POV Alexis
„Was?" Verständnislos blickte Delian zu ihr, ihr Blick glitt zurück zu ihm. „Jeder hat Träume, Delian. Und wenn wir sie verwirklichen, dann..." Er schnaubte belustigt. „Alexis, ich glaube, du warst in Gedanken..." Sie sah ihn so verständnislos an, als wäre er es, der über Träume und deren Verwirklichung gesprochen hätte. „Ich... oh." Er schmunzelte vergnügt, während sie sich umsah. „Ach ja, das Colosseum..." Sie nahm ihn an der Hand und zog ihn geradewegs darauf zu. „Alexis?" Angesprochene drehte sich um, begann breit zu lächeln, als sie dessen Ursprung sah. „Claudius!" Sie ließ Delians Hand wieder los und ging in die entgegengesetzte Richtung zurück. Dort stand der Kaiser Roms und streckte lächelnd die Arme nach seiner unehelichen Tochter aus, welche ihm hineinfiel. „Was machst du denn hier?", fragte er schmunzelnd. „Das letzte mal warst du vor so langer Zeit hier, filia mea..." Sie kicherte leise. „Delian bekommt die beste Stadt- und Kulturführung, die er sich vorstellen kann!" Er lachte wieder. „Und da ist ‚Panem et circenses' ein muss, wie mir scheint. Na dann kommt, ich zeige euch Rom von den besten Plätzen aus." Er winkte den Sklaven zu sich, Alexis sah den Kaiser mit großen Augen an. „Wirklich?" Er stupste ihre Nase an. „Das gehört doch dazu. Und jetzt komm..." Er ging voraus, hinein in das überwältigende Gemäuer.
Claudius führte sie durch ein Wirrwarr von Gängen, unter dem hölzernen Boden hindurch, unter dem die Gladiatoren auf ihren Einsatz warteten. Dann lief er eine Treppe hoch, die von Fackeln gesäumt war.
Schließlich landeten sie auf einer Tribüne, welche höher und breiter über den anderen aufragte. Auf dem Boden der Arena lag Sand. Als sich Alexis umsah, erkannte sie, dass die Arena bereits gut gefüllt war. Auf den oberen Bänken, auf denen die normalen Menschen saßen, drängten sich bereits die Menge, die unteren Bänke waren von den dazugehörigen Plebejern nur spärlich gefüllt. Claudius ließ sich auf seinem Stuhl nieder, bedeutete dem Mädchen und ihrem jungen Sklaven dasselbe jeweils links und rechts zu tun.
Beide gehorchten brav. Delian blickte sie vielsagend an und sie musste unwillkürlich lachen. Verwundert blickte der Mann zwischen den Jungen Menschen hin und her, während er eine Augenbraue hob. „Was läuft denn da?", fragte er fies grinsend. „Laufen? Nichts!", erwiderte sie verdattert. Er hob nun auch die andere Augenbraue. „Gar nichts? Wirklich nicht?" Überzeugt verneinte auch Delian, doch als Alexis genauer hinsah, bemerkte sie eine feine Röte auf seinen Wangen. War es ihn peinlich? Sie wusste es nicht, wollte ihn gerade fragen, da erhob der Kaiser eine Hand. Nach kurzer Zeit herrschte in der gesamten Arena eine Totenstille. Er grinste. „Mögen die Spiele beginnen!", rief Claudius mit lauter Stimme durch Reihen um Reihen von Zuschauern. Sofort brach Jubel auf, ein Tor unten, in der Arena, schwang schwungvoll auf und ein Gladiator trat hinein. Zwei Equites traten hinaus, beide waren sie bewaffnet mit einem Krempenhelm mit Visit, einen runden Schild, einer Lanze sowie einem Gladius. Alexis musterte sie mit schiefgelegtem Kopf. Sie liefen im Gleichschritt in Richtung der Loge, verbeugten sich genau darunter.
Alexis' Vater nickte zur Bestätigung, dass sie ihren tödlichen Tanz beginnen konnten. Sie traten einige Schritte auseinander nickten einander als Zeugnis ihrer gegenseitigen Achtung zu, dann begann ihr Spiel. Das Spiel, das nur einen Gewinner haben konnte. Sie kreuzten ihre Gladii ein mal, ein klirren übertönte die Menge, in der sich jeder angeregt mit dem Nachbarn unterhielt. Einer holte mit seiner Lanze aus, doch sein Gegner drückte ihn anhand seines Schildes zurück. Er stemmte sich dagegen, während sein eigens Schild wie in Zeitlupe gegen den vor Anstrengung Tut angelaufenen Kopf des anderen Gladiators flog. Ein knirschen ertönte, dessen Haupt flog zur Seite. Die Stelle, an der der Schild ihn getroffen hatte, war deutlich durch eine zuerst feine, später stärker ausgeprägtere Blutlinievzu sehen. Es dann dickflüssig wie es war über die Schläfen des Mannes. Auf der anderen seite des desinteressiert dreinschauenden Oberhaupt einer Weltmacht vernahm Alexis einen erschrockenen Aufschrei. Sie drehte den Kopf zu Delian, der die Hände vor die Augen geschlagen hatte und zitternd wegsah. Sie runzelte die Stirn und stand geschmeidig auf, huschte zu ihn hinüber. „Deli? Alles gut?" Er schüttelte zitternd den Kopf. „Das... das erinnert mich an... zuhause...", stammelte er beinahe aufgelöst. Nur zu gut erinnerte er sich an das Blut seiner Mutter, das auf sein Haar und Hemd tropfte, an seine Tränen, die sich mit dem Blut vermischten. Sie legte ihre Arme um ihn und drückte den Kopf des älteren an ihre Brust. „Ist schon gut...", hauchte sie sanft. „Herzukommen war eine dumme Idee..." Sie warf trotzdem einen Blick in die Arena hinab. Der blutende Mann war zu Boden gegangen, Alexis nahm eine zersplitterte Lanze wahr, der Schild lag einige Meter entfernt. Der andere Mann war über ihn gebeugt und stach wie bei Russisch Roulette auf den Boden ein, wobei sich der zu Boden gegangene panisch wegrollte. Er trat dem überlegenen ein Bein weg, dieser knickte ein. Diese Chance nutzte er, um ihn sein Kurzschwert an den Hals zu halten und außer Atem seinen Schild wegnahm, davon schleuderte. Dann trat er gegen den Speer, der zerbrach, als wäre er aus morschem Holz hergestellt worden.
Delian drückte sich näher an seine Freundin, sie spürte, wie ihre Toga von seinen Tränen durchnässte. „Alles ist gut, Delian. Beruhige dich...", sagte sie sanft, konnte aber den Blick nicht von dem Kampf abwenden. Da schrie der eine, der nun unterlegen war, etwas auf einer fremden Sprache. Menschen runzelten die Stirn, niemand verstand, was der Mann da von sich gab. Einzig Delian hob den Kopf. „E-es hieß soviel wie: ‚Der erste möge der letzte sein!'", erklärte er ihr mit zitternder Stimme. Sie hob eine Augenbraue. „Woher-?"-„Es war Britannisch." Sie blickte ihn die Arena hinab, der atemlose Gladiator sah sich im Colosseum um, wartete auf die Reaktion des Publikums. Viele zeigten einen Daumen nach unten- das Zeichen für den sicheren Tod. Doch mehr menschen hoben ihren Finger in Richtung des Himmels. „Erhebet euch, Gladiatoren.", rief Claudius laut. Der Eine half dem anderen auf, sie nahmen wie es brauch war, ihre Helme ab. Es wurde still in der Arena. Dann verkrampfte sich Delian, der auch einen Blick gewagt hatte. „Victoire!", stieß er entsetzt aus, zeigte mit zitternder Hand auf den Mann mit der Kopfwunde.
DU LIEST GERADE
Pugna et Ama!
Ficción históricaBritannien, 44 vor Christus. Die Römer fielen in das Land ein und unterwarfen das Volk. Zu den unterworfenen gehörte unter anderem Delian, ein Junge der dadurch seine gesamte Familie auf grausame Weise verlor und nach Rom auf den Sklavenmarkt versc...