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Sie duscht. Vor mehr als einer Stunde ist sie ins Bad geflüchtet, um ihm nicht mehr in Gesicht sehen zu müssen. Aber die heißen Tropfen, die auf sie herabfallen, verschaffen ihr nicht die gewünschte emotionale Befreiung. Seufzend stellt sie das Wasser ab und greift nach einem der weichen Handtücher, um es sich um den Kopf zu wickeln. Es klopft, er tritt ein und bleibt etwas befangen im Türrahmen stehen. „Ich mach mich jetzt auf den Weg..." Sie nickt desinteressiert und versucht sich möglichst ungerührt weiter ihrem Haar zu widmen. Sein Blick taxiert sie. Ihre Wangen fangen an zu brennen, trotzdem sieht sie ihm neckend ins Gesicht und stellt zufrieden fest, dass er den Blick nicht von ihren nassen, vom heißen Wasser geröteten Rundungen abwenden kann. Genau wie einen Abend zuvor, scheinen sie einen Moment woanders zu sein. Der Knoten in ihrer Brust macht ihr allerdings bewusst, dass das nicht der Fall ist.

Nachdem er das Telefonat mit seiner Hure beendet hatte war er zu ihr zurückgekommen. Er hatte sich nicht zu erklären versucht und sie hatte nicht gefragt. Der Disput wurde auf andere Art und Weise ausgetragen. Impulsiv und kraftvoll, auf der verzweifelten Suche nach dem Funken, der einen Moment vorher noch so deutlich spürbar gewesen war. Das Ganze hatte mit Romantik nichts zu tun, dennoch hatte sie gespürt, wie sehr er sie wollte, sie begehrte, und sie hatte sich ihm hingegeben wie lange nicht mehr. Trotz der Scham, der Wut und des Hasses, die unaufhörlich in ihr brannten, gleich dem Verlangen nach Macht, Kontrolle und Adrenalin, das in ihm loderte.

Sie wendet sich von ihm ab und wickelt sich das Handtuch um den Körper. Er stellt sich hinter sie und fährt ihr vorsichtig über den Nacken. Sein Atem kitzelt an ihrem Ohr und aus dem Reflex alter Gewohnheit lehnt sie den Kopf an seine Schulter. „In der Küche liegt ein Croissant und frische Brötchen für dich..." Er legt einen Arm um ihre Taille. „Ich muss länger arbeiten, komm also vermutlich später nach Hause. Du musst nicht auf mich warten. Weder mit dem Abendessen, noch allgemein." Sie versteift sich. Er bemerkt es, drückt ihr trotzdem einen Kuss auf die Wange und verlässt, ohne eine Reaktion von ihr abzuwarten, die Wohnung. Frustriert schreit sie auf und schmeißt das Handtuch von sich. Sie sieht in den Spiegel. Grüne wütend glitzernde Augen. Wirres, blondes, schulterlanges Haar und frech nach vorne geneigtes Kinn. Wieso nur genügt sie ihm nicht? Ein Parfüm Flakon zerspringt klirrend an der Tür, durch die er gegangen war. Es muss sich was ändern. Sofort. Seine vorabendlichen Verabredungen würden der erste Schritt sein. 

Tainted LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt