Kapitel 13

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Wenige Minuten später werden wir durch einen dunklen Gang geschleift und in eine kahle Gefängniszelle geschoben. Keiner der Beamten sagt auch nur ein weiteres Wort zu uns. Die Türe wird mit einem lauten, metallischen Scheppern geschlossen und unsere Augen müssen sich erst an die düstere Umgebung gewöhnen. Ich schaue mich um und entdecke einen zahnlosen Obdachlosen, der in einer Ecke kauert. Schnell drehe ich mich wieder zu meiner Freundin um. Sie ist ein wenig blass die Nase und stellt mir die alles entscheidende Frage: „Wieso zur Hölle sind wir hier gelandet? Hast du etwas angestellt? Das muss doch ein Missverständnis sein!", sie wartet keine Antwort ab, sondern wirbelt herum. Wütend läuft Tea auf die Tür zu und rüttelt an den eisernen Gitterstäben. „Hey! Was soll das! Wieso sind wir hier? Ich habe nichts getan!", ruft sie in den leeren Gang hinein, in dem nur eine Wache herumsteht und mit seinem Schlagstock spielt, der an seiner dunkelblauen Uniform baumelt. Er ignoriert Tea geflissentlich und macht gelangweilt Blasen mit seinem Kaugummi.

Hinter uns schnalzt eine Person mit der Zunge. Aus der Dunkelheit tritt eine dicke Frau mit einem schwarz gefärbten Bob ins fahle Licht einer Laterne, die vom Gang hereinscheint: „Schätzchen jeder hat mal was angestellt, an das sich niemand erinnert. Und dann sind die genervt von dir und finden einen Grund dich einzubuchten.", sie pult mit einem Zahnstocher zwischen ihren Zähnen herum und kratzt sich dann mit der tätowierten Hand hinter dem Ohr. „Hör einfach auf zu brüllen, irgendwann wirst du nem Knast zugewiesen und vielleicht kümmern die sich in ein paar Jahren mal um deinen Fall.", doch das beruhigt mich erst recht nicht. Ich habe nichts Falsches getan und würde das hier wirklich gerne mit einer zuständigen Person klären, die die Situation lösen könnte. Tea setzt sich frustriert neben mich auf die harte Holzpritsche. Wir starren einige Minuten in die Dunkelheit, die Dicke hat es aufgegeben, Kontakt mit uns aufzunehmen. Doch dann fällt es mir wie Schuppen vor die Augen: Der einzige Grund weshalb ich hier gelandet sein könnte, ist mein Job im Juicy Lucies trotz fehlender Arbeitsgenehmigung, doch dafür hätte mich jemand verpfeifen müssen. Und das sehe ich als nicht besonders wahrscheinlich. Vor allem macht es keinen Sinn, dass Tea auch hier auf dem Revier gelandet ist? Wenig später erfahren wir, natürlich auch von der Dicken, dass wir gegen eine Kaution freigelassen werden könnten, würden wir jemanden von außerhalb kontaktieren. Sie scheint sich bestens auszukennen und diesen Prozess schon einige Male durchlaufen zu haben, doch weder Tea noch ich haben sonderlich Lust, weiter nachzufragen. Mehr Informationen scheint sie sowieso nicht zu haben. Sie redet wie ein Wasserfall und ich frage mich, was von ihren Geschichten wahr ist und was nicht. „Hoffentlich kommt ihr nicht nach Chesterfield, ich habe gehört, dass die da drei Frauen in eine Einzelzelle einbuchten und man darf nur einmal in der Woche unter die Dusche. Und im ganzen Bau gibt es kein Tageslicht." Ich hoffe inständig, dass an der Kautions-Sache etwas Wahres dran ist. Die Knastgeschichten, die sie sonst noch auf Lager hat, können meinetwegen gerne erfunden sein. Ich versuche, einfach nicht so genau hinzuhören.

Ich werde langsam müde, es ist beinahe Mitternacht. Heute kommt bestimmt niemand mehr vorbei, mit dem wir uns unterhalten können. Oder der uns ein paar brennende Fragen beantworten und uns gar von hier erlösen könnte. Ich lehne mich an Teas knochige Schulter und lausche ihren ruhigen Atemzügen, als ich mich ertappe, wie mir immer wieder die Augen zufallen. Sie döst vor sich hin und in der Zelle ist kaum mehr ein Laut zu hören. Der Obdachlose schläft in einer Ecke auf dem Boden und nur die Dicke pult unbeeindruckt Hornhaut von ihren schmutzigen, nackten Füßen. Draußen scheint noch immer das Neonlicht und die Wache wird gerade abgelöst. Bald kann ich mich nicht mehr länger wachhalten und falle, an die kalte Betonwand gelehnt, in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Das Eingangsgitter scheppert und wir werden unsanft aus dem Schlaf gerissen. Die Dicke springt auf wie von der Tarantel gestochen. Ich habe nicht erwartet, dass sie sich so schnell bewegen kann. Der Obdachlose dreht sich einmal kurz unbeeindruckt um und schnarcht augenblicklich weiter. „Kanai, Zaboa, Bill, mitkommen!", wir springen auf und plötzlich ist es vorbei mit der Müdigkeit, auch Tea scheint vergessen zu haben, dass wir nur vier Stunden ungemütlichen Schlaf hinter uns haben. Je ein Wärter begleitet uns und die Dicke in Richtung des Ausgangs. Ich habe erwartet, dass sie uns zum Verhör in einen der Räume am Ende des Flures bringen, doch wir werden einfach weiter zu einem alten, dunkelgrünen Bus geschoben. Jegliche Frage wird mit einem barschen „Klappe halten." Sofort niedergeschmettert und wir kennen noch immer keine Antwort auf die lästige Frage wegen welchem Vergehen wir hier gelandet sind, als uns ein muffiger Schwall von ekelhaften Gerüchen, die ich nicht genau definieren möchte, aus dem Inneren des Busses entgegenschlägt.

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