DEAN
Völlig durcheinander laufe ich durch die Strassen. Wie konnte mir nur so etwas passieren? Noch nie kam das vor, wieso also gerade jetzt? Es ist noch sehr früh und keiner ist an diesem Tag um diese Zeit unterwegs. Zuhause angekommen treffe ich auf meine Mutter die mich wütend ansieht.
„Mom, bitte sag jetzt einfach nichts", sage ich, hebe beschwichtigend die Hände in die Luft und gehe an ihr vorbei. Doch sie packt mich am Handgelenk und hindert mich daran nach oben in mein Zimmer zu gehen.
„Dean.! So geht das nicht weiter. Du kannst nicht einfach kommen und gehen wenn es dir passt!", schnauzt sie mich an.
Sie sieht müde aus, wahrscheinlich hatte sie gerade eine anstrengende Schicht. In ihren Augen kann ich Vorwürfe sehen, welche die sie mir macht, aber auch Vorwürfe die sie sich selbst macht. Es ist ein Teufelskreis, ein Problem das mein Waschlappen von Vater uns aufgezwungen hat, als er sich verpisst hat.
„Hast du nichts dazu zu sagen?" Ihre Stimme zittert, ihre Augen sind blutunterlaufen und dunkle Schatten haben sich unter ihre sanftmütigen grauen Augen gegraben.
„Du hast Hausarrest, dass du das verstanden hast! Und jetzt geh auf dein Zimmer, ich muss zur Arbeit." Sie lässt mich los und verschwindet aus dem Haus, ich wende mich ab als die Tür ins Schloss fällt.
„Fuck!" Ich trete mit voller Wucht gegen das Geländer und balle die Hände zu Fäusten. Wieso muss mein Leben so kompliziert sein? Ich beschliesse nach draussen zu gehen, der einzige Ort an dem mich niemand belästigt ist der Basketballplatz der einige Strassen entfernt liegt.
Dort kann ich sein wer ich will, niemanden interessiert es. Wieder draussen atme ich die kühle Novemberluft ein, fülle meine Lunge mit Sauerstoff und beginne zu rennen. Als ich an Emilys Haus vorbei komme, habe ich das Gefühl das sie mich beobachtet.
Doch ich kann niemand am Fenster stehen sehen, kopfschüttelnd laufe ich weiter und nach einigen Minuten habe ich den Platz erreicht. Er ist verlassen, was ich begrüsse. Ich hasse es wenn es noch mehr Leute hier hat. Aber um diese Zeit ist selten jemand hier. Ich werfe ein paar Körbe, dripple den Ball hin und her und springe hoch.
Was für mich leicht ist, ich bin gross, schnell und unheimlich stark. Unbesiegbar. Nach einer Stunde bin ich ausgepowert und fühle mich etwas ruhiger. Ich will gerade gehen, als ich jemand hinter mir höre. Sofort spannt sich mein ganzer Körper an, ich kann nichts dagegen tun.
„Was willst du hier?", knurre ich und drehe mich um. Emily steht vor mir, ihr Haar ist offen und wird vom Wind zerzaust. Der Wind ist es auch der ihren Geruch zu mir hinüber weht, sie riecht nach Vanille und etwas anderem. Etwas herbem.
„Ich will wissen wieso du bei mir auf der Couch gelegen hast?" War ja klar, dass sie das wissen will. Ich kratze mich am Kopf und weiss nicht was ich sagen soll.
„Ich kapier dich echt nicht, zuerst quälst du mich all die Jahre, verletzt mich auch noch und dann diese Entschuldigung von dir. Ich habe keine Ahnung wie ich das ganze einordnen soll", ihre Stimme nimmt an Lautstärke zu. Sie sieht mich direkt an, was mich irgendwie beeindruckt, aber auch nervt.
„Dean, verdammt! Sag mir endlich wieso du bei mir auf der Couch lagst?", flucht sie was mich grinsen lässt. Doch ihr wilder und entschlossener Blick lässt mich wieder ernst werden. Mumm hat die Kleine ja, dass muss man ihr lassen.
„Ich war betrunken, okay? Ich bin wahrscheinlich ins falsche Haus gegangen und auf der Couch eingepennt." Sie runzelt die Stirn und sieht mich perplex an.
„Und das soll ich dir glauben? Meinst du nicht auch, ich hätte es merken müssen wenn du betrunken in mein Haus gekommen wärst?" Ihr verständnisloser Blick lässt mich wütend werden. Kann sie sich nicht einfach damit begnügen? Ich spüre wie die Wut unter meiner Haut anfängt zu brodeln und wenn sie so weiter macht, kann ich sie womöglich nicht mehr länger kontrollieren.
„Ach weiss was ich. Denk was du willst", knurre ich. Ich wende mich von ihr ab und gehe in Richtung Wald, doch sie folgt mir. Ich wirble herum und funkle sie wütend an.
„Komm ja nicht auf die Idee mir zu folgen wie ein verwaistes Hündchen. Okay?", herrsche ich sie an.
Sie zuckt zusammen und weicht ein paar Schritte von mir zurück. Schuldgefühle schlagen in mir hoch, doch ich unterdrücke sie. Ich muss mich nicht schuldig fühlen. Niemanden gegenüber. Mein eisiger Blick ruht noch ein paar Sekunden auf ihr, bis ich mir sicher bin, dass sie mir nicht folgt. Danach drehe ich mich um und renne los.
Mein Ziel, der Wald. Dort fühle ich mich frei, das einzige Gefühl das mich wirklich reizt. Freiheit. Und genau das will und brauche ich. Das Heulen eines Wolfes erklingt und erinnert mich daran was ich zu tun habe. Denn dafür wurde ich geboren.
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So, einmal ein Kapitel aus Deans Sicht. Wie hat es euch gefallen? Es werden noch weitere aus seiner Sicht kommen, also seid gespannt!
eure Amanda
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bernsteinfarben
FantasyEs war einmal ein Mädchen und ein Wolf! Dichter Nebel umhüllt den dunklen Wald. Weiße Flocken fallen und bedecken den Boden mit einer dünnen Schicht. Schnelle Schritte sind zu hören. Schritte voller Hast. Schritte voller Angst. Äste knacken, Zweige...