffen mit seiner Lerngruppestanden wir nun in seinem Zimmer. Ich stand an der Tür, da ich aus dem Badezimmer kam und den Raum gerade erst betreten hatte. Irgendetwas schien ihn zu stören. Er sah wütend aus. Er legte lediglich den Kopf leicht zur Seite und sah mich an. Er sagte nichts. Das Schweigen war unerträglich. Mit einer viel zu schnellen Bewegung kam er auf mich zu. Noch bevor ich wirklich realisieren konnte was geschah, schlug er mir seine Hand ins Gesicht und trat einige Schritte zurück. Ich sagte nichts. Hielt mir lediglich die Wange und versuchte meinen Atem zu kontrollieren. Ich zuckte zusammen, als er wieder die Hand hob. Im ersten Moment dachte ich, er würde mich wieder schlagen, doch dann schmiss er seinen ganzen Schreibtisch um fing an mich anzuschreien. ich war zu geschockt um zu verstehen was er schrie. Ich wusste gar nicht was ich in diesen paar Minuten im Bad falsches getan habe oder gesagt haben könnte um ihn so wütend zu machen. Ich wusste nur, dass ich hier raus musste. Da ich aber mit dem Rücken zur Tür stand, musste ich ein paar Schritte auf ihn zugehen. Was ich als nicht sehr klug empfand. Er holte erneut aus und traf erneut mein Gesicht. Ich spürte den Schmerz und fiel von der Kraft hinter dem Schlag auf den Boden. E kniete sich neben mich und schlug auf meine Arme und meinem Oberkörper ein. Irgendwann konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten. Ich wusste nicht wie lange ich auf den Boden lag und hoffte, dass es schnell zu ende sein würde. Nach einiger zeit ließ Tyler von mir ab und trat einige Schritte zurück. Ich blieb still weinend auf dem Boden liegen. Ich konnte sehen wie er ein Glas von seinem Regal nahm und es kurz ansah, bevor er es nach hinten schwank und nach mir warf. Es verfehlte mich nur knapp. Ich rappelte mich so schnell es ging auf und riss die Tür zum Flur auf. Und rannte. An der Treppe zog ich meine hohen Schuhe aus. Und rannte weiter. Immer schneller. Ich wusste nicht wieso ich nicht schon früher weggerannt war, aber das war in diesem Moment auch unwichtig. Ich sah mich panisch um. Er lief mir hinterher. Und holte schnell auf. Als ich aus dem Haus raus war rannte ich quer über die Straße und hoffte, dass die Tür von dem Haus vor mir auf war. Ich sprintete die Treppen hoch und lehnte mich gegen die Tür. Alles schmerzte dabei. Aber sie schwang auf. Ich sah mich unter Tränen um. Alles war verschwommen. Trotzdem erkannte ich Landon auf dem Sofa. Er schaltete sofort den Fernseher aus und eilte zu mir. "Hat er es schon wieder getan?", fragte er mich mit einem beruhigendem Tonfall. Ich konnte trotzdem noch die Wut hinter seinen Worten hören. Ich sagte nichts. Landon nahm mich einfach nur in den Arm. Unkontrolliert strömten mir die Tränen übers Gesicht. Und ich konnte auch ein tiefes schlurzen nicht mehr unterdrücken. Er führte mich zum Sofa und setzte uns hin. Ich zog meine Beine eng an meinen Körper heran und machte mich so klein es ging. Ich wusste nicht warum ich ausgerechnet hier her gekommen bin. Vermutlich weil Tyler es nie wagen würde dieses Haus zu betreten. Landon saß nur da und hielt mich im Arm. Er starrte die ganze Zeit geradeaus. Ab und zu flüsterte er mir Sachen zu, wie "Das wird schon wieder!" oder "Ich kümmere mich um Tyler! Keine Sorge!". Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seid ich hier war aber allmählich konnte ich die Tränen kontrollieren und hatte mich weitgehend beruhigt. Stattdessen spürte ich jetzt deutlich den Schmerz. Alles an mir brannte. Es fühlte sich an, als würde mein ganzer Oberkörper und mein Gesicht wie Feuer brennen. Landon strich über meine Schultern. Ich blickte zu ihm hoch. "Danke", versuchte ich zusagen, aber meine Stimmer versagte gänzlich. "Du brauchst dich doch nicht zu bedanken! Glaubst du er würde es wagen zu dir Nachhause zukommen?", fragt er. Sein Kiefer hatte sich angespannt und seine Schultern waren aufgerichtet. "Ich weiß es nicht...". flüsterte ich als Antwort. "Okay, dann bleibst du zumindest diese Nacht hier. Wir finden schon ein Bett für dich. Kommst du ganz kurz alleine klar? Ich bin sofort wieder zurück!", er stand auf und ging die Treppe nach oben. Keine Minute später stand Caleb vor mir. Ein Mitbewohner von Landon. Caleb sah mich mitfühlend an und setzte sich neben mich. Ich rückte ein Stück von ihm weg. Ich kannte ihn ja kaum. Hinter mir hörte ich die Haustür zufallen. War Landon einfach so gegangen? Und hatte mich mit Caleb alleine gelassen? Was ist wenn Caleb genauso war wie Tyler? Mein Atem ging unwillkürlich schneller. "Willst du was Essen oder Trinken?", fragte er mich freundlich. Und lächelte mich an. Ich schüttelte nur den Kopf. Und er fing an zu lachen. "Gut! Ich bin nämlich ein miserabler Koch!" Wie er so freundlich lachte und sich sogar ein Stück weiter weg von mir setzte, als er bemerkt hatte, dass ich mehr Abstand zwischen und haben wollte. Das schien mir so surreal. Hatte ich ihn falsch eingeschätzt? Er griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. "Was möchtest du gucken?" Ich hatte keine Ahnung. Jetzt Fernsehen zu gucken kam mir nicht richtig vor. "Ich weiß es nicht...irgendetwas von Leonardo DiCaprio?", mein Antwort war zögerlich das wusste ich. Aber Caleb schien in Ordnung zu sein. Also war es unhöflich ihm nicht zu antworten. Er lachte erneut. "Ja, das kann ich vollkommen verstehen..." Er machte irgendeinen Film an, den ich noch nicht gesehen hatte. Wenig später kam Landon zurück. Ich drehte mich zu ihm. Er winkte ab und setzte sich zu uns. Lediglich seine immer noch angespannte Haltung und seine noch vor Wut zitternde Hand ließ mich vermuten wo er gewesen war. Ich ignorierte das Gefühl nachzufragen und schaute einfach den Film weiter. Mit der Zeit kamen noch Cat und Cameron und noch anderen, deren Namen ich nicht kannte. Irgendwer bestellte Pizza. Und er da bemerkte ich, wie hungrig ich eigentlich war. Es wurde ein sehr langer Filmabend. Weit nach Mitternacht stand Landon auf und hielt mir seine Hand hin. "Komm! Wir sollte schlafen gehen!" Die anderen waren schon gegangen und schliefen. Auch Cat. Ich ergriff die Hand meines Bruders und er zog mich nach oben. "Du kannst bei mir im Bett schlafen. Ich schlaf bei Cat", erklärte er auf den Weg zu seinem Zimmer. "Ich hoffe dich stört die Unordnung nicht. Hier Cat hat ein Oberteil zum Schlafen für dich hingelegt", in seinem Zimmer angekommen reichte er mir ein Shirt. "Gute Nach, Toni!", sagte er noch und ging zur Tür. "Gute Nacht, Landon! Danke...für alles!", flüsterte ich noch. Ich wusste nicht ob er es gehört hatte, aber er warf mir noch einen letzten mitfühlenden Blick zu, bevor er verschwand und die Tür hinter sich schloss. Ich zog das Shirt von Cat an und legte mich hin. Mein Kopf pochte. Trotzdem war ich nach wenigen Minuten eingeschlafen.

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