Wolf im Schafspelz

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Well you look like yourself
But you're somebody else
Only it ain't on the surface
Well you talk like yourself
No, I hear someone else though
Now you're making me nervous
Flora Cash - You're someone else
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Während ich mich stolpernd vorwärts bewegte, versuchte ich mir weitere Tränen zurückzuhalten, um den Weg vor mir besser sehen zu können. Ich wollte nach Hause. Ich wollte einfach nur alles vergessen und so tun, als wäre niemals etwas hiervon passiert.
„Wo laufen wir hin?" hörte ich Amaya fragen.
„Wir brechen in ein Haus ein und hoffen, darauf, dass niemand zuhause ist." Sagte Jad und ich verspürte den Wunsch mich aus seinem Griff zu befreien und einfach nach Hause zu rennen. Die Polizei war nirgendwo mehr zu sehen und ich fragte mich, wie wir es geschafft hatten ihnen zu entkommen. Schließlich hatten sie uns ja gesehen.
„Ich kann nicht mehr." Keuchte ich und hustete. Als wir um die nächste Ecke bogen, blieb Jad stehen und schaute mich an.
„Es tut mir leid was mit ihm passiert ist. Aber wir müssen weiter. Meinst du, du schaffst die restlichen Meter noch?"
Mir war speiübel und mein Gesicht fühlte sich an, als würde es in Flammen stehen.
Hatte ich Fieber?
„Ja." Krächzte ich und Jad nickte.

Nun da er mich jetzt nicht mehr festhielt, merkte ich, wie mir das Gleichgewicht halten immer schwerer fiel. Alles drehte sich und meine Brust fühlte sich zugebunden an. Wankend ging ich ihnen hinterher.
„Wir sollten sie hierlassen. Schau sie dir doch an, sie ist krank." Ich konnte Amayas Dolchartigen Blick förmlich auf mir spüren. Plötzlich legte Jad einen Arm um meine Körpermitte und mein Kopf war so schwer, dass ich ihn einfach auf seine Schulter fallen ließ. Alles fühlte sich wie ein Nebelschleier an, der sich auf mir gelegt hatte und als ich die Augen schloss, spürte ich die Müdigkeit, die mich einfach übermannte. Immer wieder driftete ich weg und bekam deswegen nur Bruchstücke der Gespräche mit.
„...deine Aufgabe dich um sie zu kümmern."
„...nicht gebeten mitzukommen."
„...trotzdem nehmen, sie ist nicht wegen mir hier."
Und dann wurde ich in andere Arme gegeben, die mich hochhoben. Mein Kopf fiel auf eine Brust und ich fragte mich, ob ich das alles nur träumte. Es war schwer diesem Zustand zu unterscheiden, was echt war und was nicht. Die Tatsache, dass ich jetzt in Connors Armen liegen sollte, erschien mir schon als sehr unwahrscheinlich aber selbst wenn das hier nur ein Traum sein sollte, schenkte er mir trotzdem Sicher- und Geborgenheit.

Immer noch kämpfte ich gegen meine Müdigkeit an und versuchte meine Augen offen zu halten. Ich wollte einfach noch nicht schlafen. Ich wollte es genießen bei ihm zu sein und seinen Körper an meinen zu spüren, doch immer wieder driftete ich ab. „Warum schläfst du nicht? Du bist müde und du brauchst deinen Schlaf."Ich biss mir auf die Unterlippe. „Ich möchte es einfach genießen hier mit dir zu liegen und ich habe Angst, dass... morgen alles anders sein wird und ich nur geträumt habe."„Warum sollte morgen alles anders sein? Ich werde hier bei dir sein, wenn du aufwachst, keine Sorge."Er drückte mich an sich.
„Versprochen?"
„Versprochen."


Als sich meine Augen wieder öffneten und ich an eine Decke starrte, die mir nicht bekannt vorkam, geriet ich in Panik.
Wo war ich?
Ich brauchte einige Augenblicke, um mich an das zu erinnern, was als letztes geschehen war.
Hatte ich wirklich in Connors Armen gelegen? Unmöglich.

Hustend setzte ich mich auf und rieb mir durchs Gesicht. Dabei fühlte ich das getrocknete Blut und die schlimmen Bilder kamen in schneller Abfolge wieder zurück. Ich schluckte hart und sah mich um. Ich musste es aus unbedingt und so schnell wie möglich aus meinem Gesicht waschen. Mit zitternden Gliedern setzte ich mich auf und blickte in das Zimmer umher, worin ich mich befand. Die einzige Lichtquelle war die Straßenlaterne, dessen Licht das Zimmer gerade so erhellte, dass ich soweit alle Umrisse erkennen konnte.

Direkt neben dem Bett befand sich eine Türe, die wahrscheinlich in den Flur führte. Sie war geschlossen und ich lauschte, doch es herrschte Totenstille.
Hatten sie mich hier hin gebracht, um mich loszuwerden?
Ich musste feststellen, dass mich dieser Gedanke weder ärgerte, noch ängstigte. Ich war es leid ständig das Anhängsel der Gruppe zu sein. Und Connor...
Seufzend stand ich vom Bett auf und sofort brach mein Kreislauf zusammen. Mit dem Oberschenkel stieß ich gegen eine Kante, während meine Hände sich panisch suchend an eine Stehlampe krallten. Bevor sie mit mir zu Boden fallen konnte, fand ich halt am Türrahmen und stellte die Lampe wieder in ihre vorherige Position zurück. Während ich mich mit dem Rücken am Türrahmen lehnte, zog ich mir die Jacke aus und warf sie achtlos aufs Bett.
Mir war so unglaublich heiß.
Dann drehte ich mich um und öffnete die andere Türe, die sich noch im Zimmer befand und tastete mit meiner Hand nach dem Lichtschalter, den ich schnell fand. Meine Augen mussten sich wieder an die Umstellung des Lichts gewöhnen und als ich gegen das grelle Licht anblinzelte, machten sich hämmernde Schmerzen in meinem Kopf bemerkbar. Ich schloss die Türe wieder hinter mir und steuerte das Waschbecken an und drehte den Wasserhahn voll auf. Immer wieder wusch ich mir das Gesicht, bis das Wasser in einer klaren Farbe wieder abfloss. Das kalte Wasser kühlte meine heiße Haut und ich seufzte mehrmals auf.

Als ich fertig war, nahm ich mir einen der weißen Handtücher, die fein säuberlich zu einem Stapel aufgestellt worden waren und trocknete damit mein Gesicht ab. Währen ich dies tat, dachte ich darüber nach wer hier wohl lebte und sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte kein Recht die Sachen dieser Menschen zu benutzten und mir würde es auch nicht gefallen, wenn man bei mir einbrechen und sich an meinen Sachen bedienen würde. Aber es war ja nicht so, dass ich ihre Schränke durchwühlte. Doch trotzdem machte es das auch nicht gerade besser. Ich zuckte vor Schmerz zusammen, als ein heftiger Stich durch meinen Kopf zog. Ich fuhr mir durchs Gesicht und nahm das Handtuch, um es in den Wäschekorb zu werfen, der sich direkt neben dem Waschbecken befand. Bevor ich das Badezimmer verließ, schaute ich noch einmal in den Spiegel, was ich sofort bereute. Zwar war mein Gesicht nun sauber aber ich sah ganz deutlich, dass meine Lippen sich bläulich verfärbt hatten, was damit zusammen hing, dass ich nicht richtig Luft bekam. Ich weiß nicht, wie viel Uhr es war, aber mir fiel die Medikamente ein, die ich schon längst hätte nehmen sollen. Mit einer Hand fasste ich mir an meine immer noch glühende Stirn und als ich meine Augen schloss, wurde mir noch schwindeliger, sodass ich mich am Waschbeckenrand festhalten musste. Wieder hustete ich, woraufhin meine Lungen zu schmerzen begannenund ich war mir nun sicher, dass ich mir eine Lungenentzündung geholt hatte. Ich musste dringend Medikamente haben, wenigstens Schmerzmittel gegen meine hämmernden Kopfschmerzen. Zögernd öffnete ich den Spiegelschrank vor mir und sofort fiel mir genau die Tablettenpackung ins Auge, die wir Zuhause auch besaßen. Ich biss auf meinen Lippen herum und rang mit mir selbst. Doch bevor mein schlechtes Gewissen überhand nehmen konnte, griff ich einfach danach und drückte mir zwei Tabletten aus der Packung heraus. Das Denken fiel mir wegen der Kopfschmerzen schwer und ich war erleichtert, nachdem ich sie hinuntergeschluckt hatte.
Ein Problem weniger.

Das Klopfen an der Tür ließ mich zusammenzucken und ich drehte mich schnell zu der Türe um, die ich nicht abgeschlossen hatte.
„Ich bin's Jad. Ist alles in Ordnung da drin?" Ich atmete erleichtert auf und ging langsam zur Türe und öffnete sie. Da mir immer noch schwindelig war, klammerte ich mich an die Tür.
Vorsichtshalber.

Seine großen blauen Augen, die mich an eine Puppe erinnerte, die ich als Kind besessen hatte, musterten mich aufmerksam.
„Du siehst beschissen aus." Sagte er ernst und ich schnalzte mit der Zunge. „Weiß ich." Krächzte ich.
Warum war es nur so verdammt heiß hier drin?
Ich versuchte tiefer einzuatmen, doch meine Lunge ließ dies nicht zu.
„Ich sehe, dass es dir nicht gut geht aber ich würde trotzdem gerne mal mit dir reden."
„Wenn du damit einverstanden bist." Fügte er hinzu. Ich zuckte mit den Schultern. „Klar."
Es war ja nicht so, als hätte ich etwas anderes zu tun. Es wunderte mich sowieso, dass sie noch hier waren und mich nicht allein gelassen hatten. Jad nickte in Richtung des Zimmers und ich verließ das Badezimmer und ging in langsamen Schritten zu dem Bett hinüber. Um Halt zu haben, lehnte ich mich gegen die Wand und streckte die Beine aus. Automatisch schloss ich die Augen und obwohl ich geschlafen hatte, war ich immer noch todmüde.
„Wie lange sind wir eigentlich schon hier?" flüsterte ich, da es angenehmer für meine Stimme war. Jad schnappte sich den Schreibtischstuhl aus der Ecke und setzte sich verkehrt herum darauf.
„Ich würde sagen etwa sechs Stunden. Nicht mehr lange und die Sonne geht wieder auf." Ich schluckte. Dafür dass ich sechs Stunden geschlafen haben sollte, fühlte ich mich ganz schön elend. Nervös zupfte ich an meinem Pullover herum. Ich musste mich noch bei ihm bedanken, schließlich hatte er sich um mich gekümmert. Außerdem wollte ich wissen, ob ich wirklich in Connors Armen gelegen hatte oder nicht.

„Übrigens danke, dass du mich...ähm nicht einfach auf der Straße hast liegen lassen." Er legte seine Arme über die Stuhllehne und rückte ein weniger näher zum Stuhl hin. Das Licht von draußen schien nun auf die linke Seite seines Gesichtes. Und auch wenn dies nicht ausreichte jedes Detail seines Gesichts zu erkennen, so sah man trotzdem noch seine langen und dichten Wimpern, die jede Frau grün vor Neid gemacht hätte.
„Schon okay. Und ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass ich dich an deinen Freund Connor gereicht habe. Aber es ist nun mal seine Aufgabe sich um dich zu kümmern. Schließlich bist du wegen ihm hier. Aber er war nicht gerade begeistert davon. Was mich ehrlich gesagt ziemlich stutzig gemacht hat. Er ist ein Arschloch und hat deine Hilfe eigentlich gar nicht verdient." Ich schluckte. Die Tatsache, dass ich für Connor immer noch eine Belastung war, traf mich sehr. Aber was hatte ich eigentlich erwartet?
„Sorry Kleine. Aber er ist eben ein Arschloch."
„Rede nicht so über ihn." krächzte ich wieder, woraufhin Jad leise zu lachen begann. Mir war aufgefallen, dass seine Stimme wirklich sehr angenehm klang, fast schon Melodisch. Aber sein Lachen war rau und kehlig und ich musste mir in Erinnerung rufen, dass er kein Mensch war.
„Wo ist Connor jetzt?" fragte ich und mein Herz wollte einfach nicht aufhören schneller zu schlagen. Ich war mir nicht recht sicher, aber ich glaubte zu sehen, dass er die Augen verdrehte.
„Er ist unten und kümmert sich mit Amaya um einen Freund von mir. Während du geschlafen hast, ist draußen ordentlich die Post abgegangen. Eine Schießerei nach der anderen war zu hören. Viele von uns haben in dieser Nacht ihr Leben gelassen. Sie fangen bereits an die Straßen zu säubern." Er schnaufte und drehte seinen Kopf in Richtung Fenster.

Detroit become Human: Tatsächlich...AndroidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt