Kapitel 8

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Am nächsten Morgen, Teja hatte bei mir übernachtet, tragen wir unser Gepäck (hauptsächlich ihre Arbeiten) hinunter in die Eingangshalle. Ich unterhalte mich mit dem Portier, während Teja zu besagter Garage läuft und den Jeep holt. Als sie wenig später vorfährt, bin ich überrascht von dem Neuwagen. Er ist glänzend Orange und an den Reifen befinden sich sogar noch die kleinen Noppen, die von der Fertigung übrigbleiben. Teja grinst: „Wow, was für ein Auto! Sowas wollte ich schon immer mal fahren! Wo hat dein Kumpel nur das ganze Geld her, frage ich mich." Ich lache und beginne die vielen Koffer und Kisten in den Kofferraum zu zwängen. „Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung.", erwidere ich und zucke die Achseln. Der Jeep hat ein kleines Dachzelt, in dem wir schlafen können.

Die ersten 50 Meilen verbringen wir im Stau. Mir ist warm, denn auch die Klimaanlage hilft nicht wirklich gegen die Sonne, die ins Beifahrerfenster hineinscheint. Als wir dann endlich den New Yorker Highway und die ganzen Randbezirke der Großstadt hinter uns gelassen haben, steht die Sonne schon hoch am Himmel und es kommen uns immer weniger Autos entgegen. Gegen Abend treffen wir fast niemanden mehr und ich genieße die leere, kerzengerade Straße vor mir und Tejas leises Schnarchen neben mir. Nach einem Fahrerwechsel vor zwei Stunden sind ihr schnell die Augen zugefallen. Der Himmel färbt sich bald rosarot und am Horizont sind schon erste Sterne zu erkennen. Ich genieße die frische Brise, die durch den kleinen Spalt des geöffneten Fensters hineinweht und würde am liebsten Aussteigen und für einen Moment die Augen schließen. Die Straße wird ein wenig holpriger und als ich versehentlich mitten durch ein Schlagloch fahre, schlägt Tejas Kopf unsanft gegen das Fenster und sie erwacht. Für einen kurzen Moment schaut sie sich verwirrt um und gähnt dann verschlafen. Es ist mittlerweile dunkel draußen. „Wie spät ist es denn?", fragt Teja und blickt auf die Uhr in der Mittelkonsole. Sie zeigt mittlerweile 22:00 und so beschließen wir, uns einen Platz zum Schlafen zu suchen. Weit und breit ist absolut nichts zu sehen bis auf Wiesen und Kilometerweite Strommasten. Also biegen wir einfach mittendrin ab und fahren auf ein Feld, das nicht eingezäunt ist. Nirgendwo ist eine Ranch oder das Licht eins Wohnhauses zu sehen und wir beschließen, dass unser Camping hier mitten im Nirgendwo niemanden stören wird. Als ich anhalte und aus dem Auto steige, merke ich, wie die Müdigkeit mich schnell überwältigt. Vorher ist mir das kaum aufgefallen, doch jetzt, in der kühlen Nachtluft, fallen mir fast die Augen zu und ich muss gähnen. Teja lacht: „Komm, lass uns das Dachzelt aufbauen und zusehen, dass wir ins Bett kommen, damit du morgen wieder fit bist." Sie hat gut reden, ich habe ja nicht fast fünf Stunden auf dem Beifahrersitz gemütlich dahingeschlummert.

Als wir wenig später an der dünnen, metallenen Leiter auf das Autodach klettern, ist Teja allerdings auch ein wenig müde und so schlafen wie wenig später tief und fest. Um uns herum ist es totenstill und kein Tier ist zu hören. Wäre ich noch wach, hätte ich mich vor dieser absoluten Ruhe gegruselt, doch wir liegen aneinander gekuschelt da, ohne etwas mitzubekommen und ich fühle mich so geborgen wie schon lange nicht mehr.

Wir erwachen am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang. Das Dach des Zeltes hatten wir wegen der Wärme darin geöffnet gelassen und so scheint die Sonne durch das Fliegengitter hinein. Teja schlingt von hinten die Arme um mich und küsst mich sanft auf den Nacken. Ich lächle und drehe mich zu ihr. Wir schauen uns an und sie lächelt verschmitzt: „Sind wir jetzt eigentlich ein Pärchen? Ich würde dich nämlich ganz offiziell behalten und nie wieder hergeben." Ich werde rot und nicke. Das hatte ich sie auch schon mehrere Male fragen wollen, doch ich habe immer wieder den richtigen Moment verpasst. „Ich habe mich, wenn ich ehrlich bin, schon am ersten Tag in dich verliebt, als du mich in deiner Galerie angepflaumt hast.", Teja ist dieser Gedanke sichtlich unangenehm und sie schaut ein wenig zerknirscht und ich löse dieses Gespräch mit einem Kuss auf. Sie erwidert ihn und streichelt mir wie zufällig über meine Brust. Ich lächle und gebe mir ihrer zarten Küsse hin.

Als wir uns nach einem Frühstück eine Stunde später wieder auf der Straße befinden, finde ich im Handschuhfach eine CD mit dem Soundtrack des Disney-Broadwaymusicals „The Lion King" und muss schmunzeln. Als Kind war das mein Lieblingszeichentrickfilm und als ich, sehr zu Tejas Bedauern, die CD einlege, kann ich jedes Lied aus vollem Halse mitsingen. Sie schüttelt den Kopf und wir prusten los. „Weißt du eigentlich, dass am Broadway gerade König der Löwen läuft? Wenn du wieder in New York bist, musst du dir das unbedingt mal ansehen!", als sie erwähnt, dass ich wieder nach New York muss, beginne ich darüber nachzudenken, wie es dann mit uns beiden weitergehen soll. Sie hat doch ihr ganzes Leben in LA und alle ihre Freunde und Bekannten leben dort. Und New York befindet sich ja direkt diagonal davon an der anderen Seite von USA. Das macht mich traurig, denn ich will sie nicht verlieren. Obwohl wir uns erst wenige Tage kennen, ist sie mir sehr ans Herz gewachsen und ich kann und will mir meinen amerikanischen Traum nicht ohne sie vorstellen. Teja sieht meine traurigen Blicke und schaut erschrocken zu mir hinüber: „Habe ich was Falsches gesagt?", ich erkläre ihr mein Dilemma und auch sie verstummt für einige Momente. Wir beide wussten, dass dieses Thema früher oder später hochkommt. Es schwebte wie eine dicke, düstere Regenwolke schon seit dem ersten Kuss zwischen uns und drückt kaum merklich die Stimmung. Mit unserem Strahlen versuchten wir, dieses Gewitter auszublenden, doch jetzt war es unumgänglich, das Ungewollte auszusprechen. „Ich kann ja auch in LA irgendwo wohnen und mir da etwas suchen.", antworte ich nach einer Weile. Der Motor dröhnt und Teja setzt ihre Sonnenbrille auf. Wir beide haben unterbewusst herausgehört, dass es nicht das ist, was ich möchte. Ich habe mir gerade Möbel gekauft, eine kleine Wohnung in New York und sogar einen Job gefunden und mir fehlt einfach die Kraft dazu, noch einmal umzuziehen und wieder alles zu verlassen und neu zu beginnen. In so kurzer Zeit. Klar, ich bin noch nicht lange dort, doch hatte ich mich schon an den Gedanken von New York gewöhnt. Teja sieht das ähnlich: „Ich kann verstehen, wenn du deine Wohnung nicht verlassen möchtest, du wirst wohl kaum etwas so Billiges in LA finden, ohne Auto und meine Wohnung teile ich mit zwei Mitbewohnern, da gibt es eine eindeutige Regel, die besagt, keine weiteren Partner dürfen einziehen. Vielleicht versuchen wir es wirklich mit einer Fernbeziehung und ich versuche Jobs in New York zu ergattern.", ich lächle dankbar, doch ich denke, dass das zumindest anfangs die sinnvollste Lösung ist. Ich liebe sie sehr, doch es ist schwer das alles aufzugeben, für eine Person, die ich noch nicht richtig kenne. Frühere Beziehungen haben mich misstrauisch gemacht und obwohl ich das nicht möchte, forscht mein Verstand nach Fehlern, die die Liebe vielleicht vertuscht. Ich döse ein und erwache erst wieder, als wir an einer Tankstelle halten.

Teja ist verschwunden, ich öffne die Tür und steige aus. Dort staune ich nicht schlecht, während ich geschlafen habe ist Teja wohl 300km am Stück gefahren und wir kommen unserem Ziel langsam aber sicher näher. Übermorgen sollten wir die Hälfte der Strecke geschafft haben und ich wünschte, meine begrenzte Zeit mit ihr würden nicht so schnell, fast schon im Flug, vorüberziehen.

Teja kommt mit zwei To-Go-Kaffeebechern auf mich zu und lächelt. „Na, wieder wach? Ich glaube, wenn wir noch zweihundert Meilen fahren, haben wir unseren Verlust von heute Morgen wieder wettgemacht." Sie zwinkert mir zu und ich grinse süffisant. Heute Morgen waren wir erst spät losgekommen, obwohl der Plan vorsieht, dass wir morgens um sieben Uhr losfahren. Als wir uns wieder auf der Straße befinden, schaue ich aufs Navi. Das verspricht ein Ankommen am Ziel in drei Tagen, wenn wir nicht mehr allzu viele Pausen machen.

Die Stunden vergehen und wir wechseln uns immer wieder mit dem Fahren ab.

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