Abend der Erinnerungen (Teil 2)

408 13 3
                                    

Adriens POV
Nach diesem, für die normalen Verhältnisse, kurzen Kampf, sprang ich über die Dächer nach Hause. Ich fühlte mich irgendwie... seltsam. Irgendwas hing schon seit Tagen in der Luft...
"Camembert! Ich brauch Camembert! Adrien?! Ich. Brauche. Camembert! Jetzt!", quengelte Plagg.

Plötzlich erinnerte ich mich an all die schönen und nervigen Momente mit ihm und musste lächeln. Zum Glück hatte ich noch eine Packung seines heiß geliebten stinkenden Käses übrig. "Na komm her. Hol ihn dir.", meinte ich und lächelte in mich hinein.
Mein Kwami Plagg. Er nervte manchmal, aber ich liebte ihn trotzdem. Ich konnte mir keinen anderen Kwami vorstellen als Plagg, sodass ich mich oft fragte, wie Tikki oder Sharon sein mussten.
Nachdem er sich seinen Camembert geholt hatte und sein Ritual abhielt, was er vor dem Essen immer tat, es sei denn, wenn wir Zeitdruck hatten, sah ich nachdenklich aus dem Fenster. Wie immer musste ich sofort an sie denken, an jeden Moment, den wir zusammen verbracht hatten. Unser erstes Treffen, wie wir Paris retteten, als sie ihre Rede auf dem Eiffelturm hielt, wie sie mir sagte, dass sie jemanden anderen liebte. Jeder Augenblick und jedes Gefühl kam erneut hoch und mir wurde schwindlig. Die Liebe, die Enttäuschung, die Trauer, die unbeschreibliche Kraft in ihrer Nähe, alles, was ich bei ihr fühlte. Ich wollte ihr Herz gewinnen. Und ich wollte es immer noch. Aber sie ließ mir keine Chance und unsere geheime Identität stand uns außerdem auch noch im Weg...
Ich wollte sie so gern richtig kennenlernen, ihr Ich hinter der gepunkteten Maske.
Eine innere Unruhe plagte mich, jetzt oder nie! Ich musste zu ihr, musste sie treffen und zwar jetzt sofort.

"Plagg? Plagg? Ich muss mich verwandeln! Wo bist du?", rief ich nach ihm. "Warum schon wieder? Ich möchte meinen Käse genießen und mich dann ausruhen...", maulte Plagg und kam aus einer Ecke meines riesigen Zimmers geflogen. Als er in meine entschlossenen Augen sah, bemerkte er sofort, dass es ein Fehler war, aus der Ecke zu kommen. "Oh nein. Das ist dein Ich-will-zu-Ladybug-und-ihr-meine-Gefühle-und-Identität-offenbaren!-Gesicht, kein gutes Vorzeichen...", jammerte Plagg und wollte sich ins Bad zu meinem Wäschekorb flüchten.
"Ach, komm schon Plagg! Verwandle mich!", rief ich ihm hinterher, während ich im Laufschritt ins Bad eilte und meine Faust in seine Richtung streckte. "Nein! Bitte nicht schon wieder!", kreischte Plagg lachend.

Über die Dächer springend, suchte ich nach einem Ziel für meinen Ausflug. Die Menschen und Einwohner von Paris waren alle schlecht zu erkennen, da sie so weit unten an mir vorüberzogen. Unbemerkt von den Zivilisten flog ich mit einem Salto über die Dupain-Cheng Bäckerei, Marinettes Zuhause. Leider saß sie nicht auf ihrer kleinen Dachterrasse, auf der wir uns unterhalten hatten, nachdem Ladybug nicht zu unserer Verabredung aufgetaucht war. Deshalb hatte ich ihr meine Pläne für Ladybug gezeigt. Seufzend hielt ich Ausschau nach einem anderen schönen Platz. Der Eiffelturm schien mir dafür perfekt zu sein, schöne Aussicht und nette Leute... Entschlossen machte ich mich auf den Weg und ließ mir den Wind durch die Haare fahren.
Ich landete auf einer Straßenlaterne und sie ging an. Lachend hüpfte ich auf die Nächste und sie tat es der vorherigen gleich. So sprang ich auf jede einzelne Laterne und fühlte mich unendlich befreit und ausgelassen und vergaß all die Probleme, den Stress und alles, was mich sonst noch beschäftigte.

Als ich auf der Spitze des Eiffelturms landete, fühlte ich mich wie der König der Welt. Unter mir strahlte Paris in allen erdenklichen Farben. Mich rührte es irgendwie und Tränen stiegen mir in die Augen. Und da entdeckte ich Lady Lion. Sie stand am Geländer, sodass ich ihr Gesicht leider nicht sehen konnte, aber ich hörte sie leise schluchzen.

"Lady Lion? Alles in Ordnung?", sprach ich sie vorsichtig von hinten an. Wie in Zeitlupe zog sie ihr Zepter aus der Haltung. Verwirrt und kampfbereit drehte sie sich um und sah mich an. Ich legte den Kopf schief als ich ihr verweintes Gesicht sah. "Chat Noir? Was machst du denn hier?", fragte sie kraftlos und ließ das Zepter sinken. "Dasselbe könnte ich dich fragen.", antwortete ich und lachte hilflos. Irgendwie hatte ich in diesem Moment ein Déjà-Vu. Als ob ich ein ähnliches Gespräch schon mal geführt hätte... Schnell schüttelte ich meinen Kopf und sah sie an. Sie war schon wieder so in Gedanken verloren. Das erinnerte mich schon wieder an etwas... "Du bist schon wieder abwesend. Ist wirklich alles gut?", sagte ich aber einfach nur und riss sie aus ihren Gedanken. "Tut mir leid. Wartest du etwa auf Ladybug?", fragte Lady Lion verschmitzt zurück und versuchte ihre Traurigkeit zu überspielen.

New HeroesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt