Was will der denn hier?
Diese Frage schleicht sich sofort in meinen Verstand und füllt ihn komplett aus. Ich starre in Deans bernsteinfarbene Augen und weiss nicht was ich machen soll. Soll ich das Fenster öffnen, mich ins Bett verkriechen, oder sonst irgendetwas tun? Ich weiss es nicht. Stattdessen starre ich weiterhin in seine Augen und habe das Gefühl, dass sie mir etwas sagen wollen.
Durch das Fenster und durch die heran brechende Nacht. Ein weiterer Stein trifft die Scheibe und ich zucke zusammen, der Gedankenstrang reisst ab und mein Hirn beginnt wieder normal zu arbeiten. Ich stehe auf und öffne das Fenster, augenblicklich strömt mir die frische Abendluft ins Gesicht und kühlt meine erhitzten Wangen. Ich seufze beinahe auf und schliesse für eine Millisekunde die Augen. Nur, um mich zu sammeln, denn auch wenn ich es nicht will, fühlt sich das hier aufregend an.
„Komm runter", ruft er mir zu. Ich reisse die Augen auf und unsere Blicke begegnen sich erneut. Wieder durchfährt mich ein Blitz, der gefolgt von einem unbekannten Prickeln ist. Ich blinzle hektisch, weiss nicht was ich tun soll. Meine Mutter ist noch wach, mein Vater nach wie vor im Krankenhaus. Warum kann sie nicht auch dort sein? Und wieso frage ich mich das auf einmal?
„Komm schon, klettere runter", durchbricht er meine Gedanken erneut und deutet mit einem Nicken auf die Ranke, die an der Fassade hinauf wächst. Genau an meinem Fenster vorbei. Unsicher betrachte ich das Gewächs.
Ist es auch sicher genug?
Hält dieses Ding mich überhaupt aus?
Und was wenn ich hinunter falle?
„Bitte", dringt seine Stimme in mein Bewusstsein. Wow! Er bittet mich darum, das muss das erste Mal sein das er das überhaupt macht. Okay, das zweite Mal, wenn man die Entschuldigung mit einbezieht. Ich schaue zu, wie Dean an die Ranke tritt und daran rüttelt und dabei raschelnde Geräusche erzeugt. In der heran brechenden Nacht höre ich die Rufe einer Krähe und eines anderen Vogels.
„Scheint sicher zu sein", meint Dean mehr zu sich selbst, denn er sieht nicht zu mir auf. Sein Haar scheint im Licht der Laterne seltsam dunkel, fast als wäre es schwarz. Doch es ist von einem sehr dunklen Braun, welches in der Sonne an einigen Stellen rötlich glitzert. Ich schiebe die Gedanken an seine Haarfarbe zur Seite und wäge ab, ob ich es schaffen könnte unbemerkt hinab zu klettern.
Doch was ist wenn ich falle?
Es sind mindestens acht bis zehn Meter bis zum Boden und schon diese Höhe kann tödlich sein. Ich schlucke. Denn Dean sieht wieder zu mir rauf, ich spüre seinen Blick auf mir. Meine Haut kribbelt dort, wo ich seine Blicke spüre und mir wird ganz warm. Also gut, sage ich zu mir und klettere auf die Fensterbank, spüre die leichte Brise, die an mir zerrt und versuche nicht nach unten zu schauen.
Mit der rechten Hand greife ich nach der Ranke, die Gott sei Dank durch eines dieser Gitter gestützt wird, damit sie gerade hinauf wächst. Es ist das erste Mal, dass ich meiner Mutter- die sonst überhaupt nichts für Gartenarbeit übrig hat- dankbar dafür bin, dass sie dieses Ding angepflanzt hat.
„Du schaffst das. Ja genau so", leitet mich Dean an. Was mich unsicher werden lässt, doch ich ignoriere das flaue Gefühl in meinem Magen, als ich den rechten Fuss in die eine Vertiefung des Gitters setze. Ich finde gerade so Halt und als ich mit meinem linken Fuss und der linken Hand folge, stosse ich ein leises Wimmern aus.
„Ganz ruhig, Em, okay? Schau einfach nicht nach unten", höre ich ihn sagen. Em? Seit wann nennt er mich so? Ich habe ihn noch nie so reden gehört, es klingt beinahe fürsorglich oder doch eher besorgt? Ich weiss es nicht.
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bernsteinfarben
FantasyEs war einmal ein Mädchen und ein Wolf! Dichter Nebel umhüllt den dunklen Wald. Weiße Flocken fallen und bedecken den Boden mit einer dünnen Schicht. Schnelle Schritte sind zu hören. Schritte voller Hast. Schritte voller Angst. Äste knacken, Zweige...