3. Konzert (Teil 1)

742 59 8
                                    

Nachdem Paul mit Niall und Liam gegangen war, hatten Tante Molly und ich uns wieder auf den Heimweg gemacht. Hieß, sie hatte mich vor sich hergeschoben und ich hatte meinen Kopf nach unten gesengt, damit ich auf keinen Fall noch einen mitleidigen Blick sehen musste.

Den restlichen Tag verbrachte ich wieder vor vor dem großen Fenster im Wohnzimmer. Molly versuchte mich zu überzeugen, mit zum Konzert zu kommen, aber ich wollte nicht. Ich wollte nicht von so vielen Menschen umzingelt sein, ich wollte nicht diese Blicke auf mir spüren und ich wollte auch nicht den Rest von dieser Band kennenlernen. Doch wer Tante Molly kannte, der wusste, dass man gegen sie keine Chance hatte. Also gab ich irgendwann nach.

Am nächsten Tag schleppte sie mich dann in ein Einkaufszentrum, da sie der Meinung war, ich bräuchte noch etwas passendes zum Anziehen für das Konzert. Mir war es eigentlich relativ egal, wie ich aussah wenn ich da hingehe, aber Molly war da natürlich anderer Meinung.

"Wie wärs denn damit?" fragte sie, ein pinkes T-shirt mit den Gesichtern von One Direction darauf hochhaltend.

"Niemals!!" rief ich aus. Wohl etwas zu laut, denn ein paar Leute drehten sich zu uns um und sahen mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Tante Molly begann zu lachen, denn sie wusste genau, dass ich so etwas niemals tragen würde. Ich grummelte beleidigt und fuhr, nach einem letzten vernichtenden Blick an meine Tante, den Gang entlang.

Nachdem Molly sich dann endlich wieder beruhigt hatte, wurde sie wieder ernster und suchte mir ein passables Outfit heraus, welches aus einer schwarzen, engen Jeans und einer Bluse mit Blumenaufdruck bestand.

Ich wünschte der morgige Tag wäre schon vorbei.

Wieder zu Hause angekommen aßen wir zusammen zu Abend. Dabei quasselte Tante Molly ununterbrochen über das Konzert morgen. Sie führte sich auf wie ein Teenager, dabei sollte man doch meinen, dass ich so reagieren sollte. Meine Tante war mit ihren 26 Jahren noch relativ jung, aber erwarten würde man so ein Verhalten von ihr trotzdem nicht. Sie war die kleine Schwester meiner Mutter und so viel jünger als sie, da meine Großeltern immer noch ein Kind haben wollten. Geklappt hat es allerdings erst viele Jahre später. Das Jugendamt hielt Molly zuerst für zu jung um auf ein Mädchen im Rollstuhl aufzupassen und für sie zu sorgen, doch sie gaben nach einiger Zeit nach, als sie sahen, dass sie sich gut um mich kümmerte und ich mich außerdem weigerte, zu meinen Großeltern zu gehen. Ich habe nichts gegen meine Großeltern, ich liebe sie, doch ich wollte lieber zu Molly nach London. Nicht schon wieder in ein kleines Dorf, wo jeder das Mädchen im Rollstuhl kennen würde.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich sie so glücklich vor sich hinplappern sah. Alleine schon um dieses Strahlen in ihren Augen zu sehen, würde ich morgen mitgehen, egal wie gerne ich lieber hierbleiben und mich verkriechen möchte.

Als es später wurde rollte ich mit meinem Rollstuhl ins Badezimmer, um mich fürs Bett fertig zu machen. Die Türen der Wohnung waren Gott sei Dank breit genug, damit ich durch kam. Nur im Badezimmer ließ meine Tante ein weiteres Waschbecken auf die für mich richtige Höhe einbauen, neben der Toilette befand sich jetzt eine Stange für Behinderte, wo man sich dran festhalten konnte und die Dusche wurde auch behindertengerecht gemacht.

Ich hasste dieses Wort.

Behindert.

Es hörte sich so an, als ob man nichts mehr alleine tun könnte.

Nachdem ich meine abendliche Rutine durchgeführt hatte, machte ich mich auf den Weg in mein Schlafzimmer, wo ich mir ein Schlafshirt aus der Kommode nahm, es auf das Bett legte und ich mich schließlich aus dem Rollstuhl stemmte um mich dann auf die weiche Matratze plumpsen zu lassen. Dann entledigte ich mich meines Oberteils und streifte mir das shirt über. Als nächstes hob ich mit meinen Händen meine Beine auf die Matratze und zog meine Hose aus. Es war immer wieder ein Akt dies zu tun, denn ich musste erst meine Beine näher zu mir bekommen und dann auch noch die Hose von ihnen zerren.

BOUND | h.s. -ABGEBROCHENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt