Kapitel 7.1
Erstaunlich war es schon, dass ein Club in Zeiten, in den Rauchen an allen öffentlichen Orten verboten war, so verqualmt sein konnte. Allerdings war der Qualm hier auch auf den übermäßigen Einsatz der Nebelmaschine zurückzuführen und nicht auf irgendwelche Glimmstängel. Irritierend waren auch die ganzen Plastikfledermäuse, die von der Decke hingen. Man hatte so ein bisschen das Gefühl in einem Schwarm von ihnen zu stehen, wenn man sich auf der Tanzfläche befand.
Die Musik war dem Namen des Ladens und der gesamten Atmosphäre angepasst und so hopste ich gerade zu Nightwish über die Tanzfläche. Julia und Julian, ich hoffte so sehr, dass sie kein Paar würden, diese Kombination war einfach zu grausam, hatten sich an einem Tisch an der Seite niedergelassen und nuckelten gerade synchron an ihren Getränken, während sie sich dabei tief in die Augen sahen.
Tom wiederum stand neben mir auf der Tanzfläche. Aber während ich mich verrenkte, herumsprang und dabei an einem Hamster auf Speed erinnerte, stand er einfach nur wie ein Fels in der Brandung da. Zwar sprach er inzwischen mit mir, aber immer noch hatte ich das Gefühl, dass er mit seinem Blick alle Leute in dem Laden musterte. Ich war mir nur nicht schlüssig, ob er auf jemanden wartete oder jemanden suchte. Irgendwann konnte ich meine Neugierde nicht länger im Zaum halten und hakte nach: „Wartest du auf jemanden Bestimmtes?" Er hatte seinen Blick gerade wieder schweifen lassen und zuckte bei meinen Worten regelrecht zusammen.
Fühlte er sich etwa ertappt?
Er hatte doch nicht wirklich geglaubt, dass sein Starren subtil war, oder? Scheinbar doch, er wandte sich mir nämlich zu und meinte ganz nonchalant: „Was meinst du?" Ich verdrehte die Augen, sparte mir die Antwort, man soll seinen Atem beim Sporttreiben schließlich nicht vergeuden, und versuchte es weiter mit den Verrenkungen zu Musik. Auch wenn er mit mir sprach, war er wohl kaum in wilder Leidenschaft zu mir entbrannt und ich glaubte auch nicht, dass das noch passierte. Im Endeffekt war ich mir sicher, dass ich ihn nach diesem Abend nie wiedersehen würde, auch wenn sein Anblick hübsch war.
Im Moment hatte ich aber sowieso keine Zeit für skandinavische Götter. Ich musste schließlich noch einen Vampir loswerden.
Zum Glück hatte der sich nach seiner letzten Nachricht nicht mehr gemeldet. Hoffentlich hatte ich also für den Rest des Abends Ruhe vor ihm. Tom fasste mich, nachdem das Lied zu Ende war, sanft am Ellenbogen und nickte zum Rand der Tanzfläche. „Ich muss mal kurz wohin."
„Alles klar", ich wirbelte um ihn herum, „ich hole mir auch mal was trinken." Während er das stille Örtchen ansteuerte, machte ich mich auf den Weg zur Bar. Ein paar Minuten später hatte ich einen Vampire's Kiss in der Hand. Die Ironie entging mir nicht. Ich würde das Beißen eines Vampirs zwar nicht unbedingt als Kuss bezeichnen, aber nun schlürfte ich mal zu Abwechslung roten Sanft mit Alkohol. Ich sah noch einmal zu unserem Traumpärchen, das immer noch glückselig in seiner Zweisamkeit war, und nippte an meinem Drink.
Angewidert verzog ich nach dem ersten Schluck das Gesicht. Dieses Gesöff war quittensüß und der Geschmack erinnerte frappierend an geschmolzene rote Gummibärchen. So war das auf alle Fälle nicht trinkbar. Ich orderte noch einen Wodka und kippte ihn ins Glas. Erst dann gönnte ich mir noch einen weiteren Schluck. So schmeckte das schon besser. Vampire's Kiss mit Schuss. Ich leerte mein Glas und bestellte gleich noch einen. Als ich mein zweites Glas geleert hatte, war Tom immer noch nicht zurück. War er auf dem Klo verloren gegangen oder abgehauen?
Na ja, ich zuckte mit den Achseln, so richtig interessiert hatte er sich für mich nicht, also war es eigentlich egal. Das stille Örtchen musste ich allerdings nun auch mal aufsuchen und dann schauen, wie ich nach Hause kam. Dass Julia mich wieder mitnahm, erschien mir immer unwahrscheinlicher.
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Rabenschwarze Nächte
Mystery / ThrillerEr fuhr unbarmherzig mit seiner Sicht auf die Dinge fort: „Helena, damit wir uns richtig verstehen. Was du siehst und spürst, warum dir dein Überlebensinstinkt zubrüllt, dass du laufen sollst, ist der Tod, der an meinen Händen klebt. Du lebst, weil...