28 Endlich Antworten

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„Okay, Draco. Kein Problem. Was willst du wissen?", begann Potter vorsichtig.

Draco überlegte. Ihm schwirrten so viele Fragen durch den Kopf. Womit sollte er anfangen? Vielleicht als erstes mit dem Naheliegendsten? Er räusperte sich. „Ähm, warum hast du deine Uniform noch an?" WAS? In Gedanken schlug sich Draco die Hand vor die Stirn. Das hatte er wirklich dämlich formuliert. Das klang, als wollte er Potter nackt sehen. Dracos Wangen wurden heiß und er war sich sicher, dass er knallrot angelaufen war.

Doch auch Potter schien es kurzzeitig die Sprache verschlagen zu haben. „Ähm... wa-was?", stotterte er überrascht. Das wiederrum beruhigte Draco. Da war er wieder: Der alte, stotternde Potter. Mit diesem konnte er umgehen. Dieser war ihm bekannt und das war er gewohnt.

„Deine Uniform", meinte er daher gespielt genervt, aber wieder ein bisschen selbstsicherer. „Sonst warst du immer in normaler Kleidung hier. Warum heute in Uniform?" Dracos Herz schlug ihm mittlerweile bis zum Hals. Wollte er es überhaupt wissen? Nein, eigentlich nicht. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr.

Potter sah an sich hinunter und fing dann zu lachen an. Es war ein gelöstes und herzhaftes Lachen und Draco runzelte seine Stirn. Was ging nur in Potters verqueren Hirn vor sich?

„Achso, meine Uniform." Harry zwinkerte ihm belustigt zu. „Gefällt sie dir?" Draco rollte genervt mit den Augen und wedelte mit seiner Hand, damit Potter endlich seine Frage beantwortete, doch die Röte auf seinen Wangen wurde noch intensiver und verriet ihn. Potter grinste wissend. „Ich komme direkt aus dem Ministerium. Kingsley und ich waren in einer Besprechung... offizieller Art... Die Uniform war Pflicht. Wenn ich nochmal nach Hause gefloht wäre, um mich umzuziehen, hätte ich es nicht mehr rechtzeitig hierher geschafft." Harry war im Laufe seiner Rede immer leiser und ernster geworden.

„Rechtzeitig geschafft?" Was meinte Potter damit?

Harry wurde rot. „Ich wollte dich sehen", antwortete er so leise, dass Draco Mühe hatte, ihn zu verstehen.

Draco atmete tief durch. Also war Potter nicht offiziell als Auror bei ihm, um ihn zu verhaften, sondern war nur direkt von der Arbeit zu ihm gekommen. Doch dann wurde ihm klar, was Potter da gerade zugegeben hatte. Ungläubig hob er eine Augenbraue. „Mich sehen? Du spinnst ja, Potter", entgegnete er forsch. Sein Seelenpartner hatte definitiv nicht mehr alle Kessel im Keller.

Harry wurde rot und senkte seinen Blick. Dracos Herz begann plötzlich wie wild zu schlagen. Doch dieses Mal nicht aus Angst. Seine Gefühle spielten verrückt. Allein Potters Anblick ließ ihn beinahe schwach werden. Er schluckte. „Warum warst du dann so lange nicht mehr hier?", fragte er schließlich laut. Er musste sich selbst beweisen, dass er dieses Gespräch noch im Griff hatte.

Harry starrte weiterhin auf den Boden. „Weil ich Spätdienst hatte. Ich konnte abends nicht weg, weil ich im Ministerium sein musste. Ich war ein paar Mal mittags hier und habe durch das Fenster gesehen, dass du nicht da warst. Da bin ich wieder gegangen." Harry war jetzt so rot, Draco hätte es nicht gewundert, wenn aus seinen Ohren Dampf gekommen wäre. Seine eigene Röte war zum Glück wieder zurückgegangen.

Dracos Gedanken jedoch rasten und er versuchte, einen Sinn in Potters Worten zu finden. Er konnte es kaum glauben. Also war Harry wirklich nur seinetwegen jeden Abend gekommen? Nur um ihn zu sehen? Sein Herz machte ungewollt ein paar Luftsprünge. Vielleicht hatte Emma ja doch Recht gehabt? Doch da traf ihn bereits ein neuer Gedanke: Emma! Sie hatte ihn doch hoffentlich nicht verraten? Sie hatte es ihm versprochen... „Wie hast du mich eigentlich gefunden?", fragte er deshalb zögerlich. Könnte er Emma jemals verzeihen, wenn sie ihn verraten hätte? Wollte er das überhaupt wissen?

Potter lachte leise. „Ich war bei Emma. Nein, warte! Sie hat mir nicht wirklich etwas erzählt", erwiderte Harry schnell, als Draco verärgert schnaubte. „Sie sagte nur, du seist in London und würdest in einem Restaurant arbeiten. Ich hatte ihr eigentlich versprochen, es dir nicht zu erzählen, aber..." Kurz verstummte er und ließ seinen Blick wieder zu Boden gleiten. Unsicher scharrte er mit seinem Fuß über den Boden.

Draco sah ihn ungeduldig an. Wie hatte ihn Potter trotz dieser spärlichen Information finden können? London war schließlich groß und hatte unzählige Restaurants.

Schließlich räusperte Harry sich und fuhr fort. „Also habe ich alle Londoner Restaurants rausgesucht und auf eine Liste geschrieben. Ich war fest entschlossen, dich zu finden. Jeden Abend reservierte ich in einem anderen Restaurant und erkundigte mich vorsichtig bei den Bedienungen, ob ihnen ein Dean Marshall bekannt sei. Ich hatte gehofft, dass du deinen erfundenen Namen einfach behalten hast. Andernfalls hätte ich nicht gewusst, wie ich dich jemals finden sollte. Doch bei dem fünften Restaurant hatte ich schließlich Glück und ich musste nicht mal nach dir fragen. Du standst direkt vor mir." Er lächelte ihn offen an und Draco musste schlucken. Dieses Lächeln war einfach atemberaubend.

„Warum wolltest du mich finden?", fragte Draco unsicher. Jetzt würde er die Antwort bekommen, die sein Leben entscheiden würde. „Sei bitte ehrlich", flüsterte Draco noch. Er wagte es nicht, Potter anzusehen und starrte auf den Boden. Zur sehr fürchtete er sich vor der möglichen Antwort.

Daher entging ihm jedoch Harrys fragendes Gesicht. „Warum ich dich...? Wir sind doch Seelenpartner, Draco", antwortete Harry entgeistert. Für ihn schien dies das Logischste der Welt zu sein.

Dracos Blick schnellte nach oben, er sah Harry überrascht an. „Ja aber, ich... Ich bin... Wie kannst du..." Draco fand nicht die richtigen Worte. Harrys Selbstverständlichkeit überforderte ihn.

Harry lächelte und kam ein paar Schritte auf ihn zu. „Das ist es also, was Emma gesagt hat. Wovor du Angst hast", sagte er leise. Er legte seine Hand zärtlich an Dracos Wange und streichelte sie mit seinem Daumen. Draco seufzte innerlich, diese Berührung fühlte sich gut an. Unwillkürlich dachte er an den Nachmittag bei Flourish & Blotts zurück.

„Hermine hatte so etwas schon vermutet", fuhr Harry leise fort. „Du kannst dir nicht vorstellen, dass ich etwas mit dir zu tun haben möchte, sogar Gefühle für dich entwickeln könnte, trotz unserer und vor allem deiner Vergangenheit? Das ist es doch, nicht wahr?", fragte er sanft.

Draco zögerte mit seiner Antwort. Hier, in Harrys Gegenwart, mit Harrys zärtlicher Hand an seiner Wange, kamen ihm seine Ängste vollkommen unbegründet und geradezu lächerlich vor. Harry lachte leise und sein Lachen klang warm und liebevoll, nicht abwertend. „Du solltest mich besser kennen, Draco", hauchte er.

Draco nickte vorsichtig. Harry hatte Recht. Er hatte sich noch nie von der öffentlichen Meinung reinreden lassen. Harry ging seinen eigenen Weg, tat, was er selbst für richtig hielt. Selbst wenn es für andere vollkommen unverständlich war.

Harry kam noch einen Schritt näher. „Gib mir eine Chance, Draco. Gib uns eine Chance", flüsterte er, während sein Daumen immer noch sanft über Dracos Wange streichelte.

Irgendwann im Laufe dieses Gesprächs hatte Draco scheinbar seine Sprache verloren. Er konnte wieder nur nicken. Harry war ihm so nahe, diese Nähe vernebelte seine Gedanken. Plötzlich kam Harry noch näher, beugte sich zu Draco und gab ihm einen vorsichtigen, zaghaften, aber dennoch liebevollen Kuss auf die Lippen. Dracos Augen fielen wie von selbst zu und er vergaß alles um sich herum. Nur noch Harrys Lippen zählten. Harrys Lippen...

Gierig erwiderte Draco den Kuss und schlang seine Arme um Harrys Körper. Mit einem kräftigen Ruck zog er seinen Seelenpartner noch näher zu sich heran. Er hatte seinen Kopf ausgeschaltet und ließ sich nur noch von seinen Gefühlen, von seinem Instinkt leiten.

Seelenverwandt (Drarry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt