Kapitel 1

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Ich habe Angst. Immer. Egal wo ich bin. Alles hat sich verändert. Mein Umfeld, meine Familie, mein Verhalten, ich. Nichts ist wie vorher.

Seit drei Wochen ist das jetzt schon so. Da sind wir umgezogen nach Köln. Nun gehe ich auf eine neue Schule. Alle halten mich für vollkommen bescheuert. Aber vielleicht sollte ich vom Anfang beginnen.

Bei meiner Familie. Meine Mutter ist vor zwei Jahren bei einem Autounfall gestorben. Seit dem leben mein Bruder Alex und ich bei meinem Vater. Er muss aber sehr viel Arbeiten und ist meistens schon morgens vor uns weg und kommt erst spät abends wieder.

Alex ist mit unserem Umzug nach Köln nach seinem Abi zu zwei Freunden in eine WG gezogen. Wir verstehen uns sehr gut und wollten zu zweit den Abschied in einer Disco feiern. Allerdings ist die Situation eskaliert.

Ich kann nicht darüber reden. Wenn ich auch nur daran denke, was er mir angetan hat fange ich an zu zittern. Auch drei Wochen später bin ich weit davon entfernt darüber hinweg zu sein. Noch immer trage ich deutliche Male an meinen Hand- und Fußgelenken und bin mittlerweile nur noch Haut und Knochen.

Ich trage nur lange Pullis. Zum Glück ist erst April, da fällt das nur ein bisschen auf. Ich habe keine Freunde in der Schule. Alle halten mich für die bekloppte Neue. Die Lehrer sind unsicher, wie sie mit mir umgehen sollen. Ich glaube ich habe noch kein einziges Wort gesprochen, außer meiner Vorstellung.

Ich gehe jedem aus dem Weg, selbst meinem Vater. Jede Nacht wache ich Schweiß überströmt aus einem Alptraum auf. Jedes mal kneife ich mich an einer anderen Stelle meines Körpers bis der körperliche Schmerz den seelischen überlagert.

Ich habe nicht den Mut mich zu ritzen, weil ich kein Blut sehen kann, aber mir blaue Flecke zu verpassen macht mir nichts aus. An diesem Tag war alles besonders schlimm.


„Wer bist du denn du kleine Schönheit?", lallte er mich an. Er schielte. „Ich bin es, Melody!", rief ich. „Lass mal sehen..." Er hielt meine Handgelenke mit einer erstaunlichen Kraft für einen Betrunkenen fest.

Sein Atem streifte mein Gesicht doch seltsamer Weise roch er nicht nach Alkohol. Seine Hände klammerten sich fester um meine. Ich wollte mich währen doch ich konnte nicht. Mein Körper zuckte unkontrolliert.


Dann war ich wach. Die Tränen rannen mir nur so über das Gesicht. Ich zitterte so stark, dass ich es kaum schaffte die Ärmel meines T-Shirts hochzuziehen.

Meine Arme waren übersät mit blauen Flecken. Meine Beine sahen nicht besser aus. Also hob ich mein Oberteil und drückte meine Finger in den Bauch. Ich keuchte auf doch machte weiter bis ich nicht mehr konnte.


Schwitzend lag ich in meinem Bett. An schlafen war nun nicht mehr zu denken. Ich sah auf die Uhr. Halb fünf. In einer halben Stunde würde mein Vater aufstehen. Ach nein, er war ja auf Geschäftsreise in Miami.

Ich beschloss vor der Schule noch joggen zu gehen. Also lief ich zum Kleiderschrank und holte einen frischen Pulli und eine Jogginghose. Mein Handy steckte ich in die Tasche und verließ leise das Haus.

Die kühle Morgenluft strömte in meine Lungen und das zittern ließ nach. Gemütlich joggte ich los. Mein Bauch schmerzte noch immer, doch ich ignorierte es. Ich bog in einen abgeschiedenen Feldweg Richtung Wald ein.

Ich wurde schneller und schneller. Ich wollte alles vergessen. Ich achtete nicht auf den Weg sondern rannte nun querfeldein durch den Wald. Plötzlich verfing sich mein Fuß in etwas. Ich stolperte und fiel.

Die Luft wurde durch den Aufprall aus meinen Lungen gepresst. Einen Moment blieb ich reglos liegen und rang nach Luft. Dann konnte ich wieder atmen.

Schwerfällig erhob ich mich und machte mich langsam wieder auf den Weg nach Hause.

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Hey, ich hoffe euch gefällt die Geschichte bis hier her. Ich werde versuchen jeden Sonntag zu uploaden, versprechen kann ich aber nichts. Lasst mich eure Meinung gerne wissen...

"Now I'm standing here alone!" (Roundabouts - Michael Patrick Kelly)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt