06.September. 1676

Iwan starrte die Frau an. "Was ist? Hast du die Sprache verloren" fuhr sie ihn nun an. Iwan sagte nichts und stand mühsam auf. Kopfschüttelnd wand ihm die Frau nun den Rücken zu und wollte in einem Haus verschwinden. 

"Ina!"  Die Frau erstarrte auf der Schwelle. Langsam drehte sie sich um und starrte den Jungen an. "Ich bins Ina!" 

Der Mund der Frau ging auf und wieder zu und erneut wieder auf. Einige Minuten verstrichen ehe sie in der Lage war zu sprechen. "Iwan?!" Die Stimme seines ehemaligen Kindermädchens überschlug sich. "Das kann nicht wahr sein! Du bist das nicht." 

Ina schien einem Nervenzusammenbruch nahe. Ihre Knie gaben nach und die setzte sich auf die Schwelle vor ihr Haus. "Bist du es wirklich?" Iwan kam ein paar Schritte auf sie zu. "Ja." sagte er bloß. Was Ina erneut entsetzt den Kopf schütteln lies. Sie rang sich durch und brachte erneut Worte heraus. "Was machst du hier?" Iwan antwortete nicht auf ihre Frage. "Bring mich zum Terem-Palast." Ina achtete jedoch nicht drauf was Iwan sagte. "Bist du mit jemanden hier? " Ina schien verwirrt. Iwan hier anzutreffen überstieg all ihre Vorstellungen und dunkelsten Träume. "Ich meine dich hat jemand begleitet." 

Kaum hörbar seufzte Iwan. "Nein. Ich bin allein hier." Bevor Ina noch mehr Fragen stellen konnte, beschloss Iwan Ina alles zu erzählen. "Ich bin allein hinausgeschlichen. Zuerst aus dem Palast und dann durch den Garten in die Stadt." Ina starrte ihn mit großen Augen an. "Und jetzt muss ich zurück." Stille. Ina saß regungslos da und starrt ihn an. Mehrere Minuten passierte nichts. "Ina?!" Als nichts passierte wackelte Iwan mit einer Hand vor ihrem Gesicht herum. Doch Ina regte sich nicht. Erneut musste Iwan seuftzen. Unsicher stand er auf der Straße. Gerade wollte er gehen, da schreckte Ina hoch. "Was? Hast du was gesagt?" Iwan kam wieder zurück. "Bring mich zum Terem-Palast! Schnell!" 

Ina zog unsicher Luft ein und sah von ihm zu ihrem Haus und wieder zurück. "Na dann los. Schnell." Iwan hatte gewusst, dass sie einwilligen würde. Sie war viel zu ängstlich um ihm gegenüber irgendetwas abzulehnen. 

Die Straßen waren schon dunkel und wurden lediglich von den teils hell erleuchteten Fenstern erhellt. Ina redete den ganzen Weg vom Viertel in dem sie wohnte bis zum Terem-Palast. Meist zu sich selbst, doch manchmal fragte sie ihn etwas. Iwan antwortete, wenn er antwortete, wortkarg. Ina fing neben ihm immer mehr an zu schnaufen, doch sie hörte nicht auf zu reden. Als sie endlich da waren, war auch sie endlich still. Auf ihre Knie gestürzt stand wie da und schnaufte. Iwan lauschte. Es war niemand draußen. Viele Räume waren hell erleuchtet, doch der Dienstboteeingang war dunkel. Schnell ging Iwan los, doch er wurde von Ina nochmal zurück gehalten. "Ich sollte mit reinkommen. Du bist dreckig und..." 

"Unsinn." viele er ihr hart ins Wort. Das hatte er sich von seiner Schwester abgeguckt und es bei Ina anzuwenden erschien ihm nur richtig. "Du kennst meine Schwester nicht. Geh, wenn du normal weiterleben möchtest." 

Ina starrte ihn entsetzt an, ehe sie verstand, sich umwand und davoneilte. Erleichtert atmete Iwan auf und verschwand schnell in dem großen Gebäude. 

Der Rückweg war schwieriger. Es wimmelte nur so von Dienern und Dienstmädchen die aufgeregt hin und her rannten und nach ihm suchten. Doch durch Geduld und Schnelligkeit schaffte Iwan es sich neue Sachen zu hohlen und im Bad zu verschwinden. Zum Abend wurde das Wasser in der großen Holzwanne aufgewärmt. Angeekelt zog Iwan die schmutzigen und stinkenden Sachen aus, spülte sich mit kaltem Wasser ab und stieg dann in die warme Wanne. 


Als er sauber und umgezogen war, machte er sich auf den Rückweg in sein Zimmer. Gerade an seiner Zimmertür angekommen ertönte hinter Iwan eine Stimme die ihn zusammenschrecken ließ. "Ach, edler Herr. Sind wir auch wieder da? Wo waren wir denn so spät." Die Wut die von Sofia ausging schien die Luft elektrisch aufzuladen. Ganz langsam drehte sich Iwan zu ihr um. Ihre Augen funkelten. Bedrohlich kam sie auf ihn zu. "Drückte ich mich nicht klar aus als ich dir sagte, du sollest nicht mehr abhauen. Soll ich dir das nochmal genauer erklären?" Ihre Stimme wurde immer lauter. "Wo warst du?" 

Iwan versuchte das zittern seiner Beine zu verbergen. "Ich ... äh... ich war ... in meinem Zimmer ..." laut schallte das klatschende Geräusch der Ohrfeige durch den Gang. "Lüg nicht und stottert nicht so rum!" Iwans Sicht verschwamm. Die Wucht mit der ihn der Schlag traf, warf ihn von dem Beinen. Nur die Wand hinter ihm verhinderte, dass er fiel. "Ich war im Garten." 

Sofia kam noch weiter auf ihn zu. "So, im Garten warst du also." Eine weiterer Schlag warf ließ ihn an der Wand heruntersinken, doch Sofia hob ihn am Kragen wieder hoch. Ihre funkelnden Augen schienen ihn zu durchbohren. "Erstens hättest du dazu dich abmelden müssen und zweitens warst du nicht im Garten."

"Ich hab mich versteckt." antwortete Iwan schnell, woraufhin er zurück an die Wand gestoßen wurde. Er hoffte das genügt seiner Schwester, doch Sofia fragte weiter. "Versteckt? Wo?" 

"Ich hab gespielt und bin dann durch die Hecke nach draußen gekrochen." 

Seine Schwester richtete sich wieder zu voller Größe auf. Sie lächelte ein grimmiges Lächeln. "Dachte ich es mir doch." Sie beute sich wieder zu ihm herunter und packte ihn erneut am Kragen. "Versuch das nie wieder, ist das klar! Denk nicht einmal daran." Sie atmete kurz durch und packte ihn nun mit beiden Händen an den Schultern. Ihre Finger gruben sich wie Klauen in seine Schultern. "Von jetzt an werden hier andere Seiten aufgezogen. Mal sehen ob du da noch das Bedürfnis hast abzuhauen." Iwan sah Sofia erschrocken an. "Aber.. Ich ..." ihm traten Tränen in die Augen und er zuckte heftig zusammen als Sofia ruckartig mit dem Arm ausholte. 

"Das genügt!"  Vorsichtig öffnete Iwan die Augen wieder und sah wie Sofia den Arm sinken ließ und sich umdrehte. Jewdokija stand nun hinter ihr im Gang. "Ich glaube Iwan hat nun verstanden." Sofia funkelte ihr ein Jahr ältere Schwester wütend an woraufhin diese mit einem strengen Blick erwiderte. 

Schließlich gab Sofa nach. "Gut." dann wand sie sich nochmal Iwan zu. "Für heute sind wir fertig,  doch warte nur ab ..." Dann verschwand sie. Als sie endlich weg war, wich die Angst und Anspannung aus Iwan und zurück blieb nur noch der Schmerz. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Jewdokija kam auf ihn zu und strich ihm beruhigend durch Haar. Dann brachte sie ihn sein Zimmer. "Möchtest du was essen?" Fragte sie ihn bevor sie ging. Iwan schüttelte nur den Kopf. Jewdokija musterte ihn nochmal gesorgt. "Keine Sorge, das wird schon wieder. Ruh dich aus und morgen sieht dann alles wieder ganz anders aus. Auch Sofias Zorn ist bis dahin wieder verraucht." Dann verlies die das Zimmer und Iwan blieb allein. 


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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 09, 2019 ⏰

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