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Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, als ich aus einem Albtraum schreckte, schweißgebadet und schreiend. Ich hatte wieder ihre Gesichter gesehen, sie waren wieder gestorben, es hatte ihnen wieder die Luft genommen, sie hatten wieder geschrien und wieder - wieder, wieder, die Angst in ihren Augen, keinen letzten Frieden oder sanftes Licht oder was immer man sich erzählt, sondern wieder - wieder - immer noch waren sie tot. Ich schrie und ich merkte es nicht einmal. 

Eine eiskalte Hand legte sich gegen meine Stirn, der Tod, wieder und wieder, Splitter, jetzt hörte ich meinen Schrei, es hatte ihnen die Luft genommen, meine Luft ging mir aus, der Schrei verebbte, er schien von weit her zu kommen, ein Ringen um Atem, wieder, wieder. 

"Fuck, Mädchen, du lebst -"

Irgendwer sprach, ganz nah neben mir, dabei stand ich in einer Ruine, verseuchte Luft um mich, in mir, alles war Verwirrung und blanke Angst, sodass man keine Stimme einzeln ausmachen konnte, geschweige denn ein Sinn durchdrang - 

Mit Gewalt schlug ich die Augen auf. Ich saß senkrecht in meinem Bett, vor mir kauerte der Junge, den ich gestern noch versorgt hatte und wir saßen in einer kahlen Zelle tief unter der Erde, sarkastischerweise vermutlich an einem der Orte, die noch am ehesten vor tödlichen Granaten und Splittern und entzündlichen rauchenden giftigen Mitteln gefeit waren. Trotzdem war all das hier, das Grauen machte keinen Halt vor Stahltüren und Schließmechanismen, der Tod nicht und die Angst erst recht nicht.

Ein Beben durchfuhr die Nervensysteme, die nun wieder zu meinem Körper gehörten und ich atmete, atmete, um ruhiger zu werden, um an etwas zu denken, das noch anhielt und lebte, um nicht an sterbende Augen zu denken. Ich blickte in die Augen vor mir und atmete. Er merkte, dass in meinen Blick wieder Leben trat und wich ein Stück zurück. 

Nov/2093Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt