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29.August 1676

Mit einem kratzenden Geräusch glitt die Federspitze über das Papier. Ganz langsam und mit zarten Strichen formten sich die Buchstaben.
Vertieft saß der Junge über das Papier gebeugt da und schrieb.
Gerade hatte er den letzten Strich getan, da läuteten draußen die Glocken der Maria-Kirche.
Nun würde Ina das Gespräch mit den Küchenmägden beenden. Jeden Tag tratschte sie lachend mit ihnen und sie tauschten Gerüchte aus oder wenn es keine gab, dann schufen sie welche die sie dann fleißig weitererzählten. Iwan hasste das Gerede der Mägde und Diener. Sie taten es heimlich, wo sie hofften nicht gehört zu werden, doch Iwan hörte alles was sie sagten. Er kannte jedes Gerücht über sich und seine Geschwister. Auch was über die Bojaren  gesagt wurde wusste er.
Oft ging es bei dem Gerede um Beziehungen die die Adligen hatten, oder nicht hatten. Und ab und zu, wie nun schon wieder, ging es in spirituelle Sphären.
Iwans Bruder hatte seinen Widersacher Artamon Sergejewitsch Matwejew ins Exil geschickt, mit der Begründung er praktiziere schwarze Magie.
Eine sehr wirkungsvolle Methode hatte Fjodor angewand.
Iwan hatte schon früh Gerüchte über Magie gehört, daher wusste er, die Leute fürchteten sie wie nichts anderes. Allein die Vorstellung, dass es welche unter ihnen geben könnte, die Dinge konnten und sagten, die normale Menschen nicht tun sollten.
So entstanden Mythen, vor denen sich die Leute noch mehr fürchteten.
Es war leicht jemanden als Hexe oder Hexer anzuklagen. Man musste nur gründlich suchen, irgendwann fand man immer etwas was denjenigen als Hexe auszeichnete.
So war jeder eine Hexe.
Iwan schreckt aus seinen Gedanken als er die Schritte hörte. Ina näherte sich seiner Tür.
Schnell versteckte Iwan das Schreibzeug, dabei hätte er beinahe die Tinte verschüttet. Er setzte sich gerade zurecht und beobachtete wie die Tür aufschwang. Schnaufend kam sein dickliches Kindermädchen herein. Sie verzog ihr rundes Gesicht zu einem Lächeln, als sie ihn sah. „ Na, Iwan, was machst du denn schönes?" Gleich gibt es Essen."
Iwan schwieg und Ina an während sie durch sein kleines Zimmer stapfte und vor ihm stehen blieb.
Sein Zimmer beinhaltete lediglich sein Bett, ein Tisch und eine Truhe, in der lauter spielsachenladen. Vom Fenster aus, hatte man einen guten Blick in den Garten und über die Mauern des Kremls hinweg auf den Fluss.
Ina packte Iwan am Arm. „Na komm!"
Sie zog ihm vom Stuhl. Iwan sah hinunter auf seine Hände und erschrak. Seine Hände waren voll mit Tintenklecksen.
Schnell riss Iwan sich los, ging ein paar Schritte zur Seite und versteckte seine Hände hinter dem Rücken. Ina erschrak durch seine plötzliche Reaktion, doch sie schaffte es sich schnell wieder zu fassen. Skeptisch musterte sie ihn.
„Iwan! Was soll denn das?!"
erst da bemerkte Iwan wie dumm er gewesen war. So hatte er sie erst Recht darauf aufmerksam gemacht.
Kopfschüttlelnd wand sie sich ab. „Los! Komm jetzt!"
Als Iwan wieder nicht reagierte streckte sie ihm ihre Hand entgegen.
„Iwan!"
Gerade als das Kindermädchen drohend einen Schritt auf ihn zuging und ihn an der Schulter packen wollte, machte er einen Satz nach hinten. Einige Schritte von Ina entfernt blieb er wieder stehen.
Ivan wusste selbst nicht genau warum er das getan hatte. Es war ein Reflex gewesen. Normalerweise wäre er ruhig stehen geblieben und hätte alles über sich ergehen lassen. Sie hätte seine Hände gesehen, mit ihm geschimpft und ihn dann hinter sich her, durch den Zahn Palast gezogen um seine Hände zu waschen. Doch das ging nun schon zu lange so. Iwan reichte es nun, dem Willen seines dicken, dummen Kindermädchens zu beugen.
Ina sah ihn lange an. In ihrem Blick lag Verwirrung. Sie brauchte eine Weile um zu begreifen, dass der Stille, verrückte Junge sich gegen sie aufzulehnen versuchte.
Ein grimmiges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
„Na warte Iwan! Jetzt ist Schluss mit deinen Spielchen!"
Sie stützt sich auf Ivan, wobei sie seine Wendigkeit und ihr Körpergewicht unterschätzte. sie stolperte über ihre eigenes eigenen Füße und fiel der Länge nach hin.
Iwan hatte sich zur Tür gerettet und sah sich nun zu seinem Kindermädchen um. Ein helles Lachen hallte durch die Gänge des Palasts. Es war das erste Mal seit Jahren, dass Iwan lachte. Das letzte Mal hatte er es getan, da hatte Mutter noch gelebt.
Mühsam und langsam versuchte Ina wieder aufzustehen. Schnell wie eine Ratte verschwand Iwan durch die Tür. ina schnaufte, als sie endlich wieder auf die auf ihren Füßen war. Nun war sie wütend. Das erste Mal, dass sie wirklich wütend war auf den Sohn des alten Zaren.
So etwas, und da würde sie nie Widerspruch dulden, tat ein Kind nicht mit einer erwachsenen Frau.
So stapfte sie los um Iwan zu suchen und sie selbst hoffte für ihn, dass er sich so gut versteckte, dass sie ihn erst fand wenn ihre Wut verraucht war.


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Brojaren = reiche Adlige 

Die Söhne des Zaren Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt