Ich wachte erst wieder auf, als meine Mutter mich leicht an der Schulter rüttelte. „Schatz aufstehen! Wir sind da." Ich musste mehrmals blinzeln, um mich an das helle Sonnenlicht zu gewöhnen.
Ich war tatsächlich eingeschlafen. Ich wollte eigentlich extra nicht einschlafen, und hatte mir deshalb lautstark Musik auf die Ohren gedröhnt, aber geklappt hatte es offensichtlich nicht.
Mein Problem jetzt: Meine Ohren taten höllisch weh. Ich denke, ihr wisst was ich meine, wenn man mit Kopfhörern einschläft und dann beim Rausmachen totale Schmerzen hat. Außerdem hatte ich leichte Kopfschmerzen und machte leicht aggressiv über mein Handy die Musik aus.
Eigentlich vergötterte ich Musik, aber gerade war ich einfach nur noch genervt.
Ich streckte mich, soweit es mir in dem Auto möglich war, zog meine Jacke über und öffnete die Autotür.
Draußen strahlte mir die Sonne entgegen und ich hörte leises Vogelgezwitscher. Obwohl es eigentlich Herbst war, fühlte es sich an wie Frühling. Nah, die Jahreszeit der Pärchen und des Verliebtseins.
Miyun hatte neben mir unsere Koffer abgestellt und meine Mutter schnappte ihren und lief um das Auto herum. Auch ich fuhr den Griff meines Koffers aus und folgte ihr. Als ich um das Auto gelaufen war, sah ich das erste Mal meine neues zu Hause vor mir.
Ein normal großes Einfamilienhaus, mit zwei Etagen und einem Dachboden, in einem sehr hellen grau gestrichen und mit weißen Fensterrahmen. Die Haustür war ebenfalls weiß und bestand hauptsächlich aus Glas. Auf den ersten Blick gefiel mir das Haus auf jeden Fall und milderte meine Ängste vor meinem neuen Leben etwas. Hoffentlich war es von innen genauso schön eingerichtet. Während ich noch staunend vor dem Haus stand, sah ich meine Mutter mir von der Haustür aus zu winken. Also lief ich endlich weiter, über den gepflasterten dünnen Weg in Richtung der Tür. Als ich ankam fischte Miyun gerade den Schlüssel aus seiner Jackentasche, was sich als sehr kompliziert herausstellte, da er mit meiner Mutter Händchen hielt.
Meine Mutter schaute mich mit einem unsicheren Blick an. Wahrscheinlich war sie sich nicht sicher, ob es mich stören würde. Ich lächelte ihr nur zu und sie entspannte sich sichtlich. Warum sollte ich denn auch etwas dagegen haben? Ich meine, jeder Mensch verdient es glücklich zu sein und meine Mutter war seit sie Miyun kennengelernt hatte, der glücklichste Mensch auf Erden.
Ihr war es wahrscheinlich nie aufgefallen, aber sie sah auch besser aus. Ich hatte mal in einer Zeitschrift gelesen, dass verliebte Mädchen viel attraktiver wirkten. Und bei meiner Mutter traf das definitiv zu. Durch diesen Umzug konnte sie Deutschland und alle alten Erinnerungen zurücklassen und ein neues Leben beginnen. Mit der Liebe ihres Lebens.
Natürlich fragt ihr euch jetzt sicherlich, was mit meinem Vater war und die Frage ist ja auch berechtigt, aber da gibt es nicht wirklich viel zu erzählen. Meine Mutter und mein Vater hatten sich in der Uni kennengelernt und unsterblich in einander verliebt. Sie waren damals beide gerade Mitte zwanzig und genossen ihr Leben und es lief auch alles gut, bis meine Mutter nach vier Jahren Beziehung bemerkte, dass mein Vater sie seit zwei Jahren mit ungefähr jeder dahergelaufenen Schlampe auf dem Markt, betrog. Zwei Tage vorher hatte sie rausgefunden, dass sie schwanger war. Mit mir. Als sie ihn zur Rede gestellt hatte, meinte er eiskalt nur, dass er fand, dass er zu jung war um sich zu binden. Arschloch.
Daraufhin war meine Mutter abgehauen und hatte ihr Studium abgebrochen. Neun Monate später kam ich auf die Welt und wir lebten in einer kleinen, aber sehr schönen Wohnung.
In den Folgejahren hatte meine Mutter immer wieder Dates, wenn sie mal nicht auf Geschäftsreise war. Aber nie war es der Richtige gewesen, bis sie tatsächlich auf einer Geschäftsreise Miyun kennengelernt hatte und jetzt zwei Jahre später zogen wir zu Besagtem und die beiden würden sehr wahrscheinlich heiraten.
Ich meine, wenn ich beobachtete, wie die beiden sich ansahen, waren sie total ineinander verliebt und ich meine man lebt nur einmal.
Ich wollte später auch einmal heiraten, wann war mir da eigentlich relativ egal. Mein einziges Kriterium war, dass es der Richtige sein musste. Und wenn ich halt nicht den richtigen Mann fand, dann würde ich halt nicht heiraten.
Neben mir hatte Miyun endlich mit einer Hand aufgeschlossen und stieß nun die Tür auf. Nun würde ich das erste Mal mein neues zu Hause betreten.Als ich über die Türschwelle trat, verspürte ich fast ein wenig Melancholie, woher auch immer. Ich meine so besonders war der Moment jetzt auch nicht.
Nach der Tür kam ein weiß gestrichener länglicher Flur, an dessen Wänden viele Bilder hingen. Ich versuchte meine Schuhe mit meinen Füßen auszuziehen, was aber nicht so gut klappte. Also verlor ich leicht das Gleichwicht und war froh, als mich von hinten zwei Arme unter den Achseln packten und meinen Halt sicherten.
„Pass auf, Emma, nicht das du dir noch weh tust!" Miyun lächelte mich leicht an und stellte mich wieder auf. Ich bedankte mich schnell und zog meine Schuhe richtig aus. Währenddessen blieb Miyun bei mir im Eingang stehen und beobachte mich. „Ich hoffe, es wird dir hier gefallen. Ich weiß, dass es für dich schwer werden wird, dich schnell einzuleben, aber ich werde versuchen, dich so gut es geht zu unterstützen!" Ich hatte meine Schuhe gerade ins Schuhregal gestellt und schaute ihn erstaunt an. Damit gerechnet, dass er so etwas nettes zu mir sagen würde, hatte ich nicht. „Danke Miyun, das weiß ich sehr zu schätzen!" „Na dann, ab zu deiner Mutter ins Wohnzimmer, dann können wir dir endlich das Haus und dein eigenes Zimmer zeigen!" Mit diesen Worten lief er los, durch den Flur, Richtung Wohnzimmer. Ich folgte ihm und ließ meinen Koffer einfach hinter mir im Flur stehen, denn den konnte ich nachher ja immernoch nachholen. Während ich Miyun folgte, versuchte ich mir die Bilder an den Wänden anzuschauen, was sich aber als sichtlich kompliziert rausstellte, da Miyun offensichtlich ellenlangen Beine hatte und ich Probleme hatte, ihm zu folgen. Mal wieder ein Problem, wenn man nur 1.60 m groß ist und auch nicht wirklich lange Beine hat.
Im Wohnzimmer angekommen, sah ich meine Mutter schon auf einer beigefarbenen Couch sitzen. Sie hatte die Beine überschlagen und wischte über den Bildschirm ihres Handys, doch als sie uns bemerkte schaute sie auf.
„Schatz, wollen wir Emma jetzt das Haus und ihr neues eigenes Reich zeigen?", fragte Miyun an meine Mutter gerichtet und sie legte sofort ihr Handy zur Seite. „Natürlich! Nichts wie los!"So wurde mir in einem viertelstündigen Rundlauf das Haus gezeigt und ich muss sagen, es gefiel mir von innen genauso wie von außen. Alles war in hellen Farbtönen gehalten, aber trotzdem strahlte nichts eine Sterilität oder etwas Ähnliches aus. Bis jetzt hatte ich zwei Bäder, eins mit Toiletten und Dusche und eins mit Toilette und Badewanne gesehen, jeweils auf der ersten und zweiten Etage, die große und sehr moderne Küche und die Waschküche, auch bekannt als Stautraum für alles.
Was die Zimmer meiner neuen Schwester, meiner Mutter und Miyun und das meines neuen Bruders betraf, der zwar nicht mehr hier wohnte, für den es aber trotzdem noch immer ein Zimmer gab, bekam ich nur die Zimmertüren zu Gesicht.
Nun waren wir aber durch alle zwei Etagen durch und ich fragte mich so langsam, wo wohl mein Zimmer liegen würde und wurde immer hibbeliger.
„Weil deine Mutter mir erzählt hat, wie sehr du Dachböden liebst, haben wir uns gedacht, dass es dir sicher gefallen würde, auf einem zu wohnen!"
Meine Augen wurden größer. Ich meine, wie cool war das denn?! Ich dürfte höchstwahrscheinlich auf dem Dachboden leben! Meine Mutter hatte nur richtige Infos weitergegeben. Ich liebte Dachböden wirklich.
Es war mir egal, dass noch meine Mutter und Miyun anwesend waren, ich führte einen kleinen Freudentanz auf. Während meines mit der -keine Frage- Eleganz eines Waldtrolls aufgeführten Freudentanzes, klappte Miyun aus der Decke über uns eine Klappleiter.
„Leider haben wir hier keinen Platz für eine richtige Treppe, daher wirst du leider immer die hier benutzen müssen...", meinte Miyun zu mir und deutete am Ende auf die nun komplett ausgeklappte Klapptreppe oder wie auch immer man so etwas nannte.
Ich konnte es kaum erwarten endlich mein neues eigenes Reich zu erblicken und zu erkunden. Also ging ich auf die Treppe zu und stieg die ersten paar Stufen hinauf.tbc...
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𝒞𝒽𝒶𝓃𝑔𝑒 | ℍ𝕠𝕤𝕖𝕠𝕜 𝕩 𝕆ℂ *pausiert*
Fanfic𝙸𝚏 𝙸 𝚑𝚊𝚍 𝚜𝚝𝚘𝚙𝚙𝚎𝚍 𝚊𝚗𝚍 𝚕𝚘𝚘𝚔𝚎𝚍 𝚋𝚊𝚌𝚔, 𝚠𝚘𝚞𝚕𝚍 𝙸'𝚟𝚎 𝚌𝚑𝚊𝚗𝚐𝚎𝚍? Eine einzige große Veränderung ist wohl das, was das Leben der 14-jährigen Emma am besten beschreibt. Ihre Mutter, mit der sie schon immer alleine lebt, z...