Wir dürfen raus.

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Die Zeit im Krankenhaus hat eine schleichende, trübe Qualität, und trotz der Fortschritte, die Sev gemacht hat, bleibt ein Schatten über euren Köpfen. Er hat sich stabilisiert, aber die Lücke in seinem Gedächtnis, die Leere, die dein Herz so schmerzlich spüren lässt, bleibt bestehen.Endlich, nach Wochen voller Besuche und unzähligen Erinnerungsversuchen, kündigen die Ärzte an, dass Sev entlassen werden kann. Du bist sowohl erleichtert als auch nervös. Die Vorstellung, ihn in eine vertraute Umgebung zurückzubringen, bringt ein wenig Hoffnung, aber auch Angst mit sich. Was, wenn ihm auch dort seine Erinnerungen nicht zurückkehren?Am Tag seiner Entlassung stehst du aufgeregt vor dem Krankenhaus. Die Luft ist frisch und die Sonne scheint, als hättest du die ganze Zeit darauf gewartet. Du hast ihm versprochen, dass du ihn nicht alleine lassen wirst, und heute wird dieses Versprechen Wirklichkeit.„Bist du bereit, Sev?", fragst du, als er die Treppen des Krankenhauses hinunterkommt. Er trägt eine neue Jeans und ein T-Shirt, seine Augen wirken etwas wacher, aber der Ausdruck in seinem Gesicht ist immer noch voller Ungewissheit.


„Ich glaube schon", antwortet er, während er die frische Luft einatmet. „Es fühlt sich seltsam an, hier draußen zu sein."„Es wird großartig! Wir werden die alten Plätze besuchen, die wir zusammen hatten. Und ich werde dir alles zeigen, was wir gemacht haben!", versicherst du ihm und versuchst, seinen Gesichtsausdruck aufzuhellen.Als ihr ins Auto steigt, überkommt dich eine Mischung aus Vorfreude und Nervosität. Der Weg führt euch durch die vertrauten Straßen, und du sprichst über die verschiedenen Orte, die euch einst so wichtig waren. Der Park, das Café, die Schule – alles wird zu einem Teil deines Erzählens, während Sev still zuhört. Manchmal blitzen kleine Momente in seinen Augen auf, als würde er einen schwachen Lichtstrahl seiner Erinnerungen erhaschen.Nach einer Weile kommt ihr am Park an. Es ist der Ort, an dem ihr unzählige Stunden miteinander verbracht habt – gelacht, gespielt und das Leben genossen. Du schaltest den Motor ab und siehst Sev an.„Willst du aussteigen?", fragst du sanft.„Ich denke, das wäre schön", murmelt er und öffnet die Tür. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee aus einem nahegelegenen Kiosk zieht in eure Richtung. Du nimmst seine Hand, und gemeinsam tretet ihr in die warme Sonne hinaus.Der Park sieht aus wie immer, die Bäume rauschen leise im Wind, und Kinder spielen fröhlich. Du ziehst Sev zu einer der Bänke, wo ihr oft zusammen gesessen habt.„Hier haben wir viele gute Gespräche geführt", sagst du und setzt dich. „Wir haben oft über unsere Träume geredet."


Sev nickt und schaut umher. „Ich kann mich nicht erinnern, aber es fühlt sich vertraut an", sagt er und lächelt leicht.Die Zeit vergeht, während du ihm Geschichten erzählst, die tief in deinem Herzen verankert sind. Aber je mehr du sprichst, desto mehr bemerkst du, dass Sev nicht die gleiche Freude empfindet. Er ist immer noch in dieser grauen Zone gefangen, in der seine Erinnerungen wie Schatten verschwommen bleiben.„Leyla...", beginnt er zögerlich, „ich bin dankbar, dass du hier bist. Aber ich fühle mich immer noch verloren. Es tut mir leid, dass ich nicht mehr weiß."„Es ist in Ordnung, Sev", antwortest du und drückst seine Hand. „Wir schaffen das gemeinsam. Du bist nicht allein, ich verspreche es."Gerade in diesem Moment bemerkt ihr eine Gruppe von Jugendlichen, die sich laut lachend und spielend in der Nähe aufhalten. Ein kalter Schauer läuft dir über den Rücken, als du die vertrauten Gesichter siehst – die Jungs, die euch im Krankenhaus so zugesetzt haben. Du fühlst, wie sich deine Muskeln anspannen.


„Schau mal, Sev", sagst du und versuchst, ruhig zu bleiben. „Das sind einige alte Bekannte. Lass uns lieber in die andere Richtung gehen."Sev nickt, aber in seinen Augen liegt eine gewisse Neugier. „Wer sind die?"„Freunde aus der Schule", antwortest du schnell, während du ihn sanft wegführst. Du möchtest nicht, dass die Situation erneut angespannt wird. Der Gedanke, dass Sev noch verwundbar ist, lässt dich frösteln.Die Gruppe bemerkt euch, und du hörst, wie einige von ihnen flüstern. „Hey, schaut mal, der kleine Sev ist zurück!"Du spürst, wie Sev sich anspannt. „Leyla, was ist los?"„Nichts, Sev. Lass uns einfach weitergehen", sagst du und versuchst, die Leichtigkeit in deiner Stimme zu bewahren. „Wir haben so viele andere Dinge, die wir tun können."Sev wirft dir einen besorgten Blick zu, aber er folgt dir. Ihr wandert tiefer in den Park, weg von der Gruppe, und du bist erleichtert, als ihr ein ruhiges Plätzchen findet, das von Bäumen umgeben ist.


„Es tut mir leid, dass ich nicht mehr weiß", sagt Sev leise, und sein Blick ist traurig. „Ich wünschte, ich könnte mich an die Zeiten erinnern, die wir geteilt haben."„Ich werde dir alles erzählen", versicherst du ihm, während du seine Hand festhältst. „Wir werden neue Erinnerungen schaffen. Das hier ist erst der Anfang."Die Zeit vergeht, während ihr euch entspannt und das Zusammensein genießt. Ihr sprecht über die kleinen Dinge, über die Zukunft und eure Träume. Und während die Sonne langsam untergeht, spürst du, wie eine Verbindung zwischen euch wächst, auch wenn seine Erinnerungen fehlen.Nach einem langen Tag im Park bringt du Sev nach Hause. Während er sich in der vertrauten Umgebung umschaut, blitzen manchmal Erinnerungen in seinen Augen auf, aber du weißt, dass er die wichtigsten Momente noch immer nicht greifen kann. „Ich hoffe, dass ich eines Tages all das wiedererlangen kann", sagt er leise, als ihr euch in der Wohnung gemütlich macht.„Das werden wir schaffen, Sev. Ich bin hier, um dir zu helfen, egal wie lange es dauert", sagst du und lächelst, auch wenn du insgeheim fürchtest, dass es eine lange Reise sein könnte.Die Tage vergehen, und ihr verbringt viel Zeit miteinander. Du führst ihn in seine Lieblingsorte ein, erzählst ihm von gemeinsamen Erlebnissen und schaffst neue Erinnerungen. Doch die Unsicherheit bleibt, und du wünschst dir sehnlichst, dass Sev sich eines Tages an all das erinnern wird, was ihn so einzigartig macht.In deinem Herzen weißt du, dass die Liebe, die zwischen euch gewachsen ist, stark genug ist, um alle Hürden zu überwinden. Aber die Schatten der Vergangenheit haften an Sev und seiner Ungewissheit, während ihr gemeinsam einen neuen Weg beschreitet.

Ich glaube, ich bin verliebt!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt