Ein letztes Mal

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Außenperspektive

„Mr. Mcclain, was soll mit seinen Kleidungsstücken geschehen?" fragte Alan, einer der Cyberlife Mitarbeiter, während er Connor neugierige Blicke zu warf.
Er wunderte sich darüber, wie anders dieser Android aussah. Zwar war er es gewöhnt mit Androiden zu arbeiten und er beschäftigte sich auch jeden Tag mehrmals mit ihnen aber irgendwas hatte er an sich, was ihn von den Anderen unterschied. Fast schon erschrocken war er zurückgewichen, als er den Raum betreten und einen Blick auf ihn geworfen hatte.

Aber was ließ ihn so anders aussehen? Lag es tatsächlich nur an seiner Kleidung? Er schüttelte leicht mit seinem Kopf, um die Gedanken daran abzuschütteln. Ihm stieg wohl einfach so langsam die Arbeit zu Kopf. Er sollte über so etwas nicht nachdenken, sonst würde er womöglich auch noch damit anfangen alles zu hinterfragen, genau wie es seine Frau mittlerweile tat.
„Verbrenn sie, verkauf sie oder schick sie zurück, ist mir eigentlich egal. Ich frage mich nur, was der ganze Quatsch eigentlich soll. Androiden in menschliche Kleidung stecken, ist das jetzt so ein neuer Jugendtrend?"
Fragte Mr.Mcclain ärgerlich, der Connor herablassend betrachtete. Der Mann hatte nicht viel für Androiden übrig, da auch ihm seine vorherige Arbeit von den Maschinen genommen worden war. Nun musste er sich mit ihnen tagtäglich beschäftigen, was ihm das Gefühl gab, dass man ihn damit verhöhnte. Aber wenigstens hatte er eine Führungsposition, die er auch gerne ausnutzte, um auf alle Mitarbeiter rumzuhacken und sie auf jegliche Art zurechtzuweisen.

Auch Alan gehörte zu diesen Mitarbeitern und hatte es satt, ständig von ihm niedergemacht zu werden, nur weil er dachte, dass er etwas Besseres war als er.
„Ich weiß es nicht, so etwas ist mir auch neu." Antwortete Alan und versuchte dabei nicht genervt zu klingen.
„Los vernichte ihn. Noch mehr Abweichler können wir nicht gebrauchen. Außerdem ertrage ich diesen Anblick nicht mehr." Bevor er ganz aus dem Raum verschwand, drehte er sich noch einmal zu ihm um.
„Ach und Alan, wir müssen gleich noch mal über deine Arbeit reden. Wenn du hier fertig bist, kommst du bitte in mein Büro." Mr.Mcclain offenbarte ihm ein hämisches Grinsen und verließ mit schnellen Schritten den Raum, wo er Alan schließlich alleine ließ. Seufzend ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und ganz automatisch, fanden seine Augen den Androiden, der von den Armen der Maschine gehalten wurde. Mit einer Hand fuhr er sich übers Gesicht und versuchte die Wut und Verzweiflung, die in ihm aufkeimte, zu unterdrücken. Mr.Mcclain würde ihn feuern, mit Sicherheit. Dabei hatte er nichts Falsches getan oder gesagt, da war er sich sicher. Nein, dieser hochnäsige Großprotz konnte ihn einfach nur nicht leiden und das war schon Grund genug, ihn zu entlassen. Er schnaubte.
Wahrscheinlich würde er ihn gleich noch ordentlich anschreien und niedermachen, bevor er ihm schlussendlich die Kündigung aussprach. Aber womit hatte er das verdient?

Alan nahm sich feste vor, dass nicht mehr länger auf sich sitzen zu lassen. Wenn er gekündigt werden würde, gäbe es nichts mehr, was ihn davon abhalten würde, dem aufgeblasenen Arschloch eine zu verpassen. Direkt auf sein hässliches Gesicht. Mal sehen, ob er danach immer noch so ein dämliches Grinsen auf den Lippen hätte. Dieser Gedanke erweckte in ihm schon fast Euphorie und er konnte es schon kaum abwarten seine Faust in seinem Gesicht zu spüren. Alan drückte einen Knopf und der Android wurde von den Greifarmen der Maschinen auf den Boden gestellt. Dann stand er auf, um den Androiden zu entkleiden. Er betrachtete noch einmal sein Gesicht und Gänsehaut breitete sich überall auf seiner Haut aus, als ihm der Gedanke eines schlafenden Menschen kam. Seine Kiefermuskeln spannten sich an und er sah schnell auf seine LED-Lampe, die ihn davon überzeugen sollte, dass er tatsächlich nur ein Maschine war.

Noch einmal atmete er tief ein und aus und begann damit, seine Strickjacke auszuziehen. Als er schließlich auch das letzte Kleidungsstück ausgezogen hatte, faltete er sie ordentlich zusammen und legte sie auf einen Stapel. Bevor er die Schuhe darauf stellte, strich er nochmal über die Kleidung und fragte sich, was sich der Mensch dabei gedacht hatte, ihn in diese Kleidung zu stecken. Er fuhr mit den Fingern leicht über den dicken Stoff und als er die Jackentasche erreichte, stutzte er. Irgendetwas befand sich in dieser Tasche. Mit gerunzelter Stirn faltete er noch einmal die Jacke auseinander und öffnete den kleinen Reißverschluss. Es fühlte sich wie dickes Paper an, was zusammengefaltet worden war, damit es in die Tasche passte. Doch als er es rausholte, wurde ihm klar, dass es sich nicht um Papier handelte, sondern um ein Foto. Das Bild war so zusammengefaltet worden, dass nur eine Person darauf zu erkennen war.

Ein junges blondes Mädchen mit grünen Augen. Sie lächelte und zeigte mit ihren Fingern ein Peace-Zeichen in die Kamera. Vorsichtig faltete er es auseinander und betrachtete das ganze Bild. Ein weiteres Mädchen mit hellbraunen schulterlangen Haaren war darauf zu erkennen, welches er im gleichen Alter schätzte. Sie hielten sich gegenseitig in den Armen und strahlten um die Wette. Alan schaute wieder zu dem Androiden und fragte sich warum er dieses Foto mit sich trug und was das zu bedeuten hatte. Ob dieses blonde Mädchen seine Besitzerin gewesen war? Hatte sie ihn umgekleidet?
Wieder schüttelte er mit dem Kopf und ärgerte sich darüber, dass es ihm jetzt noch ein Stück weit mehr ausmachte, den Androiden zu zerstören. Schnell faltete er das Foto zusammen und legte es auf den Tisch. Er bräuchte nur einen Knopf drücken und die Maschine würde ihn in kleine Einzelteile zerlegen, bis schließlich überhaupt nichts mehr von ihm übrig bleiben würde. Das jedenfalls, erwartete man von ihm, aber warum zögerte er?

Das Bedrängnis, mehr über die Geschichte des RK800 herauszufinden, juckten ihn in den Fingern und er schnappte sich die Unterlagen, in denen alle Informationen über den Androiden enthalten waren.
Entworfen, um Abweichler zu untersuchen.
...kann mit Schussfeuerwaffen und Scharfschützengewehren umgehen.

Er stutzte und fand es seltsam, dass ein Prototyp in einen normalen Haushalt geschickt worden war. Dieser Android hatte anscheinend einiges auf dem Kasten, was er somit gar nicht zum Einsatz bringen konnte. Fast hätte er aufgelacht. Das war ja so, als hätte man einen Soldaten in den Kindergarten zum Arbeiten geschickt. Wer kam denn auf so eine Idee?
Schnell blätterte er weiter und entdeckte die Angaben zu der Familie, in der er zuletzt gearbeitet hatte.
James und Elsie Callahan.
Das musste wohl das Mädchen auf dem Foto sein. Elsie...
Alan suchte weiter und fand heraus, dass er davor beim Detroit Police Department gearbeitet und bei der Suche nach Abweichlern geholfen hatte.
Nachdem er bei einem Überfall stark beschädigt worden war, hatte man ihn erneuert und zu einem Pfleger für kranke und behinderte Menschen programmiert.
So kam er zu der Familie Callahan, wo er wohl damit anfing, sein Eigenleben zu entwickeln.
„Was eine Ironie." Sagte er zu sich selbst und schüttelte grinsend den Kopf. Ein Abweichler Jäger, der selbst zu einem Abweichler geworden war. Das war alles ganz schön seltsam und schräg, doch er beschloss trotzdem das Ganze auf sich ruhen zu lassen und nicht mehr drüber nachzudenken.
Doch es brachte ihn auf eine Idee, das ihm ein Lächeln auf den Lippen schlich.
Er packte die Unterlagen wieder weg und tippte Anweisungen in den Computer ein. Mal sehen, was Mr.Mcclain von seiner Idee halten würde.
Schnell lief er in den Nebenraum und schnappte sich einen Karton, dessen Inhalt er einfach achtlos auf den Boden verteilte.
Dann nahm er die Kleidung des Prototypen und legte sie alle sorgsam und ordentlich hinein.

Sein Lächeln wurde nun zu einem Grinsen und es erfüllte ihn mit Genugtuung, dass er ihm damit ordentlich in Schwierigkeiten bringen würde.
„Mal sehen." Alan drückte ein paar Knöpfe und die Maschine begann damit, den Androiden einzukleiden. Als sie fertig war, schnappte er sich das Foto und ging damit zu dem Androiden rüber. Geschickt steckte er das Foto in seine Jackentasche zurück und beugte sich ein Stück zu ihm vor, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
„Misch sie ordentlich für mich auf."

Detroit become Human: Tatsächlich...AndroidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt