Seven

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DEAN

Als ich dort ankomme kann ich schon Blake und die anderen Jungs sehen. Es ist jedes Mal dasselbe, jemand ruft und alle versammeln sich im Wald. Der Geruch der Blätter, die auf dem Boden liegen und verrotten, sticht mir in die Nase und ich frage mich, weshalb mich es jedes Mal an den Rand der Übelkeit bringt. Es ist ja nicht so, dass ich diesen Geruch lieben sollte nur weil ich ...

„Da bist du ja endlich, Alter! Wir haben schon eine Ewigkeit auf dich gewartet", unterbricht die viel zu tiefe Stimme von Blake. Sein schwarzes Haar hat er nach hinten gekämmt, doch ihm fällt dennoch immer eine Strähne in die Stirn. Die Mädchen auf der Schule flippen jedes Mal aus, wenn er sie sich gedankenlos aus dem Gesicht streicht. Mich nervt dieser Tick gewaltig, fast so, als wäre es sein Markenzeichen. Doch das ist etwas anderes. Etwas ganz anderes.

„Tut mir ja leid, aber ich wurde aufgehalten", erwidere ich und blicke in die Runde. Blake ist zwanzig und der Älteste, was ihn auch zu unserem Anführer macht. Danach kommen Shawn, er ist achtzehn und der kleinere Bruder von Blake, Mason und danach Clive. 

Ich bin der Jüngste und damit der Frischling. So nennen sie mich, was ich hasse, wenn man bedenkt, dass Clive gerade einmal ein paar Monate älter ist als ich und von mir als Frischling abgelöst wurde. Aber beschweren hilft mir nicht- kein Stück- also beisse ich die Zähne zusammen und beuge mich den Anderen. Was mir nicht immer gefällt, aber so sind die Regeln. Und die sind nun mal Gesetz.

„Davon habe ich gehört, Dean", zischt Blake und baut sich vor mir auf. Er ist ein Rugbyspieler, breit gebaut und die stechend grauen Augen können einem einen Heidenangst einjagen- mir natürlich nicht- aber er kann ganz schön gefährlich werden.

„Was soll das heissen? Willst du mir etwas sagen, Blake?", erwidere ich und halte seinem Blick stand. Er ist der Anführer, aber er soll ja nicht glauben, dass er mich einschüchtern kann. Ich bin zwar einen ganzen Kopf kleiner als die anderen, aber ich bin schneller und geschickter als alle zusammen. Sie sollten mich also nicht unterschätzen. Keinen einzigen Tag.

„Ja, das will ich und du solltest es dir besser hinter die Ohren schreiben, denn ich sage es nur ein verdammtes Mal", setzt er an und tippt mir mit dem Finger gegen die Brust. Ein stechender Schmerz pulsiert durch mich, doch ich zeige keinerlei Reaktion. 

Das würde ihm nur noch mehr Munition liefern, um mich noch weiter ans Ende der Nahrungskette zu befördern. Und das er das gerne tun würde steht ihm sogar jetzt ins Gesicht geschrieben. Aber er gibt sich grosse Mühe es zu kaschieren. Was einfach nur zum Kotzen ist!

„Dann fang mal lieber an, sonst stehen wir nächstes Jahr noch hier", erwidere ich und höre wie die anderen hinter uns sich das Lachen verkneifen. Ja, lacht nur! Zeigt eurem Anführer, dass ihr genauso denkt wie ich. Aber sie würden ihm niemals die Stirn bieten, ihm niemals zeigen, dass er nicht so unantastbar ist wie er zu glauben scheint. Aber besser ich tue es, als keiner. Soll er mich bloss verprügeln, dann werde ich ihm den Kopf abbeissen.

„Du kannst es einfach nicht lassen, was Frischling?" Blake zieht eine buschige Augenbraue nach oben und entblösst zwei schneeweisse Zahnreihen. Er sieht wirklich verdammt gut aus, aber er ist das personifizierte Böse und ich frage mich immer wieder, weshalb ich mich überhaupt mit ihm abgebe. 

Ganz einfach Mann, du musst es tun, sonst wärst du nicht mehr am Leben.

Ich verbiete meiner inneren Stimme weiter zu reden, obwohl ich weiss, dass sie verdammt noch mal recht hat. Aber das tut hier nichts zu Sache, genauso wenig wie die Tatsache, dass ich Blake und die anderen- als ich noch ein paar Jahre jünger war- bewundert habe, als wären sie irgendwelche Stars. Und für mich waren sie das auch. Helden der brutalen Art und Weise. 

bernsteinfarbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt