Kapitel 16: Ich würde nicht gehen

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POV Manu

Ich hatte mir schnell meine Sachen zusammengesucht und war aus der Wohnung gestürmt.

Das Wetter war alles andere als freundlich, trotzdem drehte ich nicht noch einmal um, um mir eine Jacke zu holen. Ich hatte stattdessen Palles um die Schultern und die Kapuze meines Hoodies tief ins Gesicht gezogen. Das heilt mich zwar nicht lange warm, bot aber dennoch dem strömenden Regen etwas Widerstand.

Außerdem hatte ich es doch verdient. Ich bin so ein Vollidiot. Der Weg zum Zug war zwar nicht weit, kam mir durch die unangenehmen Wetterverhältnisse aber endlos vor.

Gerade rechtzeitig erreichte ich den Bahnhof, kaufte mir ein Ticket und stieg in den Zug, welcher kurz danach die Türen schloss.

Die komplette Fahrt verbrachte ich damit mir Gedanken darüber zu machen, was ich ihm sagen sollte. Oder besser, wie ich mich erst einmal entschuldigen konnte.

Immerhin war es absolut daneben von mir ihm vorzuwerfen, er hätte mein Vertrauen missbraucht. Bei dem Gedanken durchfuhr eine dunkle Schuld meinen Körper.

Was hatte ich mir nur gedacht?! ... Wahrscheinlich gar nichts, so wie meistens, wenn es darum ging erkannt zu werden. Ich wollte das nicht. Ich wollte nicht, dass irgendwer weiß, wer ich bin. Ich wollte doch nur mein eigenes, kleines Privatleben führen. Außerhalb von YouTube! Außerhalb von Social Media. Einfach. Anonym. Ruhig.

Aber, ... hörbar stieß ich Luft aus ... ich wollte, dass Palle ein Teil davon war. Und dann hatte ich die Chance genau das zu bekommen und zieh so eine scheiß Nummer ab! War das wirklich mein Ernst. Ich schlug mir die Hand vor das Gesicht.

„Ich bin so ein Vollidiot. Wenn er auch nie wieder mit mir redete, wäre das ... okay. Es wäre furchtbar. Aber okay. Ich habe es nicht anders verdient, so bescheuert wie ich mich aufgeführt habe", nuschelte ich gegen meine Hand.

Und da kam es mir. Ich ließ meinen Arm sinken und schaute angestrengt aber zielsicher geradeaus. Jetzt wusste ich, was ich ihm sagen wollte oder eher musste. Ein Lächeln schlich sich in mein Gesicht.

„Nächste Haltestelle: Hauptbahnhof Köln", erklang die Zugdurchsage.

„Perfektes Timing würde ich sagen", dachte ich und grinste breiter.

Als der Zug endlich zum Stehen kam, schnappte ich mir meine Sachen und beeilte mich auf den Bahnsteig und aus dem Bahnhof.

Das Wetter war auch in Köln nicht gerade freundlicher. Ich zog mir meine Kapuze noch weiter ins Gesicht, auch wenn diese schon ziemlich durchnässt war, aber es war immer noch besser als nichts.

Palles Jacke hielt dem strömenden Regen besser stand, trotzdem zitterte ich am ganzen Körper. Es war eiskalt und meine Nervosität stieg von Meter zu Meter.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich endlich das Haus, in dem seine Wohnung lag.

Oh ... ich hatte vergessen, dass ich ja klingeln musste!

Ich nahm einen tiefen Atemzug, der meinen durchfrorenen Körper erschaudern ließ, stellte mich dann selbstsicher vor die Tür und drückte auf die Klingel.

Schon nach Kurzem ertönte ein „Mayer. Hallo? Wer ist da?", von Patrick durch die Gegensprechanlage.

„Lieferung", antwortete ich ihm mehr oder weniger wahrheitsgemäß. Ich war immerhin hier, um ihm seine Jacke wieder zu bringen, verteidigte ich mich selbst.

Meine Stimme hatte ich nicht verstellt. Bestimmt erkannte er sie. Das würde zumindest erklären, wieso ich immer noch vor verschlossenen Türen stand.

Er schien zu überlegen, während mein Herzschlag stärker und stärker gegen meinen Brustkorb hämmerte.

Bitte Pat, mach die Tür auf!

In mir breitete sich ein unangenehmes Gefühl aus. Wollte er mich wirklich nie wieder sprechen? Dieser Gedanke jagte mir kurz ein Stechen durch den Körper, ich verwarf ihn aber sogleich.

Selbst wenn, ... ich lass ihm keine Wahl. Ich muss mit ihm reden, auch wenn das hieße, dass ich vor dieser Tür kampieren müsste, während hektoliterweise Wasser auf mich niederprasselt.

Ich würde nicht gehen.

Ich musste zu ihm.

Ich musste es ihm sagen.


Like fire and rain - #Kürbistumor FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt